Ein Jäger mit einer Rötung und Verdickung der linken Brustwarze
- Dr. med. Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaften
Jede Veränderung der Mamille muss sorgfältig abgeklärt werden. Denn vor allem bei Erwachsenen kann es sich, auch bei Männern, um ein Malignom handeln. Allerdings sollte auch eine weniger gefährliche Erkrankung erwogen werden, wie die Krankengeschichte eines 33-jährigen Mannes zeigt, die Dr. Florian Edsperger (Praxis Dr. med. Gumminger, Praxis für Allgemeinmedizin und hausärztliche Betreuung, Pocking) und Dr. Ulrika Schade (Konsultations- und Referenzzentrum für Lymphom- und Knochenmarkdiagnostik, Lübeck) berichten.
Der Patient und seine Geschichte
Der Patient stellte sich nach Angaben der Autoren wegen einer auffälligen Rötung und Verdickung der linken Mamille vor, die ihm vor circa vier Monaten aufgefallen sei.
An spezifische Ereignissen wie einen Insektenstich, ein Trauma oder einen Infekt habe er sich nicht erinnern können. Ein familiär erhöhtes Brustkrebsrisiko habe nicht bestanden. Hormone nahm der Patient seinen Angaben nach nicht ein.
Befunde und Diagnose
- Leicht adipöser Patient in sehr gutem Allgemeinzustand
- Brüste diskret vergrößert, links etwas mehr als rechts
- Linke Mamille im Vergleich zur rechten verdickt und erhaben mit einem geröteten Außenbezirk und leichter Schuppung; etwas geschwollen und druckdolent, aber nicht überwärmt; keine Sekretion aus der Brustwarze
- Labordiagnostik mit Blutbild und Entzündungswerten unauffällig
- Mammographie: lipomatöse Drüsenkörper beidseits, sonst unauffällig
- Mammasonographie: keine tumorverdächtigen Herdbefunde oder Lymphknoten
- Linke Mamille hypoechogener und etwas voluminöser als rechte Mamille
- Punch-Biopsie: Verdacht auf ein niedrigmalignes Lymphom
- Analyse des Biopsie-Gewebes am Konsultations- und Referenzzentrum für Lymphom- und Knochenmarkdiagnostik in Lübeck: Molekularpathologisch borrelienassoziierte lymphoplasmazelluläre Dermatitis bei positivem DNA-Nachweis für Borrelia burgdorferi
- Spezifische Borrelienserologie: positiver Befund für IgM und IgG (ELISA und Immunoblot)
- Diagnose: lymphoplasmazelluläre Dermatitis des Mamillen-Areola-Komplexes links bei Borreliose (Pseudolymphom)
Therapie und Verlauf
Therapie: Doxycyclin 200 mg täglich über 21 Tage
Nach Stellung der Diagnose habe der Mann erzählt, dass er als Jäger und Waldbesitzer im letzten Jahr doch mehrmals von Zecken gestochen worden sei. In einem Telefonat nach rund sechs Monaten habe er dann über einen unauffälligen klinischen sowie lokalen Befund berichtet.
Diskussion
Eine Infektion mit Borrelia burgdorferi führt, wie die Autoren erinnern, zu sehr verschiedenen Krankheitsbildern. Ein Pseudolymphom durch Borrelien ( Borrelienl-Lymphozytom oder Lymphadenosis benigna cutis) als Frühmanifestation einer Borreliose lasse sich sehr selten nachweisen. Aufgrund der variablen zeitlichen Manifestation nach einem Zeckenstich könne initial oft kein eindeutiger Rückschluss auf eine Infektion mit Borrelien gezogen werden.
Die meisten Infektionen mit B. burgdorferi führen laut Robert-Koch-Institut nicht zu Krankheitssymptomen. Komme es zu einer Erkrankung, könnten folgende Organsysteme involviert sein: Haut (Erythema mirgans, Borrelien-Lymphozytom, Acrodermatitis chronica athrophicans), Nervengewebe (frühe und späte Neuroborreliose), Gelenke (Lyme-Arthritis) oder Herz (Lyme-Karditis).
Das Borrelien-Lymphozytom ist, wie die Mainzer Dermatologin Dr. Randa Moussa und ihre Kollegen erklären, eine seltene, durch Borrelien induzierte, pseudolymphomatöse Proliferation der Haut. Bis zu 1,3 % der Patienten mit positiver Borrelienserologie entwickeln nach Angaben der Autoren ein Borrelien-Lymphozytom, Kinder seien häufiger betroffen als Erwachsene. Eine spontane Rückbildung sei möglich. Prädilektionsstellen seien das Ohrläppchen, die Mamillen und die Genitalregion, hier insbesondere das Skrotum.
Werde das Borrelien-Lymphozytom übergangen, könne die Borreliose chronifizieren. Behandelt werde mit Doxycyclin 200 mg p.o. pro Tag über 14 bis 21 Tage; Alternativen seien Amoxicillin, Cefuroxim und Azithromycin. Klinisch und histologisch sei die wichtigste Differenzialdiagnose das kutane B‑Zell-Lymphom. Außerdem sollte an ein solitäres Mastozytom oder eine „lymphocytic infiltration of the skin“ gedacht werden.
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