Ein 12-jähriger Trampolinspringer mit akutem Schiefhals

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Patienten-Fall
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Kernbotschaften

Kommen Kinder mit einem akuten Schiefhals in die Praxis oder Klinik, ist das nicht gleich ein Grund zu großer Besorgnis. Wenn dem jedoch ein Unfall vorausgegangen ist, muss selbstverständlich eine Verletzung der Halswirbelsäule ausgeschlossen werden. Das gilt auch bei scheinbar harmlosen Unfälle, wie die Krankengeschichte eines 12-jährigen Jungen zeigt, die der Koblenzer Kinderarzt Dr. Thomas Hoppen geschildert hat. 

Der Patient und seine Geschichte

Der zwölfjährige Junge kommt in die Klinik-Notaufnahme, nachdem er beim Trampolinspringen heftig auf seinem Gesäß gelandet ist. Er klagt dem Pädiater zufolge über Schmerzen und hat eine Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule mit Zwangshaltung in Form einer seitlichen Neigung und Rotation des Kopfes nach rechts. 

Diagnose und Therapie

Aufgrund der Anamnese und Symptomatik wird sofort eine Computertomografie durchgeführt. Der radiologische Befund lautet: Subluxation der Halswirbelkörper I/II und der Facettengelenke mit Subluxation des Axis nach ventral (atlantoaxiale Subluxation).

Der Junge wird, wie Hoppen weiter berichtet, sofort mit einer Zervikalstütze versorgt und leicht sediert. Am nächsten Tag habe dann ein Neurochirurg unter CT-Kontrolle die Reposition vorgenommen. Danach erhielt der Junge zur Immobilisierung der HWS eine Zervikalstütze.

Diskussion

Eine Schiefhaltung des Kopfes könne viele, zum Teil auch banale Ursachen haben, erklärt Hoppen. Ein plötzlich auftretender Torticollis sei aber stets als Alarmzeichen zu werten, da er Symptom verschiedener bedrohlicher Erkrankungen sein könne, bei denen rasch gehandelt werden müsse. 

Auftreten könne ein Torticollis in allen Altersgruppen – vom Neugeborenen bis zum Erwachsenen. Die Ätiologie des Schiefhalses reiche von harmlosen (z. B. Pharyngitis) bis hin zu ernsten Erkrankungen (etwa Tumoren, Retropharyngealabszess). Grundsätzlich unterscheide man angeborene von erworbenen Deformitäten und ob diese schmerzhaft seien oder nicht.

Eine besondere Form des akuten Torticollis sei das Grisel-Syndrom, das meist durch einen entzündlichen Prozess ausgelöst werde, der die Halsmuskulatur, Nerven oder Wirbel reize und zu einer Dislokation im Atlantoaxialgelenk führe. Die häufigste Ursache für den erworbenen, schmerzhaften Schiefhals ist laut Hoppen – wie bei dem 12-Jährigen – die atlantoaxiale Subluxation. Diese könne traumatischer Genese sein und oft durch ein Bagatelltrauma ausgelöst werden, an das sich manchmal weder das Kind noch die Eltern erinnerten. Die atlantoaxiale Subluxation im werde meist zu spät erkannt, berichtet Dr. Jan-Sven Jarvers (Universitätsklinikum Leipzig). Nach einem Infekt der oberen Atemwege (Grisel-Syndrom) sei sie der zweithäufigste Auslöser des Schiefhalses bei Kindern. 

Welche Therapie indiziert ist - konservativ oder oparativ -, hängt unter anderem davon ab, ob die HWS instabil ist und ob eine Kompression des Myelons vorliegt oder droht.