DGS-PraxisLeitfaden Fibromyalgie soll die Diagnose erleichtern

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Im Durchschnitt dauert es sechzehn Jahre bis eine Fibromyalgie diagnostiziert wird. Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) hat nun einen PraxisLeitfaden erarbeitet, der Ärzte künftig bei der Diagnosestellung unterstützen soll.

Weniger Jahre bis zur Diagnosestellung

Die Diagnose Fibromyalgie wird noch immer noch zu spät gestellt und die Beschwerden der unter diesem speziellen Schmerzsyndrom leidenden Patienten über viele Jahre hinweg verschiedenen „Schmerzschubladen“ zugeordnet, betont die DGS. Und das, obwohl eine positive Diagnosestellung auf der Grundlage der individuellen klinischen Phänomenologie möglich gewesen wäre.

Der DGS-PraxisLeitfaden hat daher zum Ziel die wesentlichen evidenzbasierten Empfehlungen für eine symptomorientierte Diagnose bei erwachsenen Patienten mit Fibromyalgie aufzuführen, um die Dauer bis zur Diagnosestellung für Betroffene zu verkürzen.

Diagnose nach ACR-Kriterien

Die Diagnose basiert auf Diagnose-Kriterien des American College of Rheumatology (ACR). Dazu gehören im wesentlichen:

  • Körperliche Schmerztopographie: Generalisierte Schmerzen, definiert als Schmerzen in mindestens 4 von 5 Körperregionen (rechts oben, links oben, rechts unten, links unten, axial),

  • Dauer: Konstanz der Beschwerden für mindestens 3 Monate

  • Schweregrad der Symptome: Widespread Pain Index (WPI) ≥ 7 und Symptomschwere-Skala (SSS) ≥ 5 oder WPI 4–6 und SSS ≥ 9

  • Die Diagnose Fibromyalgie schließt das Vorliegen anderer klinisch wichtiger (Schmerz-) Erkrankungen nicht aus. Die Diagnose Fibromyalgie ist unabhängig von anderen Diagnosen gültig.

Neben Schmerzen leiden viele Fibromyalgie-Patienten außerdem unter Abgeschlagenheit, verminderter Leistungsfähigkeit und seelischen Belastungen. Hinzu kommen ausgeprägte Schlafstörungen mit häufigem Aufwachen und daraus folgender Tagesmüdigkeit.

Differenzialdiagnose nicht immer einfach

Die entsprechenden Kriterien lassen sich mit dem DGS-PraxisLeitfaden in kurzer Zeit erfassen. Erfüllen die Angaben eines Patienten definierte Grenzwerte, so kann bzw. sollte die Diagnose Fibromyalgie gestellt werden. Aber auch eine Reihe anderer Erkrankungen können laut DGS ein syndromales Symptomgemenge verursachen, das auf den ersten Blick wie eine Fibromyalgie erscheint, in der Regel jedoch nicht zum Vollbild der Erkrankung entsprechend dem phänomenologischen Kriterienkatalog führt.

Das Konzept der ausschließlich auf den klinischen Befunden bzw. Beschwerden der betroffenen Patienten beruhenden positiven Diagnosestellung ist in der Schmerzmedizin nicht neu, werde aber in der (schmerz-) medizinischen Regelversorgung eher selten angewandt, erläutert die DGS. Dabei helfe diese Form der Diagnosestellung nicht nur in vielen Fällen den Teufelskreis aus nicht enden wollenden diagnostischen Verfahren zu durchbrechen, sondern Betroffenen auch durch eine „positive“ Diagnose ihre Beschwerden aktiv zu bewältigen.

Informierte Patienten

Die Leitlinie richtet sich an alle haus- und fachärztlich tätigen Ärzte, Vertreter anderer Gesundheitsberufe mit einem schmerztherapeutischen Behandlungsschwerpunkt sowie erwachsene Patienten mit chronischen Ganzkörperschmerzen und Verdacht auf Fibromyalgie. „Patienten können den Leitfaden nutzen, um sich auf das Gespräch mit dem Arzt vorzubereiten, indem sie vorab den Kriterienkatalog für eine Bestandsaufnahme der eigenen Symptome nutzen“, sagt Michael A. Überall, Autor des PraxisLeitfadens und Vizepräsident der DGS. So können sie ihren Ärzten helfen, auf die richtige Spur zu kommen, die Diagnose zu stellen und danach adäquate therapeutische Maßnahmen einzuleiten.

Um Ärzte und Patienten auch in der Auswahl einer geeigneten Therapie des Fibromyalgie-Syndroms zu unterstützen, arbeitet die DGS aktuell am zweiten Teil des PraxisLeitfadens. Dieser soll im ersten Quartal des kommenden Jahres fertig gestellt werden.