COVID-19: Mehr systemische Nebenwirkung nach Impfung bei Skepsis und schlechten Erfahrungen
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Eine negative Erwartungshaltung und frühere schlechte Erfahrungen führen offenbar bei der zweiten Impfung mit mRNA-Impfstoffen zu einem deutlichen Nocebo-Effekt.
Hintergrund
Placebo- und Noceboeffekte sind von den unterschiedlichsten Therapien bekannt, und dürften auch bei der Impfung gegen SARS-CoV-2 eine Rolle spielen. Hier wurde nach möglichen Assoziationen zwischen positiven und negativen Erwartungen bezüglich systemischer Nebenwirkungen bei Personen gefragt, die ihre zweite Impfdosis erhalten haben.
Design
Prospektive Kohortenstudie mit 1678 von 7771 Erwachsenen, die einem öffentliche Impfzentrum in Hamburg im August 2021 ihre 2. Dosis eines mRNA-Impfstoffes erhalten hatten, und um ihre Teilnahme gebeten wurden. Das mediane Alter hatte 34 Jahre betragen, 51,4 % der Responder waren Frauen und als Vakzine hatten ca. 3/4 den Impfstoff von BioNTec erhalten, und 1/4 den von Moderna.
Unter den angesprochenen Personen hatten 5370 nicht geantwortet, 535 unvollständige Informationen gegeben, und 188 waren retrospektiv ausgeschlossen worden. Die Datenerfassung erfolgte mit der Handy-App m-Path, auf der Fragen erstmals während der Wartezeit unmittelbar nach der Impfung beantwortet werden, dann um 21:00 abends am gleichen Tag, sowie jeweils um 18:00 an den Tagen 2 – 7.
Erfasst wurden Ganzkörperreaktionen wie Gliederschmerzen, Fieber, Schüttelfrost, Diarrhoe, Kopf- und Herzschmerzen, Fatigue und Erbrechen, aber nicht die allergischen Reaktionen unmittelbar nach der Impfung. Primäres Studienziel war ein Kompositwert aus den insgesamt 12 abgefragten Symptomen.
Ergebnisse
- Das Risiko für schwerere Nebenwirkungen war größer bei Personen, die sich von der Impfung einen geringeren Nutzen versprachen. Das Chancenverhältnis OR wurde für jene mit höheren Erwartungen angegeben und mit 0,72 geschätzt (95%-Konfidenzintervall 0,63 – 0,83; P < 0,001).
- Studienteilnehmer, die stärkere Nebenwirkungen erwarten, verspürten diese auch: OR 1,39 (95%-KI 1,23 – 1,58; P < 0,001).
- Auch jene, die bei der ersten Impfung stärkere Symptome verspürt hatten, berichteten nun mehr Nebenwirkungen: OR 1,60 (95%-KI 1,42 – 1,82; P < 0,001).
- Schließlich wurden schwere Nebenwirkungen häufiger nach Verimpfung der Moderna-Vakzine berichtet als nach der BioNTec-Vakzine: OR 2,45 (95%-KI 2,01 – 2,99; P < 0,001).
Klinische Bedeutung
Wenig überraschend fand diese Studie mehrfach Nocebo-Effekte bei der Impfung gegen SARS-CoV-2. Eine Verzerrung der Ergebnisse ist zwar angesichts des sehr hohen Anteils an Nicht-Respondern und von der Studie ausgeschlossenen Personen nicht auszuschließen. Dennoch schreiben die Autoren, dass die Nocebo-Effekte womöglich durch ein „Erwartungsmanagement“ reduziert werden könnten.
Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft.
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