Ein junger Mann, eine verschmähte Liebe und eine Fraktur

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Patienten-Fall
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Kernbotschaften

Ein „falsches“ Wort kann unangenehme Folgen haben. Das haben schon viele Menschen erleben müssen, darunter auch ein junger „Romeo" aus Deutschland. Die Liebes- und Leidensgeschichte des 26-jährigen Mannes hat kürzlich der Trierer Orthopäde Dr. Peter Krapf erzählt.

Der Patient und seine Geschichte

Der junge Mann habe Ende Februar des vergangenen Jahres auf einer privaten Party „die Liebe seines Lebens“ getroffen, berichtet Krapf. Doch anders als Shakespeares Julia habe diese Angebetete nichts von ihrem „Romeo“ wissen wollen. Das abweisende Verhalten der Dame hatte allerdings Folgen: Der Verschmähte ertränkte, wie Krapf weiter schildert, seinen Kummer in Alkohol. In betrunkenem Zustand habe er dann einen Partygast „Vollidiot“ genannt, worauf dieser ihm gegen den Unterschenkel getreten habe. Die Folge des Tritts: eine spiralförmige Fraktur im distalen Tibiadrittel sowie im proximalen Drittel der Fibula; noch am selben Tag sei der junge Mann operiert worden (Marknagelosteosynthese).

Der Verlauf

Mitte März habe sich der 26-Jährige erstmals in seiner Praxis vorgestellt, berichtet der Trierer Orthopäde weiter. Die Fraktur-Heilung sei zunächst ohne Komplikationen verlaufen. Dann hätten jedoch die Schmerzen zugenommen, so dass eine MRT und eine CT des rechten Sprunggelenkes durchgeführt worden seien. 

Der Befund: breiter Frakturspalt ohne Durchbau. Der Patient habe daher erneut operiert werden müssen (Entfernung des Marknagels und erneute intramedulläre dynamische Nagelung). 

Der Verlauf nach dieser zweiten Operation sein ebenfalls zunächst komplikationslos gewesen. Dann jedoch sei über der distalen Verriegelungsschraube eine druckschmerzhafte Rötung aufgetreten. Außerdem seien die Entzündungsparameter gestiegen. 

Das „gute Ende“

Am 11. Juli sei der Patient erneut stationär aufgenommen worden. Röntgenaufnahmen hätten eine zunehmende knöcherne Durchbauung der Fraktur gezeigt. Aus dem Entzündungsherd sei schließlich ein Abszess geworden, der eine Inzision erfordert habe. Im Abstrich sei MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) nachgewiesen worden. Eine intravenöse Antibiotika-Therapie sei erfolgreich verlaufen. Vier Monate später hätten radiologische Kontroll-Untersuchungen „deutliche Zeichen der Frakturheilung ohne persistierenden Hinweis auf entzündliche Veränderungen“ gezeigt.

PS: Laut Krapf hat der junge Mann die Dame seines Herzens - trotz des eher missglückten Starts - inzwischen geheiratet. Auch für Nachwuchs sei mittlerweile gesorgt.

Ein Tritt gegen den Unterschenkel dürfte eine sehr seltene Ursache für eine Unterschenkelschaft-Fraktur sein. Bis zum 40. Lebensjahr würden Unterschenkelschaft-Frakturen „meist durch hochenergetische Verkehrsunfälle in Form einer direkten Krafteinwirkung verursacht“, erklären Unfallchirurgen der TU-München. Bei über 65-Jährigen sei der häufigste Traumamechanismus ein Sturz. Pathologische Frakturen oder osteoporose-assoziierte Frakturen seien selten.

Betroffen sind den Autoren zufolge überwiegend jüngere Menschen; mit einer Inzidenz von 18/100.000 Menschen pro Jahr seien Unterschenkelfrakturen von großer sozioökonomischer Bedeutung. Das Durchschnittsalter der Patienten liege bei 38,5 Jahre, der Anteil männlicher Patienten bei knapp 64 Prozent. Die höchste Prävalenz von Unterschenkelfrakturen bei Männern finde sich in der Altersgruppe von 10 bis 20 Jahren, bei Frauen in der Altersgruppe zwischen 30 und 40 Jahren. Die Marknagelosteosynthese sei der operative Goldstandard.