Ein junger Mann mit Potenzschwäche, Sildenafil und akuter Psychose
- Dr. med. Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaften
Bei Männern mit akuter Psychose kann es sich lohnen, auch nach der Einnahme von Sildenafil zu fragen, wie die Krankengeschichte eines jungen Mannes zeigt.
Der Patient und seine Geschichte
Bei dem Mann handelte es sich um einen 32-jährigen Iraner, der wegen Symptomen einer Psychose wie Eifersuchtswahn, Bezugswahn und akustischen Halluzinationen in das Krankenhaus eingeliefert wurde. Die Psychose-Symptome des zuvor psychisch unauffälligen Mannes seien etwa eine Woche vor seiner Einweisung in das Krankenhaus aufgetreten, berichten die Autoren. So sei der Familie des Mannes aufgefallen, dass er manchmal mit sich selbst gesprochen habe; außerdem sei er ihnen gegenüber sehr feindselig geworden; zudem habe er unter Schlaflosigkeit gelitten, sei leicht reizbar gewesen und habe sich hin und und wieder aggressiv verhalten.
Die Anamnese ergab den Autoren zufolge keinen Kontakt des Mannes mit toxischen Chemikalien, kein früheres Schädeltrauma und auch keine Krampfanfälle oder Erkrankungen, die eine Psychose verursachen könnten. Hinweise auf Drogen- und Alkohol-Missbrach gab es nicht. Das einzige Medikament, das der Mann einnahm, war wegen einer leichten erektilen Dysfunktion Sildenafil.
Die Befunde
- Wacher und voll orientierter Mann (Ort, Zeit und Person)
- neurologisch und urologisch unauffällig
- Labor-Untersuchungen einschließlich Schilddrüsenfunktionstests sowie Bestimmung der Vitamin-B12-, Folsäure- und Vitamin-D-Spiegel unauffällig
- Elektrokardiogramm ebenfalls unauffällig
- Tests auf Syphilis, HIV und Hepatitis B und C sowie ein toxikologisches Screening negativ
- MRT ohne Nachweis einer Raumforderung oder Blutung
Therapie und Verlauf
Sildenafil wurde abgesetzt und Risperidon ( oral 4 mg/Tag ) verschrieben. Überraschenderweise hätten sich alle psychotischen Symptome innerhalb von nur einer Woche nach Beginn der Risperidon-Behandlung zurückgebildet; nach einem zehntägigen Krankenhausaufenthalt sei der Mann aus dem Krankenhaus entlassen worden. Als Ursache der Psychose vermuteten die behandelnden Ärzte Sildenafil.Bei einer Untersuchung einen Monat nach der Entlassung aus dem Krankenhaus war der Mann psychisch unauffällig; Risperidon wurde abgesetzt. Ungefähr vier Monate später traten jedoch nach einmaliger Einnahme von Sildenafil erneut psychotische Symptome wie zuvor auf. Die Therapie mit Risperidon war wieder erfolgreich: Der Patient erholte sich innerhalb von zwei Wochen vollständig. Bei dee Nachuntersuchungen in den nächsten 12 Monaten zeigte sich kein Wiederauftreten der Symptome.
Diskussion
Zu den relativ häufig berichteten Nebenwirkungen von Sildenafil gehören Kopfschmerzen, Hautrötungen, Verdauungsstörungen und Sehstörungen. Auch Schlaflosigkeit und Depressivität wurden schon mit dem Mittel gegen erektile Dysfunktion in Verbindung gebracht. Offenbar muss wohl auch eine Psychose als mögliche Folge erwogen werden. Insgesamt zeigt auch dieser Fall, dass es sich bei der „Potenz-Pille“ um ein Medikament und nicht um ein Lifestyle-Präparat handelt, das rezeptfrei erhältlich sein sollte.
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