Der onkologische Fall: Synkope vier Jahre nach Infarkt und Melanom-Op
- Dr. med. Thomas Kron
- Patienten-Fall
Kernbotschaften
Bei Melanom-Patienten sollte daran gedacht werden, dass der bösartige Tumor in das Herz metastasieren kann; wenn daher Patienten mit Melanom in der Anamnese kardiale Symptome entwickeln, kann die Ursache dafür zwar eine koronare Herzerkrankung sein, aber auch eine Metastase der malignen Tumors, wie die Krankengeschichte eines Mannes zeigt, die ein Team um Dr. Kalyan Ram Bhamidipati (Department of Cardiology, St Helens and Knowsley Teaching Hospitals NHS Trust, Prescot, UK) im britischen Fachmagazin „BMJ Case Reports“ schildert.
Der Patient und seine Geschichte
Bei dem Patienten handelte es sich um einen Raucher Mitte 50, der wegen einer Synkope ärztliche Hilfe aufsuchte. Vor der Synkope verspürte er starkes Herzklopfen und danach Brustschmerzen. Zudem ergab die Anamnese, dass er seit sechs Wochen unter Husten mit weißem Schleim leide. Außerdem habe der Mann angegeben, im gleichen Zeitraum 12 kg an Gewicht verloren zu haben. In der Anamnese fiel den Autoren zufolge ein Myokardinfarkt vier Jahre zuvor auf; der Mann hatte damals einen DE-Stent erhalten. Im selben Jahr sei bei ihm außerdem im Lumbalbereich ein Melanom (kein Lymphknotenbefall, keine Fernmetastasen) entfernt worden.
Die Befunde
- Unauffälliges Herzkreislauf-System
- EKG-Befund zum Zeitpunkt der Aufnahme: feste T-Wellen-Inversion in den Ableitungen III und aVF
- Troponin-Spiegel erhöht: bei Aufnahme 505 ng/l, Zunahme innerhalb von vier Stunden auf 613 ng/L (Normalbereich 0-45 ng/l)
Aufgrund der Verdachtsdiagnose eines NSTEMI Anmeldung zur Koronarangiographie
Während der Patient auf die Verlegung zur Koronarangiographie wartete, traten erneut Palpitationen auf; das EKG zeigte ventrikuläre Tachykardien, daher Kardioversion; trotz Amiodaron-Infusion zwei Tachykardie-Rezidive. Nach erfolgreicher Kardioversion CT des Brustkorbs/Abdomens und Beckens; die Befunde:
- Drei Zentimeter große Weichteilmasse in der rechten Herzspitze, in die Pleura eingedrungen
- Auch in der Lunge, der Leber, der Milz, der Gallenblase und der rechten Nebenniere maligne Absiedelungen
Kardiales MRT:
- Bestätigung des malignen Befundes
- keine Anzeichen einer frischen fokalen Myokardschädigung
- Nachweis eines rechtsventrikulären Thrombus (echokardiographisch bestätigt).
Diagnose
Die behandelnden Kardiologen kamen zu dem Schluss, dass die Herzrhythmusstörungen durch den malignen kardialen Befall verursacht wurden und nicht durch koronare Ereignisse. Die hinzugezogenen Onkologen gingen von einer Metastase des Melanoms aus.
Therapie und Verlauf
- Erfolgreiche kardiale Stabilisierung mit Amiodaron (200 mg einmal täglich) und Mexiletin (200 mg dreimal täglich)
- Tumor-Therapie: Kurz nach der Diagnose Trametinib und Dabrafenib
- Keine weiteren Episoden anhaltender ventrikulärer Tachykardien
- Anfänglich gutes Ansprechen auf die Immuntherapie, dann aber verschlechterte sich der Gesundheitszustand; der Mann starb sechs Monate nach der Erstdiagnose.
Diskussion
Das Melanom hat nach Angaben der Autoren ein hohes Metastasierungs-Potenzial; etwa ein Drittel aller Patienten entwickelt Metastasen. Von allen Neoplasien habe das Melanom die größte Neigung zur Metastasierung ins Herz; bei bis zu 50 Prozent der Melanom-Patienten mit Metastasen fänden Pathologen bei der Autopsie eine Beteiligung des Herzens.
Trotz der relativ häufigen Herz-Beteiligung werde diese vor dem Tod der Patienten oft nicht erkannt. Dies sei wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die kardialen Metastasen entweder asymptomatisch seien oder erst spät im Krankheitsverlauf aufträten, wenn es dem Patienten zu schlecht gehe, so dass ausführliche Untersuchungen nicht mehr sinnvoll seien. Wenn kardiale Metastasen symptomatisch würden, hänge die Symptomatik von ihrer Lokalisation ab: Läsionen, die das Perikard betreffen, sind im Allgemeinen klinisch am auffälligsten und verursachen häufig hämorrhagische perikardiale Ergüsse und gelegentlich eine Tamponade; Läsionen, die das Myokard betreffen, sind oft weniger symptomatisch und können zu Reizleitungsstörungen führen, aber auch, wie im vorliegenden Fall, zu atrialen und ventrikulären Arrhythmien.
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise