Ein Mann und drei Infektionen: COVID 19, Affenpocken, HIV

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Patienten-Fall
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Kernbotschaften 

Bei einem 36-jährigen Mann, der mehrere Tage in Spanien war, stellen italienische Ärzte von der Universität von Catania gleichzeitige Infektionen mit HIV, dem Affenpocken-Virus und SARS-CoV-2 fest. Dies sei der erste Fall einer Koinfektion mit dem Affenpocken- und dem Corona-Virus, berichten Dr. Santi Nolasco und seine Kollegen in einem Brief an das „Journal of Infection“.

Der Patient und seine Geschichte

Der 36-jährige Italiener war vom 16. bis 20. Juni 2022 fünf Tage in Spanien. Neun Tage später entwickelte er Fieber, Halsschmerzen, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Am 2. Juli wurde er positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Am Nachmittag desselben Tages entwickelte sich auf seinem linken Arm ein Ausschlag. Am folgenden Tag traten am Rumpf, an den Beinen, im Gesicht und am Gesäß kleine, schmerzhafte Bläschen auf, die von einem erythematösen Hof umgeben waren. Am 5. Juli suchte er aufgrund der Ausbreitung der Bläschen die Notaufnahme des Universitätskrankenhauses Policlinico "G. Rodolico - San Marco" auf.

Bei der Aufnahme gab er an, 2019 wegen Syphilis behandelt worden zu sein. Ein HIV-Test sei 2021 negativ gewesen. Er war mit zwei Dosen des mRNA-Impfstoffs von BionTech/Pfizer gegen SARS-CoV-2 geimpft (die letzte im Dezember 2021) und hatte sich bereits im Januar 2022 mit SARS-CoV-2 infiziert. Während seines Aufenthalts in Spanien habe er eigenen Angaben zufolge kondomlosen Geschlechtsverkehr mit Männern gehabt. 

Die Befunde

  • Der Körper des Mannes, einschließlich der rechten Handfläche und der perianalen Region, war mit Hautläsionen in verschiedenen Stadien übersät, die von kleinen Bläschen über gerötete Pusteln bis hin zu Plaques reichten. 
  • Die Mundschleimhaut war unauffällig, die Tonsillen waren vergrößert.
  • Festgestellt wurden außerdem eine mäßige Hepatosplenomegalie und ein vergrößerter schmerzhafter Lymphknoten in der rechten Leistengegend.
  • C-reaktives Protein 69 mg/l (Normalwerte 0,0 - 5,0 mg/l), 
  • Fibrinogen 713 mg/dl (Normalwerte 170 - 400 mg/dl) 
  • Prothrombinzeit 1,21, Normalwerte 0,8 - 1,2). 
  • Die Thorax-Röntgenaufnahme zeigte eine parenchymale Hypodiaphanie.

Abstriche von Pustel-Exsudat und Nasopharynx-Sekret, die am zweiten Tag des Klinikaufenthaltes an das Referenzlabor in Palermo geschickt wurden, waren positiv für das Affenpocken-Virus und für SARS-CoV-2. Das Affenpockenvirus gehörte zur westafrikanischen Klade der für den spanischen Ausbruch verantwortlichen Variante; das SARS-CoV-2-Genom wurde als Linie BA.5.1 klassifiziert. 

Serologische Tests auf virale Hepatitis, Herpes simplex, Gonorrhoe, Chlamydien und Lymphogranuloma venereum waren negativ. Positiv war jedoch der HIV-1-Test (Viruslast 234.000 Kopien/ml). Die CD4-Lymphozytenzahl lag mit 812 Zellen/μl innerhalb des Normbereichs (Normalwerte zwischen 410-1590 Zellen/μl). 

Verlauf und Therapie

Am dritten Tag begannen sich fast alle Hautläsionen zu Krusten zu entwickeln. Der Patient erhielt Sotrovimab (500 mg intravenös). Am 5. Tag (9. Juli 2022) waren fast alle Symptome verschwunden und die zuvor veränderten Laborwerte normalisierten sich. Am 6. Tag (11. Juli 2022) waren die Nasopharyngealabstriche für SARS-CoV-2 und Affenpocken-Viren immer noch positiv, obwohl keine neuen Hautläsionen auftraten. Da die Symptome abgeklungen waren, wurde der Patient aus dem Krankenhaus in die häusliche Isolation entlassen. Zur HIV-Behandlung wurde eine Dreifachkombination aus Dolutegravir, Abacavir und Lamivudin eingeleitet.

Diskussion

Dieser Fall verdeutlicht den Autoren zufolge, dass sich Affenpocken und COVID-19 klinisch ähnlich können. Zudem bestätigte die Kasuistik, dass im Falle einer Koinfektion die Anamnese und die Klärung der sexuellen Gewohnheiten für die korrekte Diagnose entscheidend sind. Ärzte, so ihr Rat, sollten sich stets der Möglichkeit einer Koinfektion von SARS-CoV-2- und dem Affenpocken-Virus bewusst sein, insbesondere bei Personen, die in der jüngeren Vergangenheit in Gebiete gereist sind, in denen die Affenpocken ausgebrochen sind. Der Fall unterstreiche darüberhinaus, dass bei Affenpocken vermutlich Geschlechtsverkehr der vorherrschende Übertragungsweg ist. Die Autoren empfehlen daher ein umfassendes STI-Screening bei Affenpocken-Patienten.