Eine Frau mit Endometrium-Karzinom und multiplen Blutungen
- Dr. med.Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaften
Der monoklonale Antikörper Trastuzumab kann bekanntermaßen kardiale Nebenwirkungen haben. Der Antikörper, der vor allem bei HER2-positivem Brustkrebs eingesetzt wird, kann allerdings in seltenen Fällen auch eine Myelosuppression und eine ausgeprägte Thrombozytopenie verursachen. Einen solchen Fall schildern die US-Gynäkologinnen Celia Kucera und ihre Kolleginnen Nicole Chappell sowie Stephanie Wang von der „George Washington University School of Medicine and Health Sciences“ im Fachmagazin „BMJ Case Reports“.
Die Patientin und ihre Geschichte
Wie die Autorinnen berichten, stellte sich eine über 70-jährige Frau in einer gynäkologischen Klinik wegen Unterleibsschmerzen und vaginalen Blutungen vor, die seit vier Monaten bestanden. Die Endometrium-Biopsie und radiologische Diagnostik ergaben ein Adenokarzinom mit positiver HER2-Expression, das bereits metastasiert hatte. Die Patientin erhielt eine Chemotherapie, bestehend aus Carboplatin/Paclitaxel/Trastuzumab.
Verlauf, Diagnose und Therapie
Das Gesamtblutbild war bis zum siebten Tag des Zyklus innerhalb normaler Grenzen, als sie eine vaginale Blutung hatte und Laboruntersuchungen einen Thrombozytenwert <5×103/uL ergaben. Untersuchungen in der nächstgelegene Notaufnahme zeigten, dass die Patientin starke vaginale Blutungen hatte, außerdem Meläna, Blutergüsse um die Portstelle und Petechien an den unteren Extremitäten und am Bauch.
Ihre Thrombozytenzahl betrug 0×103/uL bei einem Hämoglobin von 11,7 g/L: Die Patientin wurde daraufhin in ein Krankenhaus eingeliefert, wo eine disseminierte intravasale Gerinnung und eine Hämolyse ausgeschlossen wurden.
Aufgrund der geringen Thrombozytenwerte und einem inzwischen deutlich gesunkenen Hämoglobin-Spiegel von nur noch 6,1 g/L wurde die Frau auf die Intensivstation verlegt; dort erhielt sie zur Behandlung der diagnostizierten arzneimittelinduzierten Immunthrombozytopenie (ITP) hochdosiertes Immunglobulin und Dexamethason.
Am 4. Krankenhaustag wurde sie von der Intensivstation entlassen, wobei sich ihre Thrombozytenzahl langsam verbesserte. Vaginale und rektale Blutungen traten nicht mehr auf, die Thrombozytenzahl stieg auf 52×103/uL, der Hämoglobinwert verbesserte sich auf 7,2 g/L.
Am 6. Krankenhaustag wurde die Patientin nach Hause entlassen; für die folgenden Zyklen erhielt sie eine dosisreduzierte Chemotherapie mit Trastuzumab.
Die Patientin setzt nach weiteren Angaben der Autorinnen derzeit die dosisangepasste Chemotherapie fort; sie habe bisher nicht wieder ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen. Während der gesamten dosisreduzierten Behandlung seien Thrombozytenwerte normal gewesen.
Diskussion
Trastuzumab kann, wie Celia Kucera und ihre Kolleginnen erklären, bei Langzeitbehandlung zu Überempfindlichkeitsreaktionen und Herzfunktionsstörungen führen; eine Myelosuppression sei selten. Fälle von Trastuzumab-bedingter Thrombozytopenie seien in der Fachliteratur bisher nur 13 berichtet worden; am meisten betroffen seien Frauen mit Brustkrebs gewesen; eine Patientin habe ein Magenkarzinom gehabt. Unter den berichteten Fällen habe sich keine Patientin mit einem Uterus- oder Ovarialkarzinom befunden. Die medikamenteninduzierte Immunthrombozytopenie ist, wie sie weiter erklären, eine Ausschlussdiagnose und kann mit Immunglobulin und hochdosierten Steroiden behandelt werden; bei schwerer Thrombozytopenie müssen Thrombozyten transfundiert werden
Arzneimittelinduzierte hämatologische Nebenwirkungen wie eine Thrombozytopenie sind ein grundsätzliches Problem in der medikamentösen Therapie von Tumor-Patienten. Auch unter den modernen Immuncheckpoint-Inhibitoren wie Nivolumab und Pemprolizumab sind solche Komplikationen möglich, wie eine aktuelle Übersichtsarbeit deutlich macht.
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