COVID-19: Erfolgsmeldung zu einem „Omikron“-Impfstoff und Neues zu Neuro-COVID
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Das US-Unternehmen Moderna hat positive Studien-Daten zu einem mRNA-Impfstoff gemeldet, der an die Omikron-Variante des Corona-Virus angepasst ist. Laut einer Mitteilung von Moderna erhöht der experimentelle Impfstoff mit der Bezeichnung „mRNA-1273.214“ die Zahl der gegen Omikron gerichteten Antikörper stärker als der verfügbare mRNA-Impfstoff des US-Unternehmens.
An der Studie nahmen laut Moderna 814 Erwachsene teil, die bereits drei Dosen Spikevax erhalten hatten. Etwa die Hälfte bekam eine vierte Dosis, die zweite Gruppe bekam eine Dosis des neuen Impfstoffs. Bei den 437 Studienteilnehmern, die die neue mRNA-Vakzine erhalten hätten, seien durchschnittlich höhere Antikörper-Titer gegen die Omikron-Variante festgestellt worden als bei den Teilnehmern der Kontrollgruppe. Moderna wie auch Biontech, das ebenfalls einen solchen Impfstoff entwickelt, hoffen, dass ihre an Omikron angepassten Vakzine im kommenden Herbst verfügbar seien werden.
Interaktive Orientierungshilfe zur COVID-19-Therapie veröffentlicht
Die federführenden Fachgesellschaften der S3-Leitlinie zur stationären Therapie von COVID-19-Patienten haben gemeinsam mit der Fachgruppe Intensivmedizin, Infektiologie und Notfallmedizin (COVRIIN) eine Online-Entscheidungshilfe entwickelt.
Das Online-Tool berücksichtigt einer Mitteilung zufolge die zeitliche Phase der COVID-Erkrankung, die aktuelle respiratorische Unterstützung, Risikofaktoren des Patienten sowie dessen Impfstatus. „Unser gemeinsames Ziel war es, den Kollegen in der direkten Patientenversorgung eine interaktive und einfache Entscheidungshilfe an die Hand zu geben“, sagt Professor Christian Karagiannidis, medizinisch-wissenschaftlicher Leiter des DIVI-Intensivregisters, Präsident der DGIIN und Leiter des ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim.
Die Arbeitsgruppe wird der Mitteilung zufolge in den kommenden Wochen und Monaten das Tool regelmäßig aktualisieren. „Es wird eine fortlaufende Bewertung und Weiterentwicklung der Empfehlungen geben“, so Karagiannidis.
Neuro-COVID: strukturelle Schäden in der weißen Substanz festgestellt
Bei Menschen, die an COVID-19 gestorben sind, werden im Gehirn histologisch häufig entzündliche Veränderungen der weißen Substanz nachgewiesen, im zerebralen MRT sind dagegen selbst bei neurologischen Symptomen oft keine Auffälligkeiten zu sehen. Freiburger Wissenschaftler haben nun mit einer speziellen Bildgebungstechnik (DMI) ausgedehnte mikrostrukturelle Veränderungen in der weißen Substanz identifizieren können, die offenbar bedingt durch Flüssigkeitsverschiebungen sind. Möglicherweise führten diese zu kognitiven Beeinträchtigungen, heißt es dazu in einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Die Ergebnisse dürften aber nicht auf Long-COVID extrapoliert werden.
Verschiedene neurologische Komplikationen (akut, subakut oder chronisch verlaufend) wurden in den letzten zwei Jahren bei Menschen mit einer COVID-19-Erkrankung beschrieben. Oft finden sich pathologische Befunde im CT und MRT, die aber nicht COVID-19-spezifisch sind, sondern typisch für die Art der Komplikation – meistens Gefäßkomplikationen (am häufigsten ischämische Schlaganfälle, aber auch Thrombosen, Blutungen etc.). Bei subakuten Störungen sind vor allem Mikroblutungen und Leukenzephalopathien nachweisbar, schwieriger oder oft gar nicht in der Bildgebung zu erfassen sind Korrelate von kognitiven Störungen.
Im Zusammenhang mit subakuten, kognitiven Funktionsbeeinträchtigungen, deren Ursachen in frontoparietalen Gehirnbereichen zu suchen sind, wurde von der Freiburger Arbeitsgruppe in der Positronenemissionstomographie eine verminderte Glukose-Verstoffwechselung beschrieben. Als mögliche pathophysiologische Erklärung des Phänomens wurden im Gehirn von gestorbenen COVID-19-Patienten mikrostrukturelle Veränderungen mit Aktivierung von Mikroglia und Astrozyten gefunden Auffällig war, dass die weiße Substanz davon stärker betroffen war als die graue, so dass die Hypothese aufgestellt wurde, dass eine Entzündungsreaktion der Nervenfasern der weißen Substanz die Funktion der angeschlossenen Hirnrindenbereiche beeinträchtigen könnte, was wiederum zu dem verminderten Glukosemetabolismus und den entsprechend lokalisierten kognitiven Störungen passen würde. Auf entzündliche Veränderungen der weißen Substanz, die in postmortalen Gewebeuntersuchungen beschrieben wurden, ergaben sich in bisher durchgeführten MRT-Studien keine Hinweise.
Um diese Lücke zwischen den zerebralen MRT-Befunden und der postmortalen Gewebeuntersuchung zu schließen, haben die Freiburger Forscher in einer klinischen Studie die Mikrostruktur der weißen Substanz mittels DMI („diffusion microstructure imaging“) dargestellt. Die DMI kann kleinste Volumenverschiebungen zwischen den unterschiedlichen Kompartimenten verschiedener Gewebe erkennen. In ihrer Studie wurden 20 hospitalisierte COVID-19-Betroffene (Durchschnittsalter 57,3 Jahre) mit neurologischen Symptomen (z. B. Delir, Hirnnervenlähmungen) und kognitiven Störungen in der subakuten Erkrankungsphase (29 Tage nach positivem PCR-Test) mittels DMI untersucht. 70% (14/20) hatten im „Montreal Cognitive Assessment“ (MoCA-Test) Werte unterhalb des Cut-off-Wertes (<26/30 Punkte), der Mittelwert betrug 22,4 Punkte. Ein Vergleich der DMI-Parameter der gesamten weißen Substanz mit einer gesunden Kontrollgruppe (n=35) zeigte bei den Kranken eine ausgedehnte Volumenverschiebung aus dem intra- und extraaxonalen Raum in die perivaskulären Räume. Diese COVID-assoziierte Veränderung betraf praktisch das gesamte Großhirn. Das Ausmaß der Flüssigkeits-Umverteilung der weißen Substanz war signifikant mit den kognitiven Störungen (MoCA-Ergebnisse) assoziiert (p=0,006), aber nicht mit Störungen des Geruchssinns. Außerdem gab es eine (allerdings nicht-signifikante) Assoziation zwischen Flüssigkeitsverschiebung und Interleukin-6-Spiegeln, was für eine durch die systemische Entzündungsreaktion getriggerte Störung spricht. Die Ausprägung und Lokalisation der Flüssigkeitsverschiebung korrelierten auch mit den metabolischen Mustern im 18F-FDG PET.
PD Dr. Jonas Hosp, Freiburg, Letztautor der Studie, rät allerdings zur Vorsicht, wenn es darum geht, diese Ergebnisse auf Long-COVID zu extrapolieren: „Die Studie hat Patientinnen und Patienten im subakutem Stadium untersucht, die aufgrund der Krankheitsschwere stationär behandelt werden mussten und durch neurologischen Symptome auffällig wurden. Ob die hier festgestellten pathophysiologischen Prozesse auch für das Post-COVID-Syndrom eine Rolle spielen, muss sich erst noch zeigen. Beim Post-COVID-Syndrom ist die akute Infektion ja häufig milde und die Beschwerden treten mit einer gewissen Latenz zur Infektion auf.“
Long COVID: abnorme Eiweiße wie bei „Alzheimer und Parkinson“
Ein Wissenschaftler-Team der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) hat im Tierexperiment nachgewiesen, dass sich nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion die Proteinstruktur der Nervenzellen im Gehirn verändert. Das Team um Prof. Dr. Franziska Richter Assencio fanden Anhäufungen zur Fehlfaltung neigender und in ihrer Struktur veränderter Proteine, wie sie von Alzheimer- und Parkinson-Patienten bekannt sind. Diese Ansammlungen könnten laut einer Mitteilung zu neurologischen Störungen führen und beispielsweise die Konzentrations- und Gedächtnisstörungen erklären, über die viele Long-COVID-Betroffene klagen. Außerdem wies das Forschungsteam zu Beginn der Infektion eine Aktivierung von Mikrogliazellen nach, den Immunzellen des Gehirns, die, nachdem die Symptome abgeklungen waren, noch vorhanden war.
Die Forscher untersuchten die Gehirne Syrischer Goldhamster, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren, während und nach überstandener Infektion. „Für die Phase der akuten Infektion konnten wir zeigen, dass durch SARS-CoV-2 im Epithel der Nasenhöhle und im Riechkolben des Gehirns Zellen der Immunabwehr aktiviert werden“, so Richter Assencio. „Bemerkenswert ist die starke Aktivierung von Mikrogliazellen im Gehirngewebe, also der lokalen Immunabwehr, welche auch 14 Tage nach der Infektion noch vorhanden war.“ Als die Infektion bereits abgeklungen war, fanden die Wissenschaftler die zur Fehlfaltung neigenden Alpha-Synuclein-Proteine und in ihrer Struktur veränderte Tau-Proteine in gehäufter Form in den Nervenzellen der Großhirnrinde. „Dass nicht alle Hirnregionen betroffen waren, ist eine wichtige Erkenntnis. Das deutet auf eine selektive Empfindlichkeit hin wie sie für neurodegenerative Erkrankungen charakteristisch ist“, wird Richter Assencio in der Mitteilung zitiert
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