EASD: Niedrig dosiertes Aspirin senkt Diabetes-Risiko bei Menschen über 65
- Miriam E. Tucker
- Medizinische Nachrichten
Niedrig dosiertes Aspirin verringert das Risiko für Typ-2-Diabetes bei älteren Erwachsenen und verlangsamt den Anstieg des Nüchternblutzuckerspiegels im Laufe der Zeit, so neue Forschungsergebnisse.
Die Daten stammen aus einer Sekundäranalyse der ASPREE-Studie, einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie mit gesunden Erwachsenen im Alter von 65 Jahren oder älter. Die Studie zeigte, dass die tägliche Einnahme von 100 mg Aspirin über einen Zeitraum von etwa fünf Jahren keinen kardiovaskulären Nutzen brachte, aber das Risiko für Blutungen deutlich erhöhte. Die neue Analyse zeigt, dass Aspirin das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, um 15 Prozent senkte und den Anstieg des Nüchternblutzuckers im Vergleich zu Placebo während der Nachbeobachtung verlangsamte.
Die Hauptautorin Dr. Sophia Zoungas, Leiterin der School of Public Health and Preventive Medicine an der Monash University in Melbourne, Australien, sagt jedoch: "Die gängigen Verordnungsleitlinien empfehlen älteren Erwachsenen die tägliche Einnahme von Aspirin nur dann, wenn es einen medizinischen Grund dafür gibt, wie zum Beispiel nach einem Herzinfarkt... Obwohl diese neuen Ergebnisse von Interesse sind, ändern sie die klinischen Empfehlungen für die Einnahme von Aspirin bei älteren Menschen zum jetzigen Zeitpunkt nicht."
Dennoch erklärte sie gegenüber Medscape Medical News: "Zum jetzigen Zeitpunkt sind unsere Ergebnisse explorativ, aber sie befeuern die Debatte über die wichtige Rolle, die entzündungshemmende Ansätze bei der Prävention von Diabetes spielen können. Derzeit laufen weitere Arbeiten, um zu verstehen, für welche Subpopulationen eine gezieltere Behandlung in Frage kommt und wie das Risiko-Nutzen-Verhältnis aussieht".
Die Ergebnisse sollen auf der kommenden Tagung der European Association for the Study of Diabetes vorgestellt werden, die vom 2. bis 6. Oktober in Hamburg stattfindet.
Neue Erkenntnisse nicht robust genug, um die derzeitige Praxis zu ändern
Dr. med. Debabrata Mukherjee erklärte gegenüber Medscape Medical News: " Da es sich um eine sekundäre Post-hoc-Analyse handelt, sollten die Ergebnisse als hypothesengenerierend und nicht als endgültig betrachtet werden... Zum jetzigen Zeitpunkt, basierend auf prospektiven randomisierten Studien, überwiegen die Risiken den Nutzen von Aspirin bei älteren Erwachsenen."
Zu diesen Studien gehörte eine weitere ASPREE-Teilstudie, die zeigte, dass niedrig dosiertes Aspirin das Frakturrisiko nicht senkt, aber das Risiko für schwere Stürze erhöht. Zwei weitere Studien, ARRIVE und ASCEND, zeigten ebenfalls ein Überwiegen der Schäden von Aspirin gegenüber den Vorteilen bei Menschen mit kardiovaskulärem Risiko ohne Diabetes bezeihungsweise bei Menschen mit Diabetes, sagte Mukherjee, Professor und Vorsitzender der Abteilung für Innere Medizin am Texas Tech University Health Sciences Center in El Paso.
Außerdem, so Mukherjee, habe das American College of Cardiology 2019 seine Praxisleitlinien dahingehend aktualisiert, dass niedrig dosiertes Aspirin nicht routinemäßig zur Primärprävention von atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen über 70 Jahren verabreicht werden sollte. Im Jahr 2021 schloss sich die American Diabetes Association dieser Empfehlung in ihren Behandlungsleitlinien an.
Auf die Frage, ob diese jüngsten Ergebnisse die derzeitige Praxis für eine Untergruppe mit höherem Risiko, zum Beispiel Menschen mit Prädiabetes, ändern könnten, antwortete Mukherjee: "Solange es keine prospektive randomisierte Studie gibt, die diese Ergebnisse bei Menschen mit Prädiabetes validiert, sollten die Ergebnisse die Praxis nicht ändern. Es gibt auch keine Daten, die zeigen, dass ein weiterer Thrombozytenaggregationshemmer indiziert oder von Vorteil wäre. Stattdessen würde ich Lebensstiländerungen empfehlen, einschließlich regelmäßiger Bewegung und einer gesunden Ernährung, um das Diabetesrisiko zu minimieren."
Die 16.209 ASPREE-Teilnehmer lebten in einer Gemeinde und litten zu Beginn der Studie weder an Diabetes noch an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Demenz. Sie wurden in einem Verhältnis von 1:1 randomisiert und erhielten täglich 100 mg magensaftresistentes Aspirin oder Placebo. Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 4,7 Jahren lag der Anteil derjenigen, die an Typ-2-Diabetes erkrankten, unter Aspirin bei 5,7 Prozent und unter Placebo bei 6,6 Prozent, was einer Hazard Ratio von 0,85 entspricht (P = 0,01).
Die jährliche Anstiegsrate des Nüchternblutzuckers im Nachbeobachtungszeitraum wurde mit Aspirin im Vergleich zu Placebo um 0,006 mmol/l verlangsamt, ebenfalls ein signifikanter Unterschied (P = 0,004).
Zoungas erklärte: "Das Potenzial von entzündungshemmenden Wirkstoffen wie Aspirin zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes oder zur Verbesserung des Blutzuckerspiegels muss weiter untersucht werden."
Die ASPREE-Studie wurde von den US National Institutes of Health, dem National Health and Medical Research Council of Australia, der Monash University und der Victorian Cancer Agency unterstützt.
Der Artikel erschien im Original in der amerikanischen Ausgabe von Medscape.com
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise