DIVI legt neue S2k-Leitlinie zur Diagnose und Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung vor
- Andrea Hertlein
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Die Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) hat eine neue S2k-Leitline zur „Diagnostik und Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung" vorgelegt. Besonderen Wert hat das Expertengremium auf praxisorientierte Empfehlungen entsprechend des Versorgungsablaufes gelegt.
„Wir hatten immer als Ziel vor Augen, Ärzten und Ärztinnen, Feuerwehrpersonal, Personal von Rettungsdiensten und weiterem medizinischem Assistenzpersonal dabei zu helfen, Menschen mit einer Kohlenmonoxidvergiftung besser medizinisch versorgen und die Behandlung bestmöglich planen zu können“, so Björn Jüttner, DIVI-Sprecher der Sektion Hyperbarmedizin in einer Mitteilung.
Kohlenmonoxidvergiftung zeigt unspezifische Symptome
Kohlenmonoxid kann in zahlreichen Situationen und Umgebungsbedingungen auftreten, etwa durch Feuerrauch, Kamine in Innenräumen, Silos mit großen Mengen an Holzpellets, Motorabgase und beim Gebrauch von Wasserpfeifen. Die Symptome einer CO-Vergiftung sind unspezifisch und können von Schwindel, Kopfschmerzen und Angina pectoris bis hin zu Bewusstlosigkeit und Tod reichen.
Anamnese ausschlaggebend, nicht negativer COHb-Wert
Die Diagnose einer CO-Vergiftung basiert auf den klinischen Symptomen und einer nachgewiesenen oder wahrscheinlichen Exposition gegenüber Kohlenmonoxyd. Ein negativer Carboxyhämoglobin (COHb)-Wert sollte eine CO-Vergiftung nicht ausschließen, wenn die Anamnese und die Symptome mit diesem Phänomen übereinstimmen, betonen die Leitlinienautoren. Eine verringerte Sauerstofftransportkapazität, eine Beeinträchtigung der zellulären Atmungskette und immunmodulatorische Prozesse können auch nach einer Verringerung des COHb-Wertes zu einer Schädigung des Herzmuskels und des zentralen Nervengewebes führen.
Wenn der Verdacht auf eine CO-Vergiftung besteht, sollte laut Leitlinie sofort eine Beatmung mit 100 % Sauerstoff eingeleitet werden. Da die klinischen Symptome nicht mit der COHb-Elimination aus dem Blut korrelieren, ist den Autoren zufolge die COHb-Überwachung allein für das Behandlungsmanagement ungeeignet. Insbesondere dann, wenn trotz Behandlung keine Besserung eintrete, sollte eine Neubewertung auf andere mögliche Differentialdiagnosen erfolgen.
Kontroverse Diskussion um die Anwendung der Hyperbaren Sauerstofftherapie
Kinder, Erwachsene und Schwangere mit Kohlenmonoxidvergiftung sollten einer hyperbaren Sauerstofftherapie oder einer normobaren Sauerstofftherapie mit hohen Flussraten zugeführt werden. Aufgrund der fehlenden Evidenz bleibt für die Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA), die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und die Gesellschaft für Klinische Toxikologie (GfKT) unklar, ob die hyperbare Sauerstofftherapie gegenüber der normobaren Sauerstofftherapie einen Vorteil bietet, auf lange Sicht das neurokognitive Behandlungsergebnis zu verbessern. Wegen Risiken und potenzieller Komplikationen einer hyperbaren Sauerstofftherapie bleibt die Entscheidung zur hyperbaren Sauerstofftherapie eine Individualentscheidung, lautet das Sondervotum dieser Fachgesellschaften.
„Eine Herausforderung war die kontroverse Diskussion um die Anwendung der Hyperbaren Sauerstofftherapie“, räumte Jüttner ein. Es sei wichtig gewesen, hier einen nationalen Konsens für die Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung zu erreichen. Die resultierenden Empfehlungen entsprächen dem aktuellen wissenschaftlichen Diskurs und geben den Anwendern der Leitlinie dennoch einen therapeutischen Korridor.
Zu finden ist die neue Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung" mit der Registernummer 040-012 auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Unter der Federführung der DIVI arbeiteten weitere zwölf Fachgesellschaften fünf Jahre lang an der Erstellung.
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