Ein neuer SARS-Coronavirus-Totimpfstoff schützt zu 78 Prozent vor symptomatischen Infektionen

  • Lancet

  • von Dr. Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Ein SARS-CoV-2-Impfstoff aus inaktivierten Viren schützt einer großen, placebokontrollierten Phase-3-Studie aus Indien zufolge zu 77,8 % vor symptomatischen Infektionen. Gegen schwere COVID-19-Erkrankungen wurde ein Schutz von 93,4 % ermittelt und vor asymptomatischen Infektionen von 63,6 %. Die Vakzine ist sehr gut verträglich. Die Häufigkeit unerwünschter Effekte in der Verumgruppe entsprach der der Placebogruppe. Die Teilnehmerzahl betrug 25.798.

Hintergrund
Der Bedarf an effektiven und nebenwirkungsarmen Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 ist trotz mehrerer zugelassener SARS-CoV-2-Vakzine hoch. Allein quantitativ reichen die bisherigen Vakzine nicht aus. Aber auch das Spektrum der Impfstoffarten, wie es gegen Viruserkrankungen möglich ist, wird bei SARS-CoV-2 bisher nicht ausgeschöpft, zum Beispiel bei den Totimpfstoffen. In Indien ist nun eine adjuvantierte Vakzine aus inaktivierten kompletten Virionen in einer randomisierten, placebokontrollierten Phase-3-Studie untersucht worden (1).

Design

  • Studienform: prospektiv randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Phase-3-Studie an 25 großen Zentren in Indien.
  • Teilnehmerinnen und Teilnehmer: erwachsene, gesunde Personen (> 18 Jahre) oder Menschen mit stabiler, chronischer Grunderkrankung ohne Immunsuppression. Altersdurchschnitt: 40,1 Jahre, Bereich: 18-97 Jahre.
  • Vakzine: BBV152 aus Proprionsäure-inaktivierten, kompletten SARS-CoV-2-Virionen hergestellter Impfstoff mit 6 μg Virusantigen pro 0,5 mL
    • Adjuvans: Imidazoquinolin, ein Toll-like Rezeptor 7/8-Agonist, der T-Zellvermittelte Immunantworten simuliert, adsorbiert an ein Aluminiumgel (Algel-IMDG).
    • Die Vakzine wird durch das Adjuvans direkt in die Lymphknoten geleitet, ohne sich breit im Blutkreislauf zu verteilen.
  • Intervention: randomisiert 2 intramuskuläre Injektionen Verum oder Placebo im Abstand von 4 Wochen.
  • primärer Endpunkt: Effektivität gemessen am Vermeiden einer ersten laborgesicherten (RT-PCR-positiven), symptomatischen COVID-19-Infektion jeglichen Schweregrades mindestens 14 Tage nach der 2. Dosis.
  • weitere Endpunkte: schwere und asymptomatische Infektionen und Sicherheit.

Hauptergebnisse

  • 25.798 Personen nahmen teil und wurden 1 : 1 in die beiden Interventionsgruppen randomisiert.
  • 24.419 erhielten bis zur Analyse beide Impfdosen (n = 12.221 Verum, n = 12 198 Placebo).
  • 0,3 % in der Verumgruppe bekamen eine symptomatische COVID-19-Infektion und 1,2 % unter Placebo. Dies entsprach einer Effektivität von 77,8 % gegen alle Varianten gemeinsam.
  • Gegen die Deltavariante betrug die Schutzwirkung 65,2 % und gegen die Kappa-Variante 90,1 %.
  • Vor schweren COVID-19-Infektionen schützte BBV152 zu 93,4 % und vor asymptomatischen Infektionen zu 63,6 %.
  • Der Impfstoff wurde gut vertragen. In beiden Gruppen gab es bei 12,4 % der Probanden unerwünschte Effekte, vor allem lokale Schmerzreaktionen, aber keine anaphylaktischen Reaktionen oder impfassoziierte Todesfälle.

Klinische Bedeutung
Die Schutzwirkung von BBV152 wird in einem begleitenden Kommentar (2) als klinisch und epidemiologisch relevant eingestuft. Die Relevanz belegen den Kommentatoren zufolge die Daten zum primären Endpunkt. Aber auch die Titer neutralisierender Antikörper 1 Monat nach der 2. Impfung zum Beispiel sprächen für einen Schutzeffekt. Ein präventiver Effekt auch vor asymptomatischen Infektionen lasse eine Senkung der Übertragungsrate erwarten.

Die World Health Organization hatte für BBV152 vor kurzem bereits eine Notfallzulassung erteilt.

Finanzierung: Bharat Biotech International, Indian Council of Medical Research