Eine 51-jährige Frau mit einer überraschenden Tumor-Diagnose

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Patienten-Fall
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Kernbotschaften

Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Gangunsicherheit bei einem Kind sind sehr verdächtig auf ein Medulloblastom. Obwohl vor allem Kinder von dem embryonalen Kleinhirn-Tumor betroffen sind, sollte eine solche Raumforderung auch bei älteren Erwachsenen in Erwägung gezogen werden, raten der Onkologe Dr. Emmanuel Mduma und seine Kollegen (Muhimbili University of Health and Allied Sciences, Dar es Salaam, Tanzania). Der Anlass ist die Krankengeschichte einer 51-jährigen Frau.

Die Patientin und ihre Geschichte

Die Frau klagte vor allem über okzipitale Kopfschmerzen, die seit über einem Jahr mit Schwindel und plötzlichen Erbrechen einhergingen. Sie hatte keine chronischen Krankheiten in der Vorgeschichte. In ihrer Familie gab es keine Krebs-Erkrankungen. Die Frage nach dem Konsum von Tabak, Alkohol oder anderen Drogen verneinte sie.

Die Befunde

  • Die körperliche Untersuchung war normal; unauffällig waren auch die Vitalwerte.  
  • Die neurologische Untersuchung ergab keine Hinweise auf Störungen der Hirnnerven-Funktionen; motorische oder sensorische Defizite wurden auch nicht festgestellt.
  • Auffällig war jedoch eine schlechte Bewegungskoordination.
  • Laboruntersuchungen einschließlich eines HIV-Tests waren unauffällig.
  • Eine zerebrale MRT zeigte eine Raumforderung in der linken hinteren Schädelgrube.

Therapie, Diagnose und Verlauf

Nach präoperativer Anlage eines ventrikuloperitonealen Shunts wurde eine subtotale Tumorresektion vorgenommen. Die histologische Untersuchung ergab ein Medulloblastom. Einen Monat nach der Operation zeigte eine MRT einen Resttumor in der hinteren Schädelgrube ohne leptomeningeale Ausbreitung. Die Onkologen stuften den Tumor als Hochrisiko-Tumor ein und behandelten die Patientin mit Chemo-und Radiotherapie. Die MRT-Untersuchung nach der Behandlung zeigte einen deutlichen Rückgang des Tumors. Derzeit gehe es der Patientin, abgesehen von leichtem Schwindelgefühl, gut, berichten die Onkologen. 

Diskussion und Empfehlungen 

Das Medulloblastom (MB) ist ein bösartiger Hirntumor, der bei Erwachsenen sehr selten vorkommt, vor allem bei Menschen über 40 Jahren. Das MB macht weniger als 1 % aller primären Hirntumore bei Erwachsenen aus. Bei Kindern sind Medulloblastome hingegen die häufigsten primären malignen Hirntumore. Etwa 20–40 Prozent aller Hirntumoren bei Kindern sind Medulloblastome. Zehn bis 50 Prozent der aggressiven Tumore haben zum Zeitpunkt der Diagnose schon gestreut. Am häufigsten sind dabei sogenannte Abtropfmetastasen. Diese breiten sich entlang des Subarachnoidalraums oder der spinalen Achse aus. Deutlich seltener sind Metastasen ausserhalb des Nervensystems (etwa 5 % der Patienten). Die Standardtherapie besteht aus einer Operation in Kombination mit einer Bestrahlungs- und Chemotherapie, die individuell festgelegt werden. Auch bei Erwachsenen über 50 Jahren sollte das Medulloblastom in die Differentialdiagnose von Raumforderungen der hinteren Schädelgrube einbezogen werden, raten Emmanuel Mduma und seine Kollegen.