Eine junge Dame mit geschwollenen und geröteten Zehen nach grippalem Infekt und Radtour

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Medizinische Nachrichten
Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten. Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten.

Kernbotschaft

Es ist nicht alles COVID 19, was wie COVID 19 aussieht. Diese Erfahrung haben eine junge Dame und ihre behandelten Ärztinnen und Ärzte der Universitätsklinik Köln machen „dürfen“. 

Die Patientin und ihre Geschichte

Bei der jungen Dame handelte es sich um eine 15-Jährige ohne Vorerkrankungen, die wegen beidseits geschwollener und geröteter Zehen und dem Verdacht auf „COVID-19-Zehen“ in die Universitätsklinik Köln kam. 

Wie die Kölner Autoren berichten, habe die Patientin 12 Tagen zuvor nach einer Fahrradtour eine Schwellung der Füße bemerkt und kurz darauf eine Rötung und ein Brennen. Am Tag der Fahrradtour sei es nach Angaben der 15-Jährigen warm gewesen. Der Fokus sei schließlich auf einzelne, livide verfärbte und geschwollene Zehen gewandert. Weitere Symptome oder ein allgemeines Krankheitsgefühl habe die Patientin nicht angegeben.

Da sie eine Woche vor Beginn der Zehen-Symptome einen grippalen Infekt gehabt habe, am Arbeitsplatz des Vaters einige Personen positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden seien und auch der Vater identische, grippale Symptome entwickelt habe, lag der Verdacht auf eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion nahe. Unterstützt worden sei dieser Verdacht noch dadurch, dass die Mutter zeitgleich zu den grippalen Symptomen des Vaters über Geschmacksstörungen geklagt habe. Von keinem der Familienmitglieder sei, wie die Autoren weiter berichten, zu dieser Zeit ein PCR-Test auf SARS- CoV-2 vorgenommen worden. 

Die Befunde

  • Patientin in gutem Allgemein- und Ernährungszustand, unauffällige Vitalparameter
  • Zehen IV rechts und II + IV links rötlich- livide verfärbt und dezent geschwollen 
  • Die Labor-Diagnostik ergab keine auffälligen Befunde, weder in den Routinelabor-Tests noch in der weiterführenden Labordiagnostik (antinukleäre Antikörper, „antineutrophil cytoplasmic antibodies“, dsDNA-Antikörper, Angiotensinkonversionsenzym, Kryoglobuline). 
  • Ein naso-/oropharyngealer Abstrich für eine rtPCR auf SARS-CoV-2 sei negativ gewesen, ebenso ein Enzym-Immunoassay auf IgG/IgA gegen das virale Spike-Protein. Negativ gewesen seien auch die Ergebnisse der serologischen SARS-CoV-2-Untersuchungen der Eltern und der jüngeren Schwester. 

Der dermatologische Befund entsprach nach Angaben der Autoren dem von Pernionen („Frostbeulen“); er sei klinisch nicht von in der Literatur beschriebenen „COVID-19-Zehen“ unterscheidbar gewesen. 

Diskussion

Die Diagnose der primären Pernionen wird den Autoren zufolge in der Regel anhand der Anamnese und der klinischen Untersuchung gestellt. Bei typi- schen klinischen Zeichen und anamnestisch bestätigter Kälteexposition handele es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um primäre Pernionen. Primäre Pernionen seien nicht selten, berichten Kohl und Eifler weiter. Frauen jungen und mittleren Alters seien am häufigsten betroffen. Behandelt werde  mit Wärme und symptomatisch. Bei rezidivierenden Verläufen könne eine Prophylaxe (etwa Vermeidung von auslösenden Faktoren wie beispielsweise Kälteexposition) erwogen werden. Akute primäre Pernionen klingen nach Angaben der Autoren normalerweise innerhalb von einer bis drei Wochen ab, könnten während dieser Zeit aber sehr unangenehm sein. Rezidivierende und chronische Verläufe seien eher die Ausnahme. 

Eine weiterführende Labordiagnostik werde erst bei persistierenden und/oder rezidivierenden Pernionen oder bei Hinweisen auf eine Systemerkrankung empfohlen. Zur weiterführenden Diagnostik gehörten eine Serumproteinelektrophorese, die Bestimmungen des ACE und des löslichen Interleukin-2-Rezeptors, ggf. Thoraxröntgen (zum Ausschluss einer Sarkoidose), Nachweise der antinukleären Antikörper (Lupus erythematodes), des Rheumafaktors, der Antiphospholipidantikörper, der Kryoglobuline (Kryoglobulinämie) und ggf. eine Biopsie und histologische Untersuchung.