DiGAS 2.0 mit ärztlichem Support – ein Fallbeispiel
- Presseagentur Gesundheit (pag)
- Im Diskurs
Berlin (pag) – Digitale Helfer für chronisch Kranke – da geht mehr als Apps: zum Beispiel der Blended-Care-Ansatz, der die digitale Welt mit der analogen ärztlichen Welt verbindet. Ein Beispiel dafür ist das Versorgungsangebot OrthoHeroBKK von den Betriebskrankenkassen. Was bedeutet das für Ärztinnen und Ärzte?
Lauterbachs Vorgänger Jens Spahn (CDU) ist immer sehr stolz darauf gewesen, dass unter seiner Ägide Deutschland als „erstes Land der Welt“ (O-Ton) Apps auf Rezept eingeführt hat – die sogenannten digitalen Gesundheitsanwendungen, kurz DiGAs. An denen hat der Orthopäde Dr. Burkhard Lembeck so einiges auszusetzen. Eine Black Box seien sie. Außerdem würden sie undifferenziert ausgeschüttet nach dem Gießkannenprinzip, sagt er auf einer Online-Veranstaltung des BKK-Dachverbandes.
Auch die Krankenkassen sehen DiGAs kritisch, schließlich können die Anbieter im ersten Jahr den Preis selbst festlegen. Nach Ansicht von Stefan Weresch vom BKK Landesverband Süd widerspricht das dem Wirtschaftlichkeitsprinzip der Gesetzlichen Krankenversicherung. Vor allem, wenn die App nach einmaligem Testen zu reinem Datenmüll verkommt, weil sie nicht den Bedürfnissen des Patienten entspricht. Bezahlt wurde sie trotzdem aus den Mitteln der Solidargemeinschaft.
Mit der App alleingelassen
Beide, Weresch und Lembeck, sehen das Versorgungsangebot OrthoHeroBKK als Weiterentwicklung herkömmlicher DiGAS an, als eine Art DiGAS 2.0. Konkret handelt es sich dabei um ein Paket, dass die Bewegungstrainings-App Herodikos mit einer intensiven Betreuung durch einen Orthopäden oder eine Orthopädin bei bestimmten Rücken- und Kniebeschwerden verbindet. Die Idee: Durch die fachärztliche Betreuung werden Versicherte mit der App nicht „allein gelassen“, wenn es Probleme gibt oder das Training angepasst werden muss. Ihr Orthopäde nimmt sich neben der üblichen Behandlung zusätzlich Zeit für das Trainingsprogramm – bis zu fünf Mal innerhalb des 90-tägigen Trainings.
Das Versorgungsangebot aus der BKK-Welt basiert auf einem Selektivvertrag nach Paragraph 140a Sozialgesetzbuch V, der eine Kooperation zwischen 49 Betriebskrankenkassen und dem Bundesverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) darstellt. Der Vertrag gilt für niedergelassene Fachärzte der Orthopädie und/oder Unfallchirurgie oder Physikalische und Rehabilitative Medizin für die Indikationen Rücken- und Knieschmerzen. Ärzte können dem Vertrag beitreten, sofern ihre Kassenärztliche Vereinigung (KV) dem Vertrag beigetreten ist. Dies ist der Fall für die KVen Baden-Württemberg, Nordrhein, Westfalenlippe, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern, Hamburg sowie Berlin.
„Schlanker“ Verwaltungsaufwand
Lembeck ist Vorstand des BVOU und hat den Vertrag mitausgearbeitet. Bei der Vorstellung räumt er ein, dass Selektivverträge in der Regel einige Arbeit für die Niedergelassenen bedeuten. Bei OrthoHeroBKK habe man den Verwaltungsaufwand allerdings „möglichst schlank“ gehalten.
Er selbst hat bereits positive Erfahrungen mit dem Blended-Care-Ansatz gemacht. Es bekommen nicht wahllos alle Patienten die App verordnet, sondern nur jene, für die das Versorgungsangebot wirklich Sinn macht. Der niedergelassene Orthopäde erwähnt außerdem eine hohe Aktivierungsquote. Bei seinen Patientinnen und Patienten sei insbesondere der Fitness-Check am Anfang sehr gut angekommen. Ganz grundsätzlich findet er: „Es ist es immer besser, wenn man Versorgung gemeinsam gestaltet.“
Wie geht es weiter?
Es bleibt abzuwarten, ob solche Blended-Care-Lösungen künftig im großen Stil Schule in der Versorgungswelt machen werden. Ein Hinderniss dabei: DiGAs, die nur in Ergänzung mit der ärztlichen Betreuung beziehungsweise Therapie funktionieren, kommen nicht in das entsprechende Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Das DiGA-Verzeichnis listet alle digitalen Gesundheitsanwendungen auf, die von Ärzten auf Kassenkosten verordnet werden können, „um bei der Erkennung und Behandlung von Krankheiten oder z.B. der individuellen Umsetzung von Behandlungsprozessen“ zu unterstützen. Dass der Gesetzgeber bei dieser dirchaus innovativen Regelung nicht die kontinuierliche Vernetzung mit den Ärzten und die Integration in Versorgungsprozesse mitgedacht hat, wird von einigen Akteuren des Gesundheitswesens sehr bedauert.
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