EAS 2022 – Benötigen wir wirklich injizierbare lipidsenkende Therapien zur KVE-Prävention?
- Univadis
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In einer interessanten Diskussionssitzung erörterten Michal Vrablík, Tschechische Republik, und Ulrich Laufs, Deutschland, beim Kongress der European Atherosclerosis Society (EAS) 2022, ob orale lipidsenkende Therapien wie Statine und Ezetimib für die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen (KVE) ausreichen oder ob wir zum Erreichen der Zielwerte für das Low-density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) die Unterstützung injizierbarer Medikamente benötigen, d. h. von Proproteinkonvertase-Subtilisin/Kexin-Typ-9(PCSK9)-Inhibitoren. Die Sitzung wurde von Carl E. Orringer, USA, und Kausik K. Ray, Vereinigtes Königreich, geleitet.
Michal Vrablík, Tschechische Republik
Dr. Vrablík spricht sich für die derzeit verfügbaren oralen lipidsenkenden Therapien aus und merkt an, dass wir nach wie vor leistungsstarke Waffen in unseren Händen halten, die keiner Injektion bedürfen. Der LDL-C-Zielwert ist im Laufe der Jahre strenger geworden. Wir begannen 1988 mit < 3 mmol/l und sind nun, seit 2019, bei < 1,4 mmol/l. Wenn wir uns den Behandlungsalgorithmus der 2019er Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und der EAS zur pharmakologischen LDL-C-Senkung ansehen, befinden sich die injizierbaren Medikamente ganz unten auf der Liste. Das liegt daran, dass wir sehr gute Möglichkeiten haben, die LDL-C-Werte niedrig zu halten, insbesondere hochintensive Statintherapien kombiniert mit Ezetimib. Diese Kombination ist in der Lage, LDL-C im Durchschnitt um zwei Drittel zu senken, was ausreicht, um die Mehrheit der Hochrisikopatienten ihrem LDL-C-Zielwert näher zu bringen.
Die „DA VINCI“-Studie beinhaltet die erste Analyse, die das Erreichen des Zielwerts nach der Veröffentlichung der 2019er Leitlinien untersuchte. Obwohl die Studie zeigte, dass das Erreichen des LDL-C-Zielwerts weiterhin schlecht blieb, konnte dies zu großen Teilen auf die zu geringe Anwendung der Kombination aus hochintensiver Statintherapie und Ezetimib zurückgeführt werden. In der „DA VINCI“-Kohorte wendeten 44 % der Teilnehmer Statintherapien mittlerer Intensität als Monotherapie an, 38 % wendeten Statintherapien hoher Intensität als Monotherapie an und nur 9 % wendeten eine Kombination aus einer Statintherapie hoher Intensität und Ezetimib an. Überraschend ist, dass diese Situation 5 Jahre nach der „IMPROVE-IT“-Studie und nachdem Ezetimib in mehreren Ländern als Generika erhältlich ist, immer noch Bestand hat. Dr. Vrablík merkt an: „Wir müssen nicht [auf Injektionspräparate] warten und sollten uns an das halten, was traditionell verfügbar ist und was weit verbreitet verfügbar ist.“
Dr. Vrablík stimmt zu, dass die fehlende Statintherapie-Treue zwar weiterhin ein Problem in der Alltagspraxis darstellt, die Patienten jedoch nicht vollständig für die fehlende Therapietreue verantwortlich gemacht werden können. Wir brauchen kluge Strategien, um Patienten davon zu überzeugen, sich an die Behandlungen zu halten. Die Anwendung von Festdosiskombinationen aus Antihypertensiva und lipidsenkenden Therapien könnte eine gute Strategie sein, um die Therapietreue der Patienten zu verbessern. Am Ende seines Vortrags betont Dr. Vrablík zudem die Notwendigkeit, dass Ärzte die Therapie-Trägheit überwinden und die Behandlungsintensivierung aktiv durchführen.
Ulrich Laufs, Deutschland
Dr. Laufs spricht sich gegen die Denkweise aus, dass orale lipidsenkende Therapien ausreichend sind, und sagt, dass wir für Patienten mit unzureichender LDL-C-Senkung definitiv injizierbare Medikamente benötigen, hauptsächlich aufgrund hoher LDL-C-Spiegel und Medikamentenunverträglichkeiten. Eine Metaanalyse ergab, dass insgesamt 9,1 % der Patienten eine Statinunverträglichkeit aufwiesen, was durchaus noch eine große Population der Statinanwender darstellt. Registerdaten aus Deutschland zeigen, dass zwei Drittel der PCSK9-Inhibitor-Verschreibungen auf statinassoziierte Muskelsymptome zurückzuführen sind.
Es gibt beweiskräftige Daten zur Wirksamkeit der zwei PCSK9-Inhibitoren, die zusätzlich zu anderen Behandlungen eine weitere LDL-C-Reduktion um 50–60 % zeigen. Darüber hinaus bleibt die LDL-C-Senkung durch PCSK9-Inhibitoren über einen langen Zeitraum konsistent.
Die PCSK9-Inhibitor-Studien haben gezeigt, dass es im Gegensatz zu anderen kardiovaskulären Risikofaktoren, wie Blutdruck oder Glukose, zwischen dem erreichtem LDL-C-Wert und der relativen KVE-Risikoreduktion keine Assoziationsuntergrenze gibt, was bedeutet: je niedriger, desto besser. Die Sicherheit dieser Medikamente wurde bei Hunderttausenden von Patienten, die in randomisierten kontrollierten Studien behandelt wurden, gut nachgewiesen. Darüber hinaus zeigte die „OSLER-1“-Studie im Verlauf von 5 Jahren keine Evidenz für die Entwicklung von Antikörpern gegen die Wirkstoffe.
Die Evidenz aus der „ORION-11“-Studie zeigt, dass der neue, auf kleiner interferierender PCSK9-RNA basierende Wirkstoff Inclisiran mit einer nur zweimal jährlichen Verabreichung zu einer LDL-C-Senkung von 40–50 % führen könnte und ein ausgezeichnetes Sicherheitsprofil aufweist.
Dr. Laufs sagt weiterhin, dass wir auch injizierbare Medikamente für ausgewählte Patienten benötigen, wie z. B. Patienten mit familiärem Chylomikronämie-Syndrom und familiärer Hypercholesterinämie, für die nur begrenzt orale Optionen verfügbar sind.
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