Ein alter Mann mit einem Zufallsbefund an beiden Händen
- Dr. med. Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaft
Die Entwicklung von Gichttophi ohne vorherige Gichtarthritis ist zwar selten, aber nicht unmöglich, wie die Krankheitsgeschichte eines alten Mannes zeigt, die die britische Ärztin Caitlin Renouf (Renal Dept, South Tees Hospitals NHS Foundation Trust, Middlesbrough) im „BMJ Case Reports“ schildert.
Der Patient und seine Geschichte
Der Mann kam wegen eines purpurfarbenen Hautausschlages an beiden Beinen mit Ausdehnung bis zum Abdomen und verschlechterter Nierenfunktion in das Krankenhaus. Ansonsten habe er angegeben, sich gut zu fühlen und keine weiteren Symptome zu spüren, berichtet Caitlin Renouf. Die Anamnese-Erhebung ergab einen Typ-2-Diabetes, eine mäßige linksventrikuläre systolische Dysfunktion, Bluthochdruck, paroxysmales Vorhofflimmern, eine chronische Nierenerkrankung (CKD) im Stadium 3 und eine Dyslipidämie. Zu seinen regelmäßig eingenommenen Medikamenten gehörten Linagliptin, Bisoprolol, Simvastatin, Warfarin, Paracetamol und niedrig dosiertes Furosemid. Eine dokumentierte Gicht-Anamnese hatte der Patient der Autorin zufolge nicht; bei der Aufnahme seien auch keine Symptome oder Anzeichen einer Gicht festgestellt worden.
Diagnose, Therapie und Verlauf
Aufgrund der Verdachtsdiagnose Purpura Schönlein-Henoch habe der Patient Prednisolon (einmal täglich 30 mg) erhalten, außerdem intravenös Flüssigkeit; die Nierenfunktion soll sich im Laufe des 7-tägigen stationären Aufenthalts normalisiert haben. Am Tag der Entlassung habe jedoch ein Assistenzarzt bei der Blutentnahme umfangreiche Gichttophi an beiden Händen festgestellt, berichtet die britische Autorin weiter.
Medikamente gegen Gicht habe der Patient nie eingenommen; auf weitere Nachfrage soll er erklärt haben, nie zuvor von Gichtarthritis betroffen gewesen sein. Um starke Schmerzen in den Händen zu lindern, die ihn vor allem beim Abwaschen oder längeren Autofahren beeinträchtigten, nehme er Ibuprofen.
Die körperliche Untersuchung ergab laut Caitlin Renouf keine Hinweise auf Tophi an anderen Körperstellen. Der Serumuratspiegel war mit 832μmol/L erhöht (Normalbereich 200-400μmol/L).
Aufgrund der Diagnose Gichttophi wurde eine Therapie mit Allopurinol begonnen; zudem vereinbarten die behandelnden Ärzte für den Patienten einen Termin in einer Rheumaklinik.
Diskussionen und Empfehlungen
Die Entwicklung schwerer Tophi ohne Vorgeschichte einer Gichtarthritis sei selten, aber in Fallberichten bereits berichtet worden, schreibt Caitlin Renouf und betont, dass eine frühzeitige prophylaktische Behandlung mit Xanthinoxidasehemmern dazu beitragen könne, schwere und schmerzhafte chronische Gichttophi zu verhindern.
Die Gicht ist laut der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie die häufigste Form der Gelenkentzündung in Deutschland. Rund 1-2 Prozent der Bevölkerung dieses Landes oder 950.000 Menschen leiden daran, Männer häufiger als Frauen, ältere Menschen häufiger als junge. Die Prävalenz der Hyperurikämie und auch der Gicht hat weltweit in den letzten Jahrzehnten zugenommen, wahrscheinlich auch in Deutschland. Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig. Dazu zählen grundlegende Änderungen des Lebensstils, zum Beispiel der vermehrte Konsum purinreicher Nahrungsmittel wie Fleisch, Alkohol und vor allem Fruktose-haltiger Getränke, eine deutliche Zunahme der Adipositas-Prävalenz und des metabolischen Syndroms sowie die steigende Lebenserwartung.
Laut der aktuellen DEGAM-Leitlinie zur Gicht gibt es zum einen Patienten mit sehr hohen Harnsäurewerten im Serum, die Zeit ihres Lebens keinen Gichtanfall bekommen. Zum anderen erleiden manche Patienten trotz sehr niedriger Harnsäurewerte Gichtanfälle.
Eine harnsäuresenkende Pharmakotherapie sollte bei Patienten mit mindestens zwei Gichtanfällen/Jahr erwogen werden. Ratsam ist sie bei Patienten mit einem oder mehreren Tophi und/oder einer chronischen Gicht.
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