Ein Jugendlicher mit unklarer Bewusstseinsstörung

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Patienten-Fall
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Kernbotschaften

Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Bewusstseinsveränderungen sollte bei unklarer Anamnese immer auch an eine Kohlenmonoxid-Intoxikation gedacht werden. Das rät ein Autorenteam um Prof. Dr. Nikolaus Haas von der Abteilung für Kinderkardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin der LMU in München. In einem aktuellen Zeitschriftenbeitrag schildern sie einen solchen Vergiftungs-Fall. 

Der Patient und seine Geschichte

Bei dem betroffenen Patienten handelte es sich um einen 17-jährigen Jugendlichen, der nach Angaben der Autoren mit dem Rettungsdienst in die Notaufnahme der Klinik gebracht wurde. Er sei gegen 23 Uhr auf dem Boden seines Schlafzimmers gefunden worden. Bei Verdacht auf eine Hypoglykämie habe ihm eine Nachbarin ein glukosehaltiges Getränk in den Mund geträufelt.

Erste Befunde

Bei Eintreffen des Rettungsdienstes sei der Patient weiterhin somnolent gewesen und habe nicht auf Schmerzreize reagiert, die Pupillen seien weit gewesen, auf Licht hätten sie prompt und seitengleich reagiert. Der Blutzucker-Spiegel habe 130 mg/dl betragen; hämodynamisch und respiratorisch sei der Jugendliche stabil gewesen. Im Schockraum seien Myoklonien beobachtet worden; zudem habe der Patient hyperventiliert und Atemaussetzer von bis zu 20 Sekunden gehabt. 

Weitere Befunde und Diagnose

  • Klinische Befunde im Schockraum: somnolent, hypotoner Muskeltonus, keine Reaktion auf Schmerzreize (GCS 7), Pupillen weit, prompte und seitengleiche Lichtreaktion, Konjunktiven leicht gerötet, wechselndes Atemmuster von Hyper- zu Hypoventilation
  • Im weiteren Verlauf wacher Patient, ansprechbar, vollständig orientiert, seitengleiche Spontanmotorik
  • Vitalwerte und übrige körperliche Untersuchung unauffällig
  • Sauerstoffsättigung (Pulsoxymeter) 99 % bei Raumluft. 
  • EKG: Sinusrhythmus, Herzfrequenz 75/min, Steiltyp, AV-Block I°, PQ 210 ms, QRS 100 ms, QTc 380 ms, keine Erregungsrückbildungsstörungen. 
  • Kraniale Computertomographie: unauffällig
  • CK mit 295U/l etwas erhöht (Norm 34–147 U/l)
  • Troponin mit 0,013ng/ml (Norm <0,014ng/ml) und Lactat 1,3 mmol/l unauffällig, ebenso weitere Laborbefunde, Blutbild und Gerinnung 
  • Blutgasanalyse knapp eine Stunde nach Auffinden: COHb bei 17,5 % (Grenzwert 1,5 %). 
  • Diagnose: Kohlenmonoxidvergiftung

Therapie und Verlauf 

Als der junge Mann aufgeklart sei, habe er berichtet, seit dem Nachmittag auf dem Balkon Shisha geraucht zu haben. Alkoholkonsum, die Einnahme anderer Drogen oder Medikamente habe er verneint. 

Unter normobarer Sauerstofftherapie sank das COHb nach weiteren Angaben der Autoren innerhalb von 2,5 Stunden auf 6,7 % und lag nach weiteren 12 Stunden unterhalb der Grenze bei 0,8 %.  Am Folgetag habe der Jugendliche in guter klinischer Verfassung nach Hause entlassen werden können.

Diskussion

Wie Haas und seine Mitautoren erklären, kann die Standardpulsoxymetrie nicht als Screening für eine CO-Intoxikation verwendet werden, da damit die Unterscheidung zwischen Carboxyhämoglobin (COHb) und Oxyhämoglobin nicht möglich sei. Außerdem betonen sie, dass auch eine geringfügige Symptomatik, etwa leichte Kopfschmerzen, eine CO-Vergiftung nicht ausschließe. Bei unklaren, auch vorübergehenden Bewusstseinsstörungen und neurologischen Symptomen sei daher immer eine arterielle Blutgasanalyse indiziert, um den COHb-Wert zu bestimmen. Die Behandlung von Patienten mit CO-Intoxikation richte sich nach der klinischen Symptomatik, nicht primär nach den gemessenen COHb-Werten. 

Der Wasserpfeifen-Konsum habe, wie die Intensivmediziner berichten, laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in den letzten Jahren insbesondere bei jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren weiter zugenommen. Die Zahl der Shisha-Bars in Deutschland sei nach Daten des Statistischen Bundesamtes auf etwa 6000 gestiegen. Shisha sei heute eine der am meisten unterschätzen Drogen für Jugendliche: Nur ein Grund dafür sei die verbreitete Fehlannahme, dass Shisha-Rauchen weniger gesundheitsschädigend sei als normaler Zigarettenkonsum. Besonders riskant sei der Konsum in schlecht belüfteten Räumen.