Dänische Forscher kartieren die Folgediagnosen von Psychiatriepatienten

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Innerhalb von 10 Jahren nach einer ersten psychiatrischen Diagnose wird fast der Hälfte aller Patienten in Fachkrankenhäusern eine weitere psychiatrische Diagnose gestellt. Besonders häufig geschieht dies nach einer ersten psychotischen oder manischen Episode. Die Sterberate ist stark erhöht bei anhaltenden wahnhaften Störungen und bei psychischen Störungen durch Alkohol.

Hintergrund

Die Vorhersage des zukünftigen Verlaufs nach einer ersten psychiatrischen Diagnose wurde bislang überwiegend in einzelnen Studien für jeweils separate Krankheitsentitäten versucht. Eine umfassende und lückenlose „Landkarte“ der Folgediagnosen setzt ebenso lückenlose, detaillierte und nachverfolgbare medizinische Aufzeichnungen voraus, wie sie in der vorliegenden Studie in Dänemark erfasst werden.

Design

Kohortenstudie anhand des dänischen Nationalen Patientenregisters mit 184949 erwachsenen Patienten (58,3 % Frauen, Durchschnittsalter 42,5 Jahre), die ambulant oder stationär mit einer psychiatrischen Klinik des Landes Kontakt hatten, und dabei zwischen 1995 und Ende 2008 eine der 20 häufigsten psychiatrischen Erstdiagnosen gemäß ICD-10 erhielten. Als Outcomes wurden während 10 Jahren Nachverfolgung für jede Erstdiagnose wiederum die 20 häufigsten Folgediagnosen (jeweils mindesten 6 Monate andauernd), sowie die Todesfälle erfasst.

Ergebnisse

  • Annähernd die Hälfte der Patienten (46,9 %) hatte in der 10-jährigen Nachverfolgungszeit eine psychiatrische Diagnose, die sich von der Erstdiagnose unterschied.
  • Die häufigsten Erstdiagnosen (%) waren:
    • F43 – Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (25,0 %)
    • F32 – Depressive Episode (22,5 %)
    • F10 – Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol (8,8 %)
    • F33 – Rezidivierende depressive Störung (8,0 %)
    • F60 – Spezifische Persönlichkeitsstörungen (7,8 %)
  • Es verstarben 17,6 % aller Patienten in der Nachverfolgungszeit. Am höchsten war der Anteil bei:
    • F22 – Anhaltende wahnhafte Störungen (44,4 %)
    • F10 – Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol (30,7 %)
    • F32 – Depressive Episode (27,5 %)
    • F30 – Manische Episode (26,6 %)
    • F11 – Psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide (25,4 %)
  • Die Gesamtzahl der psychiatrischen Diagnosen in der Folgezeit betrug durchschnittlich 0,69 / Patient. Am höchsten war sie nach den Erstdiagnosen einer akuten vorübergehenden psychotischen Störung (F23 / 1,28), einer manischen Episode (F30 / 1,19) Störungen durch multiplen Substanzgebrauch (F19 / 1,13) und Störungen durch Cannabinoide (F12 / 1,09).

Klinische Bedeutung

Die systematische Auswertung der Diagnosestellungen in psychiatrischen Kliniken Dänemarks ergibt ein komplexes Abbild der wahrscheinlichen Krankheitsverläufe nach einer gegebenen Erstdiagnose. Dies wird exemplarisch anhand von farblich kodierten Visualisierungen dargestellt sowie in Tabellenform mit adjustierten Chancenverhältnissen, die für Kliniker eine wertvolle Referenz darstellen könnten. Als Einschränkung verweisen die Autoren darauf, dass ihre Daten vermutlich nicht repräsentativ für die Allgemeinbevölkerung sind, weil weniger schwer erkrankte Patienten womöglich auch in Allgemeinkrankenhäusern versorgt wurden.

Finanzierung: Mental Health Services of the Capital region of Denmark.