Ein Mann mit symptomatischer Cholezystolithiasis 5 Jahre nach Melanom-Entfernung
- Dr. med. Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaften
Unklare radiologische Befunde der Gallenblase sollten auch bei asymptomatischen Patienten als OP-Indikation eingestuft werden. Bei malignen Vorerkrankungen in der Anamnese sollte die Möglichkeit einer Gallenblasen-Metastasierung berücksichtigt werden. Die laparoskopische Cholezystektomie stellt bei Gallenblasen-Metastasen die Therapie der Wahl dar. So lauten Empfehlungen, die Dr. Alexander Strick und seine Kollegen vom Helios Klinikum Bonn in einem aktuellen Zeitschriftenbeitrag geben. Anlass ist die Krankengeschichte eines 56-jährigen Mannes.
Der Patient und seine Geschichte
Der Patient habe bei seinem Hausarzt erstmals über rezidivierende rechtsseitige Oberbauchschmerzen ohne Übelkeit oder Erbrechen geklagt, berichten die Autoren. Fieber oder Schüttelfrost habe der Mann nicht gehabt, Stuhlgang und Miktion seien unauffällig gewesen.
Fünf Jahre zuvor sei ein noduläres Melanom am linken Ellenbogen entfernt worden. Einen Monat später sei eine Nachexzision vorgenommen worden. Ein Staging inklusive Computertomografie von Thorax und Abdomen sowie kraniale MRT habe keinen Anhalt für Fernmetastasen ergeben.
Außerdem sei mit einer Interferon-alpha-Therapie begonnen und eine entsprechende Nachsorge durchgeführt worden. Vorerkrankungen seien zum Untersuchungszeitpunkt nicht bekannt gewesen. Eine regelmäßige Medikamenteneinnahme habe der Mann ebenfalls verneint.
Diagnostik und Befunde
- Abdomensonografie des Hausarztes: echoreiche Raumforderung der Gallenblasenwand und Cholezystolithiasis
- Computertomografie: Bestätigung des sonografischen Befundes und Nachweis von mehrere kleinen Lungenrundherde beidseits
Nach Angaben der Autoren erfolgte die Vorstellung in der chirurgischen Abteilung zur Planung einer Cholezystektomie bei symptomatischer Cholezystolithiasis und gleichzeitigem Ausschluss eines Malignoms sowie zur Abklärung der pulmonalen Rundherde.
Therapie und Verlauf
Die histologische Untersuchung nach der Cholezystektomie ergab außer der Diagnose einer chronischen Cholezystitis den Befund eines mukosalen nodulären Melanoms mit einer BRAF- Mutation im Exon 15 (c.1799T>A); es habe sich demnach um eine Metastase des vor 5 Jahren entfernten Melanoms gehandelt, berichten die Autoren.
Eine histologische Untersuchung der pulmonale Rundherde ergab - wie erwartet - Metastasen des Melanoms. Aufgrund einer drohenden Verlegung des Mittellappenbronchus rechts durch eine zentral gelegene große Metastase wurde eine Mittellappenresektion vorgenommen. Der Patient konnte, wie die Autoren weiter berichten, zeitgerecht aus dem Krankenhaus entlassen werden. Nur wenige Tage später sei nach Komplettierung des Stagings eine Immuntherapie begonnen worden.
Diskussion
Maligne Befunde in Cholezystektomie-Präparaten sind laut Strick und seinen Kollegen „ein eher seltener Befund, wobei es sich in den meisten Fällen um ein primär vom Organ selbst ausgehendes Adenokarzinom handelt – diese treten gehäuft bei älteren weiblichen Patienten auf und sind regelhaft mit einer Cholezystolithiasis assoziiert“.
Fernmetastasen anderer Karzinome seien eine Rarität. Außer dem Melanom betreffe dies das hämatogen metastasierende klarzellige Nierenzellkarzinom oder eine lokale Infiltration durch ein hepatozelluläres Karzinom. Zu weiteren Malignomen, etwa dem Magenkarzinom, dem Mammakarzinom oder dem Bronchialkarzinom, existierten nur vereinzelte Fallbeispiele. Weitere seltene Differenzialdiagnosen seien in der Gallenblase vorkommende Plattenepithelkarzinome, das Karzinosarkom und Lymphome.
Das Melanom liegt den Azoren nach mittlerweile auf Platz 5 der häufigsten soliden Tumore in Deutschland und metastasiert von allen Hauttumoren mit Abstand am häufigsten in Haut, Leber, Skelett, ZNS, Lunge und Gastrointestinaltrakt. Insgesamt zeige das Melanom in etwa 2 %–4 % der Fälle eine viszerale Metastasierung, wobei am häufigsten Dünndarm (35 %–67 %), Dickdarm (9 %–15 %) und Magen (5 %–7 %) betroffen seien. 90 % dieser gastrointestinalen Metastasen würden jedoch erst bei Autopsien festgestellt.
Eine Gallenblasen-Metastasierung werde in einem solche Falle einer viszeralen Metastasierung jedoch ebenfalls mit einer Prävalenz von 15–20 % beschrieben. Damit scheine das Melanom die am häufigsten in diese Lokalisation streuende Tumorentität zu sein. Die Diskrepanz dieses prozentualen Anteils zur geringen Zahl an vorhandenen Fallberichten könne dadurch erklärt werden, dass die Metastasierung oft asymptomatisch verlaufe. In den wenigen beschriebenen Fällen, bei denen der Nachweis bei lebenden Patienten erfolgt sei, hätten die Patienten meist Symptome einer akuten Cholezystitis oder einer symptomatischen Cholezystolithiasis gehabt.
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise