Eine 29-jährige Frau mit Bauchschmerzen, akuter Herzinsuffizienz und Migräne
- Dr. med. Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaften
Epigastrische Schmerzen mit einem abnormalen Elektrokardiogramm bei einem jungen, ansonsten gesunden Patienten sollten an eine Myokarditis denken lassen. Die Suche nach der genauen Ursache einer Myokarditis könnte für den Erfolg der Therapie entscheidend sein. So lauten Schlussfolgerungen, die brasilianische Kardiologen um Luis Beck-da-Silva (Porto Alegre) aus der Krankengeschichte einer jungen Frau ziehen. Die Fallgeschichte ist im „European Heart Journal - Case Reports“ erschienen.
Die Patientin und ihre Geschichte
Eine zuvor gesunde 29-jährige Frau kam in die Klinik-Notaufnahme, weil sie seit rund zwei Wochen an zunächst epigastrischen und dann auch retrosternalen Schmerzen litt. Eine Gastroskopie fünf Tage zuvor soll unauffällig gewesen sein. Die Patientin war Nicht-Raucherin und nahm weder verschreibungspflichtige Medikamente ein noch illegale Drogen. Wegen Migräne behandelte sie sich allerdings wiederholt selbst mit einer rezeptfreien Schmerzmittel-Fixkombination aus Isomethepten-Mucat (30 mg), Metamizol (300 mg) und Koffein (30 mg); seit drei Wochen habe sie täglich bis zu sechs Tabletten dieses Präparates eingenommen, berichten die Autoren.
Die Befunde
- EKG: ST-Strecken-Senkung (1 mm) in der Vorderwand-Ableitung
- Troponinspiegel mit 13 ng/ml (deutlich erhöht (Referenzbereich <0,16 ng/ml), ebenso das C-reaktive Protein (13,5 mg/l)
- Echokardiographie: normale linksventrikuläre Funktion
- Blutbild: ausgeprägte Eosinophilie (19 %, 2810 Zellen/mm3)
- Untersuchung des Stuhls: unauffällig, keine Parasiten
- Kardiales MRT: Hinweise auf eine Myokarditis (Ödeme, ventrikuläre Fibrosen). Die globale Kontraktilität des linken Ventrikels war grenzwertig eingeschränkt.
Verlauf, Diagnose und Therapie
In den folgen Tagen entwickelte die junge Frau deutliche Symptome einer Herzinsuffizienz, so dass sie auf die Intensivstation verlegt wurde. Der Spiegel des natriuretischen Peptids vom B-Typ (BNP) lag bei >1200 pg/ml. Es wurde eine leitliniengerechte Herzinsuffizienz-Therapie eingeleitet, zudem erhielt die Patientin Prednison (60 mg/Tag), woraufhin die Symptome der Herzinsuffizienz und die Schmerzen etwas abnahmen.
Am 7. Tag ihres Klinikaufenthaltes klagte die Frau über besonders starke Kopfschmerzen, die noch intensiver waren als ihre Migräne-Attacken. Ein zerebrales MRT ergab in Verbindung mit der Myokarditis, dem klinischen Bild und einer hohen Eiweiß-Konzentration im Liquor den Verdacht auf eine systemische Vaskulitis mit ZNS-Beteiligung.
Am 8. Tag wurde eine rechtsventrikuläre Endomyokardbiopsie durchgeführt. Die histologische Untersuchung ergab eine akute nekrotisierende eosinophile Myokarditis (ANEM). Die Patientin erhielt daraufhin eine fünftägige intravenöse Steroid-Therapie (Methylprednisolon 1 g täglich).
Der Gesamtzustand der jungen Frau habe sich nach Angaben der Kardiologen unter der Therapie deutlich gebessert. Nach knapp einer Woche war die Eosinophilie verschwunden, das Troponin normal, das BNP auf 400 pg/ml gesunken und die linksventrikuläreventrikuläre Funktion echokardiografisch normal. Eine kardiale MRT ergab eine signifikante Reduktion des Myokardödems und wenige apikale Fibroseherde. Die Patientin wurde schließlich ohne Herzinsuffizienz-Symptome mit normaler LV-Funktion entlassen. Bei der 4-monatigen Nachuntersuchung zeigte eine erneute MRT eine erhaltene LV-Funktion und nur noch minimale apikale Fibroseherde. Eine zerebrale MRT ergab keine Vaskulitis-Zeichen mehr.
Nach 20 Monaten kehrte die Patientin zu einer geplanten Nachuntersuchung zurück. Sie war den Kardiologen zufolge asymptomatisch, hatte ihre gewohnte Arbeit wieder aufgenommen und plante ihre erste Schwangerschaft. EKG und Echokardiografie waren unauffällig, ebenso der neurologische Befund. Migräne-Attacken hatte die Patientin nicht mehr
Diskussion
Wie die Autoren erklären, handelt es sich um den Fall einer akuten nekrotisierenden eosinophilen Myokarditis (ANEM), für die ihrer Ansicht nur das in hoher Dosierung eingenommene Migräne-Medikament mit Isomethepten-Mucat als Auslöser infrage komme. Isomethepten-Mucat ist eine gefäßverengende Substanz, die Nebenwirkungen verursachen kann wie Kopfschmerzen, intrazerebrale Blutungen und Vasospasmen. In Brasilien sind Präparate mit diesem Wirkstoff ohne Verschreibung erhältlich.
Die akute nekrotisierende eosinophile Myokarditis ist eine seltene, potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, bei der eine rasche Diagnose und Therapie erforderlich sind. Die Sterberate ist nach Angaben der Kardiologen um Luis Beck-da-Silva mit >50 % sehr hoch. Für eine gezielte Therapie ist eine definitive Klärung der Myokarditis-Ätiologie notwendig. Diagnostischer Goldstandard dafür ist die Endomyokardbiopsie.
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