Der kognitive Verfall gesunder Älterer lässt sich womöglich an der Netzhautdicke abschätzen
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Die Gesamtdicke der peripapillären Nervenfaserschichten (RNFL) in der Makula des Auges ist womöglich ein Biomarker, mit dem gesunde Ältere identifiziert werden könnten, die ein erhöhtes Risiko für leichte kognitive Beeinträchtigungen oder die Entstehung der Alzheimer-Krankheit haben.
Hintergrund
Eine Hypothese besagt, dass es bei Patienten mit leichten kognitiven Störungen (MCI) und Alzheimer-Krankheit einen Zusammenhang gibt zwischen der Dicke der Netzhaut und den kognitiven Funktionen. Allerdings gibt es bisher kaum längerfristige Kohortenstudien bei gesunden Älteren.
Design
Querschnitts- und Langzeitstudie zur Assoziation zwischen der Dicke von Netzhautschichten einerseits sowie kognitiven Beeinträchtigungen und zukünftigem Verfall der kognitiven Leistung andererseits bei 430 koreanischen Individuen ab 60 Jahren (Durchschnitt 76,3), die keine ophthalmologischen Komorbiditäten hatten. 215 Teilnehmer absolvierten alle Untersuchungen in der durchschnittlich 5,4 Jahre langen Nachverfolgungszeit, wobei die kognitiven Leistungen mit der neuropsychologischen Testbatterie CERAD und der Mini-Mental State Examination (MMSE) evaluiert wurden. Die Vermessung von 6 retinalen Schichten erfolgte mit optischer Kohärenztomographie in der Makula, den peripapillären Nervenfaserschichten (RNFL) und der subfovealen Aderhaut.
Ergebnisse
- Die anfängliche Dicke der peripapillären Nervenfasern korrelierte mit dem CERAD-Wert (ß = 0,077; 95%-Konfidenzintervall 0,054 – 0,100; P = 0,04) sowie mit dem Ergebnis der MMSE (ß = 0,082; 95%-KI 0,063 – 0,101; P = 0,03).
- Probanden, deren makulare RNFL-Gesamtdicke im untersten Quartil (< 231 µm) lag, erlebten während der Nachverfolgung einen schnelleren Abfall der CERAD und MMSE-Werte (P = 0,003 bzw. 0,01).
- Unter diesen Teilnehmern fand sich außerdem eine höhere Prävalenz kognitiver Beeinträchtigungen und von Morbus Alzheimer als bei Teilnehmern mit einer RNFL-Dicke oberhalb des untersten Quartils.
Klinische Bedeutung
Die nachgewiesenen Zusammenhänge zwischen Netzhautdicke und kognitiver Leistung waren bezüglich der Geschwindigkeit des Verfalls deutlich, bei den absoluten Testwerten aber nur an der Grenze zur Signifikanz. Auch hat nur die Hälfte aller Probanden sämtliche Untersuchungen absolviert, was zu Verzerrungen geführt haben könnte. Dennoch meinen die Studienautoren, dass die RNFL-Dicke in der Makula als ein prognostischer Marker für den langfristigen kognitiven Verfall bei Menschen ab 60 Jahren dienen könnte.
Finanzierung: Seoul National University Bundang Hospital, Wissenschaftsministerium und Gesundheitsministerium Südkorea.
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