Eine schwangere Frau mit akutem Abdomen

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Patienten-Fall
Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten. Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten.

Kernbotschaften

Bei Schwangeren mit akutem Abdomen und entsprechendem Verdacht auf eine Mesenterialvenenthrombose sollte eine sonographische oder magnetresonanztomographische Gefäßdarstellung durchgeführt werden, raten Henriette Schallock und Martin Huber vom Robert-Koch-Krankenhaus Apolda. Anlass ist die Krankengeschichte einer 35-jährigen Patientin.

Die Patientin und ihre Geschichte

Die 35-jährige schwangere Patientin (Gravida: 3, Para: 2, Gestationsalter 15 Wochen + 2 Tage) stellte sich wegen starker Oberbauchschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen seit dem Vortag in der Notfallambulanz vor. Vaginale Blutungen seien nicht aufgetreten. 

Anamnestisch war laut Schallock und Huber bereits in der zweiten Schwangerschaftswoche eine Thrombose des linken Beins diagnostiziert worden: Die Patientin habe daher Enoxaparin s.c. 2-mal täglich für den kompletten Verlauf der bisherigen Schwangerschaft sowie eine Kompressionsbehandlung erhalten. Neun Jahre zuvor sei ebenfalls eine tiefe Beinvenenthrombose des rechten Unterschenkels ohne feststellbare Ursache aufgetreten. 

Die Befunde

  • Patientin mit ausgeprägtem Peritonismus 
  • Sonographisch unauffälliger Fetus. 
  • Labor-Diagnostik: erhöhte Entzündungswerte (Leukozyten 25,92 Gpt/l, CRP 108,7 mg/l),
  • Eine Magnetresonanztomographie sei wegen Schmerzen trotz Analgesie und starkem Erbrechen abgebrochen worden. 
  • Von einer Computertomographie sei bei bestehender Schwangerschaft sowie Hyperthyreose abgesehen worden. 
  • Duplexsonographie: Thrombus in der V. mesenterica superior, bis in die V. portae reichend, freie Pfortadergabel; die Flussmessung in der zentralen V. portae ergab den Autoren zufolge „eine erhöhte vmax als indirektes Zeichen einer vorgeschalteten Behinderung der venösen Perfusion.“ Analog zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom seien Flusswerte >20 cm/s Zeichen einer relevanten Lumenminderung der V. mesenterica superior, erklären die Chirurgin und ihr Kollege.
  • Dorsal des Pankreas sei der direkte Thromben-Nachweis in der Vene gelungen. 

Diagnose, Therapie und Verlauf

Die Diagnose lautete: „Mesenterialvenenthrombose der Vena mesenterica superior mit noch perfundierter Vena portae und paralytisch-distendierten Dünndarmschlingen im Mittelbauch.“

Therapie: Notfall-Laparotomie. Die Therapie bei einer Mesenterialvenenthrombose sei in der Regel zwar zunächst konservativ (Antikoagulation und Antibiose). Die Indikation zur Operation habe sich aufgrund des akuten Abdomens mit Verdacht auf Dünndarmischämie und der erhöhten Risikokonstellation der Schwangerschaft ergeben.

Bei der Laparotomie „zeigte sich hämorrhagisch infarzierter, nekrotischer Dünndarm 50 cm aboral des Treitz-Bandes über eine Länge von 60 cm mit Durchwanderungsperitonitis“. Mittels Fogarty-Katheter sei die Vene rekanilisiert worden; dabei sei reichlich Thrombenmaterial, auch aus der Pfortader, gewonnen worden.

Sechs Tage nach Aufnahme sei die Patientin auf die chirurgische Peripherstation verlegt und schließlich am 10. post-operativen Tag bei subjektivem Wohlbefinden entlassen worden. Bei der Wiedervorstellung in der 23. Schwangerschaftswoche habe sich die Frau weiterhin wohl gefühlt; die Schwangerschaft sei unauffällig gewesen. 

Diskussion

Vor dem Hintergrund einer vitalen Gefährdung sowie eingeschränkter diagnostischer Sicherungs-Optionen sollte nach Angaben von Schallock und Huber bei Verdacht auf Darmgangrän in Folge einer mesenterialen Ischämie „gerade in der Schwangerschaft die Operationsindikation offensiv gestellt werden“. Das Risiko eines Spontanverlaufs mit letalem Ausgang für Mutter und Kind sei im Falle einer Darmgangrän deutlich höher als das Operationsrisiko. 

Mesenteriale Venenthrombosen seien ein seltenes, schwierig zu diagnostizierendes Krankheitsbild mit unspezifischen klinischen Zeichen, erklären die Chirurgin und ihr Kollege weiter. Differenzialdiagnostisch stünden häufige Krankheitsbilder, wie Gastritis, Harnwegsinfekte, Appendizitis oder Cholezystitis, im Vordergrund. 

Ätiologisch kämen entzündliche oder infektiöse intraabdominelle Prozesse oder Hyperkoagulabilitätszustände (Neoplasien, Gerinnungsfaktormangel, hämatologische Erkrankungen) infrage. Auch bei einer Schwangerschaft liege eine Hyperkoagulabilität vor. Jedoch träten bei schwangeren Frauen meist Thrombosen der unteren Extremität auf. Mesenterialvenenthrombosen seien bei ihnen extrem selten.