Doxycyclin-Postexpositionsprophylaxe führt zu einem Rückgang der STI-Inzidenz um zwei Drittel
- Andrea Hertlein
- Medizinische Nachrichten
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Bakterielle sexuell übertragbare Krankheiten (STI) wie Syphilis, Tripper oder Chlamydien können durch die Verwendung einer Einmaldosis von 200 Milligramm Doxycyclin als Postexpositionsprophylaxe nach kondomlosen Geschlechtsverkehr deutlich reduziert werden. Das geht aus einer Studie hervor, die kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. Die Behandlung kommt laut Experten in erster Linie für Hochrisikogruppen infrage.
Doxycyclin innerhalb von 72 Stunden nach kondomlosem Sex
In die offene, randomisierte Studie wurden Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) und Transgender-Frauen eingeschlossen, die eine Präexpositionsprophylaxe (PrEP) gegen das humane Immundefizienzvirus (HIV) einnahmen (PrEP-Kohorte) oder mit einer HIV-Infektion lebten (PLWH) und die im vergangenen Jahr eine Infektion mit Neisseria gonorrhoeae (Gonorrhoe), Chlamydia trachomatis (Chlamydien) oder Syphilis durchgemacht hatten.
Die Studienteilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in einem Verhältnis von 2:1 entweder für die Einnahme von 200 Milligramm Doxycyclin innerhalb von 72 Stunden nach kondomlosem Sex (Doxycyclin-Postexpositionsprophylaxe, DoxyPEP) oder für die Standardbehandlung ohne Doxycyclin ausgewählt. STI-Tests wurden vierteljährlich durchgeführt. Der primäre Endpunkt der Studie war die Inzidenz von mindestens einer STI pro Nachbeobachtungsquartal.
Zwei Drittel weniger STIs
Im Studienzeitraum konnte die DoxyPEP in der Versuchsgruppe etwa zwei Drittel aller STIs verhindern. Im Durchschnitt griffen die Studienprobanden viermal im Monat auf „Pille danach“ zurück, wobei 25 Prozent sogar zehn Dosen oder mehr einnahmen. Insgesamt nahmen die Teilnehmer der Versuchsgruppe das Antibiotikum allerdings nicht häufiger ein, als die Personen der Kontrollgruppe, die im Falle einer Infektion oft mehrere Tage damit behandelt werden mussten, betonte Georg Stary von der Medizinischen Universität Wien, der nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber dem Science Media Center.
„Man weiß, dass Patienten, die eine HIV-PrEP nehmen, um sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen, häufig ungeschützten Geschlechtsverkehr haben und sich ein Teil davon mit vielen STIs ansteckt. Bei dieser speziellen Subgruppe scheint die Anwendung von DoxyPEP als Prophylaxe einen hohen Vorteil zu bieten“, so Stary. Insgesamt seien dadurch weniger STIs im Umlauf und somit auch diejenigen geschützt, die das Medikament nicht prophylaktisch einnehmen.
Resistenzen bei Gonokokken ernst nehmen
Allerdings sieht Stary mit Sorge die Tatsache, dass es in der DoxyPEP-Kohorte zu vermehrten Resistenzen bei Gonokokken gekommen ist. Während bei Chlamydien und Syphilis wenig Resistenzen auftreten, stelle dies bei Gonokokken ein großes Problem dar. Die langfristige Verwendung von DoxyPEP ist aus Starys Sicht daher nicht „sehr zukunftsträchtig“.
Während die Studienautoren keine Bedenken hinsichtlich des Nebenwirkungsprofils, der Sicherheit oder der Akzeptanz festgestellt haben, geht Prof. Dr. Norbert Brockmeyer. Leiter des Zentrums für Sexuelle Gesundheit und Medizin des Katholischen Klinikums Bochum und Vorsitzender der Deutschen-STI-Gesellschaft davon aus, dass es bei wiederholter mehrfacher Anwendung im Monat zu einer deutlichen Veränderung des Mikrobioms kommen werde und auch vermehrt Nebenwirkungen auftreten werden. Auch seien Wirkungen auf die Spermatogenese und Wirkungen auf die Entzündungsreaktion zu erwarten, sagte Brockmeyer gegenüber dem Science Media Center.
Vielmehr sollte aus seiner Sicht über die Gonokokken-Impfung von Risikopersonen mit dem MenB-Impfstoff nachgedacht werden. So belegen Studien bei einer vollständigen MenB-4C-Impfserie eine Immunität von 30 bis 40 Prozent.
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