Eine junge Migräne-Patientin mit Kopfschmerzen, Erbrechen und Ataxie

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Patienten-Fall
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Kernbotschaften

Klagt eine Patientin mit einer positiven Anamnese für eine Migräne mit Aura über akute starke Kopfschmerzen und Erbrechen, lautet die Diagnose in der Regel Migräne-Attacke. Aber ganz so einfach ist es nicht immer, wie die Krankengeschichte einer Kopfschmerz-Patientin zeigt, die Cheuk Tung Kam und Jaideep Singh Rait (Maidstone and Tunbridge Wells NHS Foundation Trust, UK) in den „BMJ Case Reports“  schildern.

Die Patientin und ihre Geschichte

Die 35-jährige Patientin stellte sich in der Notaufnahme eines Krankenhauses wegen seit fünf Stunden bestehenden plötzlich aufgetretenen Kopfschmerzen vor, die mit mehreren Episoden von Erbrechen einhergingen. In der Anamnese wurde eine Migräne mit Aura angegeben; Medikamente nahm die Frau nicht ein. 

Die Befunde

  • Aufnahmebefund unauffällig, keine fokalen neurologischen Defizite, keine Dysarthrie oder Ataxie
  • Laborbefunde  ebenfalls unauffällig, keine Anzeichen einer Infektion 
  • Zerebrale Computertomographie: keine  Subarachnoidalblutung, insgesamt ohne pathologischen Befund 
  • Liquor-Diagnostik: Xanthochromie-Screening negativ, ebenso Tests auf Hepatitis, Syphilis, Cytomegalovirus (CMV), Humanes Immundefizienz-Virus (HIV) und Epstein-Barr-Virus (EBV).
  • Zerebrale MRT: mehrere große bilaterale Kleinhirninfarkte 
  • Magnetresonanz-Arteriographie normal 

Verlauf und Diagnose

  • Im weiteren Verlauf Auftreten von Kleinhirnsymptomen (etwa Dysarthrie,   Ataxie und Dysmetrie) 
  • CT-Angiogramm: keine Dissektion der Arteria vertebralis 
  • Echokardiogramm: kein offenes Foramen ovale

Diagnose: ischämischer zerebellärer Schlaganfall

Nach der stationären Schlaganfall-Therapie wurde nach Angaben der Autoren eine Rehabilitation eingeleitet. 

Diskussion

Ein Schlaganfall könne Migräne vortäuschen, die wiederum mit einem erhöhten Risiko für einen ischämischen Schlaganfall einhergehe, erklären die britischen Autoren. Bei jungen Erwachsenen seien Kleinhirninfarkte selten; die Rate bei unter 35-Jährigen liege bei nur 0,002 % pro Jahr. Insgesamt seien Kleinhirninfarkte mit 2 bis 3 Prozent aller Schlaganfälle nicht selten und stellten häufig eine Herausforderung im klinischen Erscheinungsbild dar, so ein Neurologenteam um Dr. Mohamed Al-Khaled (Mainz).Sie wiesen jedoch eine im Vergleich zu Infarkten des vorderen Stromgebietes höhere Morbidität und Mortalität auf, weshalb eine rasche Diagnose und Therapie besonders wichtig seien.

Symptome der Kleinhirninfarkte sind laut Professor Marco Mumenthaler akute Kopfschmerzen und Schwindel, Nausea, Gangunsicherheit, Dysarthrie und Bewusstseinstrübung. Objektiv finden sich Rumf- und Gangataxie, Extremitätenataxie, ipsilaterale Fallneigung, Dysmetrie und Nystagmus. Infolge eines Ödems könnten Kleinhirninfarkte raumfordernd wirken und so den Hirnstamm komprimieren, was für die Differentialdiagnose (Hirnstamminfarkt, Tumor) bedeutsam ist.