Ein junger Mann mit einem mehr als äußerst unangenehmen „Problem“
- Dr. med.Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaften
Priapismus ist ein urologischer Notfall. Aber nicht nur: eine schmerzhafte Dauererektion kann auch Symptom einer bis dahin unbekannten schweren Erkrankung sein. Ein solches Schicksal ist zum Beispiel einem 32-jährigen Mann widerfahren; seine Krankengeschichte haben der Urologe Dr. med. Muhammad Abdeen (Universität des Saarlandes) und Kollegen in einem Fachzeitschriftenbeitrag geschildert.
Der Patient und seine Geschichte
Der 32-jährige Mann stellte sich nach Angaben der Autoren in den frühen Morgenstunden notfallmäßig wegen einer seit ca. 24 Stunden bestehenden schmerzhaften Dauererektion vor. Zwei Wochen zuvor sei ein solches „Problem“ schon einmal aufgetreten; nach einer kalten Dusche habe sich die Erektion jedoch spontan zurückgebildet.
Weitere Anamnese: keine bekannten Erkrankungen, keine Operationen, keine regelmäßige Medikamenteneinnahme, kein Drogenkonsum, kein Trauma, aber Gewichtsverlust von ca. 8kg innerhalb der letzten drei Monate sowie verstärktes nächtliches Schwitzen.
Klinischer Befund
32-jähriger schlanker Patient in gutem Allgemeinzustand, blasses Hautkolorit, Körpertemperatur 37,2 °C, vollständig erigierter Penis, äußeres Genitale sonst unauffällig
Beidseitige Punktion der Corpora cavernosa erfolgreich, Blutgasanalyse aus dem Aspirtat misslingt allerdings
Aspiration von 250 ml Blut aus den Schwellkörpern: in den gefüllten Spritzen trennt sich eine dicklich weiße Schicht von den übrigen Blutbestandteilen
Kleines Blutbild:
Leukozyten 422.500/μl (Referenzbereich 3900–10.200/μl)
Erythrozyten 2,76 × 106/μl (4,5–5,9 × 106/μl)
Hämoglobin 8,8 g/dl (14–18 g/dl)
Hämatokrit 24 % (41–53 %)
Diagnose: Low-flow-Priapismus infolge eines Hyperviskositätssyndroms bei hochgradigem Verdacht auf eine Leukämie
Therapie und Verlauf
Nach der erfolgreichen Therapie des Priapismus wurde der Patient in die Klinik für Hämatoonkologie verlegt. Eine Beckenkammbiopsie ergab die definitive Diagnose einer chronisch-myeloischen Leukämie (CML) in der chronischen Phase.
Onkologische Therapie: zunächst Hydroxycarbamid, dann Imatinib, wegen unzureichendem Ansprechen Wechsel auf Dasatinib; darunter Normalisierung des Blutbildes innerhalb von 2 Wochen
Follow-up des Patienten 22 Monate nach Erstdiagnose: komplett beschwerdefreier Mann, kein Priapismus-Rezidiv
Diskussion
Als Priapismus werde eine persistierende schmerzhafte Erektion >4 h bezeichnet, die mit der Gefahr ischämisch bedingter Schädigungen verbunden sei und einen urologischen Notfall darstelle, erklären die Autoren. Eingeteilt werde der Priapismus in einen ischämischen (IP, Low-flow-Pria- pismus), einen nicht-ischämischen (NP, High-flow-Priapismus) und einen stotternden Priapismus (SP). Neben dem idiopathischen Priapismus sowie den „klassischen“ Ursachen (Traumata, Sichelzellanämie, PDE-5-Hemmer, SKAT- Therapie und Psychopharmaka) könne der Priapismus auch Zeichen einer lebensbedrohlichen Systemerkrankung sein. Der maligne Priapismus (MP) sei eine Sonderform des IP, der bei verschiedenen neoplastischen Erkrankungen auftreten könne, so bei diversen soliden aber auch hämatoonkologischen Tumor-Erkrankungen.
Zum Versagen der physiologischen Detumeszenz komme es bei der CML durch eine Hyperviskosität des Blutes infolge der Leukozytose.
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