Eine Patientin mit paranoider Psychose und Typ-2-Diabetes
- Dr. med. Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaft
Bei Patienten, die wegen einer psychischen Erkrankung mit Antipsychotika behandelt werden, ist es womöglich sinnvoll, frühzeitig eine Metformin-Therapie zu beginnen, um einem diabetischen Stoffwechsel vorzubeugen. Der Anlass für diese Überlegung ist die Krankengeschichte einer Patientin, die Svenja Davis-Glurich und ihre Kollegen der Vitos Klinik Eichberg (Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie) in Eltville schildern.
Die Patientin und ihre Geschichte
Bei der Patientin handelte es sich um eine 37-jährige Frau, bei der 2015 eine paranoide primäre Psychose diagnostiziert worden war. Aufgrund wiederholter Exazerbationen der Psychose wurde die Frau seitdem mehrfach stationär behandelt. Die medikamentöse antipsychotische Therapie sei aufgrund verschiedener Nebenwirkungen im Sinne einer ausgeprägten Akathisie unter der Einnahme von Risperidon und Olanzapin, einer Thrombo- und Leukopenie unter Paliperidon und mangelnder Adhärenz schwierig gewesen. Seit 2018 werde die Patientin in der Spezialklinik ambulant behandelt.
Im März 2020 sei die Patientin zur Optimierung ihrer Medikation erneut stationär aufgenommen worden. Wie schon früher habe sie unter Risperidon 4 mg/Tag sowie Olanzapin 15 mg/Tag eine ausgeprägte Akathisie entwickelt. Nach Angaben der Patientin sei sie bis zu 8 Stunden am Tag auf den Beinen gewesen und bis zur Erschöpfung gelaufen.
Bei der Aufnahme der Frau wurden, wie die Autoren weiter berichten, erstmals „Blutzuckerspiegel-Entgleisungen" bei einem BZ von 320 mg/dl und einem HbA1c von 9,5 Prozent festgestellt. Zudem habe eine zunehmende Adipositas mit einem aktuellen BMI von 38,9 kg/m2 bestanden. Eine Internistin der Spezialklinik habe daraufhin die Erstdiagnose eines Diabetes mellitus Typ 2 ohne Komplikationen gestellt.
Therapie und Verlauf
Die antipsychotische Medikation wurde laut Svenja Davis-Glurich und ihren Kollegen auf Quetiapin umgestellt, Risperidon und Olanzapin wurden ausgeschlichen. „Zur Anxiolyse und auch in schlafanstoßender Indikation“ bekam die Patientin außerdem Pregabalin 100 mg zur Nacht (Off Label). Nach Änderung der Medikation hätten akustische Halluzinationen und Akathisie sowie Bewegungsunruhe abgenommen.
Aufgrund der Diabetes-Diagnose erhielt die Patientin Metformin sowie eine erste Ernährungsberatung. Nach Beginn der antidiabetischen Medikation und Umstellung der Essgewohnheiten hätten sich die Blutzucker-Werte gebessert, berichten die Autoren weiter. Eine Kontroll-Untersuchung im Oktober 2020 habe einen BMI von 34 und einen HbA1c von 6,2 Prozent ergeben.
Diskussion und Empfehlungen
Zu Beginn der antipsychotischen Behandlung oder spätestens beim Auftreten einer antipsychotika-induzierten Gewichtszunahme um mehr als sieben Prozent vom Ausgangsgewicht sollten nach Angaben der Autoren Ernährungsberatung, Psychoedukation und Bewegungsprogramme angeboten werden. Werde aufgrund einer starken Gewichtszunahme erwogen, die antipsychotische Medikation zu wechseln, sei dies zu forcieren. Vor Beginn einer Behandlung mit Antipsychotika sei daher die erste präventive Maßnahme, Antipsychotika auszuwählen, bei denen eine Gewichtszunahme weniger wahrscheinlich sei; bei Gewichtszunahme unter Therapie sollte auf solche Präparate gewechselt werden, etwa auf Amisulprid und Aripiprazol. Müsse trotz starker Gewichtszunahme die bestehende antipsychotische Medikation fortgeführt werden, sollte ein Behandlungsversuch mit Metformin (1. Wahl) oder Topiramat (in beiden Fällen Off Label) zur Gewichtsreduktion und Diabetes-Prävention angeboten werden.
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