Ein alter Parkinson-Patient und seine angeblich untreue Frau
- Dr. med. Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaften
Eifersucht kann wahnhafte Züge annehmen. Psychiater bezeichnen diesen Wahn nauch als Othello-Syndrom. Einen solchen Fall haben kürzlich chinesische Psychiater geschildert. Glücklicherweise kam es anders als in der Tragödie von Shakespeare nicht zu einem Todesfall.
Der Patient und seine Geschichte
Ein 70-jähriger Mann, der im Alter von 60 Jahren die ersten Anzeichen einer Parkinson-Krankheit gezeigt hatte, wurde wegen Verhaltensänderungen in das Krankenhaus der Autoren eingeliefert. Seit rund sechs Monaten glaubte er, seine Frau habe eine Affäre mit einem anderen Mann. Belege dafür gab es nicht. Gleichzeitig begann er, eine deutliche Steigerung seiner Libido zu zeigen. Aufgrund der Parkinson-Erkrankung wurde der Patient seit rund neun Jahren medikamentös behandelt, zunächst mit Levodopa-Benserazid (200-50 mg/d), seit sechs Jahren mit Pramipexol 0,75 mg bis1,5 mg/Tag) und Selegilin (1 mg/d).
Im vergangenen Jahr habe sich sein Gedächtnis verschlechtert, insbesondere das Kurzzeitgedächtnis, berichten die Autoren. Drei Monate vor seiner jetzigen Einlieferung ins Krankenhaus habe er visuelle Halluzinationen entwickelt (Geister). Diese visuellen Halluzinationen seien so lebhaft gewesen, dass er immer wieder Familienmitglieder gebeten habe, die Geister zu exorzieren. Der Patient sei ansonsten gesund gewesen.
Befunde und Diagnose
- Die allgemeine Untersuchung des Mannes war unauffällig. Die neurologische Untersuchung ergab einen maskenhaften Gesichtsausdruck, eine mäßige Bradykinesie und Steifheit aller vier Gliedmaßen. Die rechte obere Extremität wies einen leichten Ruhetremor auf.
- Folgende Labortests waren unauffällig: Blutbild, Leber- und Nierenfunktion, Schilddrüsenfunktion, Elektrolyte, Vitamin B12, Folsäure, Syphilis und Tumormarker.
- Die zerebrale Magnetresonanztomographie (MRT) zeigte eine leichte bilaterale frontotemporale Atrophie.
- Diagnose der chinesischen Autoren: Morbus Parkinson mit Othello-Syndrom, Impulskontrollstörungn (ICD) und Demenz.
Therapie und Verlauf
Die Pramipexol-Dosis des Patienten wurde auf 50 % der aktuellen Dosis reduziert; zusätzlich erhielt der Mann Quetiapin und Entacapon. Eine Nachuntersuchung zwei Monate später ergab den Autoren zufolge deutlich gelinderte Parkinson-Symptome, zudem hätten die Wahnvorstellungen des Mannes zur angeblichen Untreue seiner Frau nachgelassen.
Diskussion
Das Othello-Syndrom ist durch wahnhafte Vorstellungen von der Untreue eines Ehe- oder Sexualpartners gekennzeichnet, die zu extremen Verhaltensweisen führen können. Der Eifersuchtswahn kommt bei unterschiedlichen psychotischen Störungen vor. Bei organischen Psychosen bestehen zumeist über den Wahn hinaus Orientierungsstörungen oder andere kognitive Symptome. Nach einer Untersuchung tritt Eifersuchtswahn am häufigsten auf bei organischen (7%) und paranoiden Psychosen (6,7%), Alkoholpsychosen (5,6%) sowie bei Schizophrenien (2,5%), bei affektiven Störungen da- gegen wohl nur in 0,1 Prozent. In einer Untersuchung wurde bei demenziellen Erkrankungen eine Prävalenz des Eifersuchtswahns von fast 16 Prozent gefunden. Dem Eifersuchtswahn kommt gelegentlich forensische Bedeutung zu, und zwar als Motiv affektvoller Tötungsdelikte des Ehepartners. Sowohl das Othello-Syndrom als auch Impulskontrollstörungen bei der Parkinson-Krankheit könnten Nebenwirkungen von Dopaminagonisten sein, betonen die Autoren außerdem.
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