Eine junge Frau mit akuten sehr starken Kopfschmerzen
- Dr. med. Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaften
Bei Kopfschmerz-Patienten mit Verdacht auf Meningitis oder auch eine Subarachnoidalblutung sollte bei der Differenzialdiagnostik nicht „geknausert“ werden. Es kann sich lohnen, auch an eher seltene Ursachen der akuten Beschwerden zu denken. Ein Bespiel für eine differenzialdiagnostisch relevante Ursache akuter Kopfschmerzen schildern Dr. Justine P. Enns und ihre Kollegen der Johns Hopkins University School of Medicine (Baltimore) in den „Annals of Internal Medicine“. Betroffen war eine 18-jährige Frau
Die Patientin und ihre Geschichte
Wie die Autoren berichten, kam die junge Frau mit ihren Eltern in die Klinik-Notaufnahme, weil sie akut aufgetretene, sehr starke Kopfschmerzen hatte sowie gangunsicher und verwirrt war. Die Kopfschmerzen seien von einer Photophobie und von Nackensteifigkeit begleitet worden. Ihren Angaben zufolge hatte die junge Frau kein Fieber.
Die Befunde
- Somnolente Patientin
- Afebril (36,2 °C), stabile Vitalparameter (Blutdruck 114/83 mmHg; Herzfrequenz 73 Schläge/min; Sauerstoffsättigung 98 %)
- Keine Nackensteifigkeit, Kernig- und Brudzinski-Zeichen negativ
- Body-Mass-Index 36 kg/m2
- Prädiabetes, nichtalkoholische Steatohepatitis und sekundäre Amenorrhoe
- Labor-Befunde: erhöhter Laktatspiegel (1,9 mmol/L ), Leukozytenzahl 10,7 × 109/L (Neutrophile, 65,8 %)
- Stoffwechselparameter unauffällig mit Ausnahme leicht erhöhter Werte der Aspartat-Aminotransferase (42 U/L) und der Alanin-Aminotransferase (66 U/L)
- Kraniale CT ohne Kontrastmittel unauffällig
- Liquor-Befunde: ausgeprägte Pleozytose (3356 Zellen/μL) mit überwiegend neutrophilen Zellen (79 %) sowie eine erhöhte Erythrozytenzahl (69 Zellen/μL), ein erhöhter Proteinspiegel (2,43 g/L) und ein niedriger Glukosespiegel (1,78 mmol/L [32 mg/dL])
Therapie und Verlauf
- Empirische Therapie mit Vancomycin, Ceftriaxon, Acyclovir und Dexamethason; darunter verbesserte sich der mentale Zustand der Patientin innerhalb von zwei Tagen.
- Umfassende infektiologische Untersuchungen auf bakterielle und virale Erreger sowie auf Pilze: alle unauffällig
- Zweite Liquor-Analyse: Rückgang der Pleozytose (Leukozytenzahl 79/μL), überwiegend Lymphozyten (77 %), und eine Normalisierung der Glukose- (3,66 mmol/L [66 mg/dL]) und Proteinwerte (0,29 g/L).
- Kraniale Magnetresonanztomographie mit und ohne Kontrastmittel: heterogene, sellare und suprasellare Masse
Die Diagnose von Justine P. Enns und ihren Kollegen lautete: Hypophysenmakroadenom mit Blutungen und Nekrosen (Hypophyenapoplexie).
Die antimikrobiellen Medikamente wurden daraufhin abgesetzt; nach einer endokrinologischen Untersuchung erhielt die Patientin Hydrocortison sowie L-Thyroxin und wurde aus der Klinik entlassen.
Diskussion
Die Hypophysenapoplexie ist eine seltene Ersterkrankung. Es werde angenommen, dass das abnorme Gefäßsystem in Hypophysenadenomen, das schnelle Wachstum des Adenoms und der veränderte Perfusionsdruck in der Hypophyse diese Adenome für Nekrosen und Blutungen prädisponieren könnten, erklärt die Neurochirurgin Professor Ilonka Kreitschmann-Andermahr (Essen).
Symptome seien plötzliche Kopfschmerzen, Bewusstseinsverlust und Sehstörungen. Betroffen seien am häufigsten bei Männer im fünften und sechsten Lebensjahrzehnt, erklären die US-Autoren. Jugendliche seien eher selten betroffen. Bei jungen Patientinnen seien Menstruationsunregelmäßigkeiten ein charakteristisches Symptom.
Hypophysentumore bei Erwachsenen sind meist Hypophysenadenome. Hypophysenadenome machen 10 % bis 20 % der intrakraniellen Tumoren aus. Unterschieden werden Mikroadenome (< 1 cm), Makroadenome (> 1 cm) und gigantische Adenome (> 4 cm); sie können intra-, supra- und parasellär wachsen und und hormonell aktiv oder inaktiv sein.
Mögliche Symptome in Abhängigkeit von Größe und Lage sind:
- Bitemporale Hemianopsie (durch Kompression des Chiasma opticum)
- Visusminderung
- Augenmuskelparesen (N. oculomotorius, N. abducens, N. trochlearis)
- Trigeminusneuralgie (selten)
- Kopfschmerzen, vor allem bei Hypophysenapoplexie (Einblutung in bestehendes Adenom mit „thunderclap headache“), Visus- und Okulomotorikstörungen, ggf. akute Nebenniereninsuffizienz
Mögliche endokrine Symptome sind zum Beispiel: Zyklusstörungen, Libidoverlust, Abnahme Sekundärbehaarung, Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit, Blässe (durch Anämie), Gewichtsverlust, gastrointestinale Symptome sowie Übelkeit und Erbrechen.
Die Therapie ist abhängig von Tumorgröße, Lebensalter, neurologischer Symptomatik und endokriner Aktivität konservativ (medikamentös), operativ oder operativ und medikamentös.
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