COVID-19-Genesene: Das Reinfektionsrisiko ist bei der Omikron-Variante deutlich höher als bei Beta und Delta
- Dr. Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Sollte sich die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 weiter ausbreiten, wäre der Schutzeffekt durch frühere Infektionen deutlich reduziert. Das Reinfektionsrisiko ist mindestens um den Faktor 2,4 höher als bei den bisher kursierenden Virusvarianten. Die Annahme eines zeitweiligen Immunschutzes durch frühere Infektionen gilt zwar für die bislang dominierenden SARS-CoV-2-Viren wie aktuell für die Delta-Variante mit 99 % der Infektionen in Europa. Bei der Omikron-Variante aber ist dies derzeit unklar.
Hintergrund
Am 9. November diesen Jahres haben südafrikanische Forscher die Variante „Omikron“ von SARS-CoV-2 beschrieben (1). Die Isolierung und Charakterisierung der Variante lief zeitlich parallel zu einem starken Anstieg der täglich gemeldeten Neuinfektionen. Die Infektionszahlen verdoppeln sich derzeit in dem Land durchschnittlich alle 1,2 Tage (2; zit. nach [3]). Da dies in einer Population mit einem hohen Anteil von bereits früher Infizierten und vergleichsweise wenig Geimpften geschieht, ist es naheliegend, die aktuelle Pandemiewelle auf die Reinfektionsrate hin zu untersuchen. Dies ist auf Basis der nationalen Surveillance-Daten von Südafrika geschehen (4).
Design
- retrospektive Analyse der nationalen Surveillancedaten aus Südafrika für die Zeit vom 04. März 2020 und 27 November 2021
- Untersuchungskriterium war der Anteil der Personen mit einem positiven SARS-CoV-2-Test maximal 90 Tage nach einer früheren laborgesicherten SARS-CoV-2-Infektion
Hauptergebnisse
- Von Anfang März 2020 bis 27. November 2021 sind in Südafrika 2.796.982 SARS-CoV-2-Infektionen gemeldet worden, sie sind labordiagnostisch gesichert (PCR-Test).
- Davon hatten 35.670 Personen bereits mindestens 1 Infektion in der Vergangenheit, 332 Personen bereits mindestens 2 frühere Infektionen im 90-Tageszeitraum und 1 Person mindestens 3 frühere Infektionen, für diese Person war es also die 4. Infektion innerhalb von 3 Monaten nach der 3. Infektion.
- Die geschätzte Reinfektionsrate war in der 2. Pandemiewelle, in der die Beta-Variante dominierte, niedriger als in der ersten Welle mit dem Wildtyp als dominierendem Virus (Hazard Ratio [HR] für Reinfektion: 0,75; 95-%-KI: 0,56–0,92) und in der 3. Pandemiewelle mit der Delta-Variante als dominierendem Virus ebenfalls geringer als in der 1. Welle (HR: 0,71 (95-%-KI: 0.59–0.97).
- Anders in der 4. Welle der Pandemie ab dem 1. November, in der der Anteil der Omikron-Variante (B.1.1.529/21K) in Südafrika rasch zunimmt. Die Reinfektionsrate wird nun bereits auf 2,39 (95-%-KI: 1,88–3,11) im Vergleich zur 1. Welle mit dem Wildtyp-Virus geschätzt.
- Dies deute daraufhin, dass Omikron eine Immunfluchtmutante sei, so die Forscher. Die Rate der Reinfektionen sei mehr als verdoppelt im Vergleich zum Wildtyp und auch zu den Varianten Beta und Delta.
Klinische Bedeutung
Die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 ist mit einer Reproduktionsrate von 6,3 in Südafrika nicht nur ansteckender als die Delta-Variante mit einem R-Wert von circa 5. Sie ist auch mit einer mehr als doppelt so hohen Reinfektionsrate im Vergleich zum Wildtyp-Virus assoziiert.
Bereits jetzt ist die Omikron-Variante in allen sechs WHO-Regionen (38 Länder) inklusive Deutschland und 12 anderen Ländern der EU isoliert worden. Es habe einige Super-Spreader-Ereignisse gegeben wie zuletzt in Norwegen; vermutlich werde die Verbreitung der Omikron-Variante derzeit deutlich unterschätzt, so die WHO (1).
Sollte die Omikron-Variante tatsächlich einen so hohen Wachstumsvorteil vor der Delta-Variante haben wie die vorläufigen Daten vermuten ließen, sei mathematischen Modellen zufolge mit einer raschen Dominanz zu rechnen, so die Weltgesundheitsorganisation. Wie sich dies auf den Schutz durch Vakzinierung auswirke, sei unklar.
Finanzierung: öffentliche Mittel
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise