COVID-19: Anstieg von Depressionen und Angststörungen weniger stark als gedacht?
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Die telefonische Befragung von mehr als 1,4 Millionen US-Bürgern deutet darauf hin, dass der Zuwachs in der Prävalenz von Depressionen und Angststörungen in der COVID-19-Pandemie womöglich überschätzt wird. Der Unterschied betrug lediglich 0,3 Prozentpunkte, war aber in verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterschiedlich ausgeprägt.
Hintergrund
Zahlreiche Medienberichte vermitteln den Eindruck, dass Angststörungen und Depressionen im Gefolge der COVID-19-Pandemie massiv zugenommen hätten – teilweise wurde der Faktor 8 genannt. Zu einem Großteil beruhen diese Angaben jedoch auf Online-Umfragen, deren Rücklaufraten entweder extrem niedrig waren, oder gar nicht berichtet wurden.
Design
Um Trends bei klinisch signifikanten Angststörungen und Depressionen in der erwachsenen US-Bevölkerung zu untersuchen, stützen sich die Autoren auf ein kalibriertes Screening anhand der Ergebnisse des US Centers for Disease Control and Prevention Behavioral Risk Factor Surveillance System (BRFSS). Wie die Autoren betonen handelt es sich bei diesen monatlich durchgeführten Telefonumfragen um die einzige vergleichende Analyse der US-Regierung, die eine feste Bezugsgröße hat, und die nicht durch die COVID-19-Pandemie unterbrochen wurde. Verglichen wurden die Ergebnisse von mehr als 1,4 Millionen Befragten für die Zeiträume März – Dezember 2020 und die gleichen Monate 2017 – 2019.
Ergebnisse
- Median beantworteten in den beiden Untersuchungszeiträumen etwa 47 % der Angerufenen die gestellten Fragen.
- Die geschätzte 30-Tage-Prävalenz klinisch signifikanter Angststörungen und Depressionen lag während des Pandemie-Zeitraumes bei 12,4 % gegenüber 12,1 % in den Jahren 2017 – 2019. Die Differenz hatte ein 95%-Konfidenzintervall von 0,0 – 0,7 Prozentpunkten.
- Der Zuwachs beschränkte sich auf Studenten (2,4 Prozentpunkte) und Angestellte (0,9 Prozentpunkte). Dagegen sank die Prävalenz bei Kurzzeitarbeitslosen (-1,8), und Arbeitsunfähigen (- 4,2). Keine signifikanten Unterschiede gab es bei Langzeitarbeitslosen, Hausfrauen und -männern und Rentnern.
- Beim Vergleich der Bundesstaaten zeigten sich größere Zuwächse in der Häufigkeit von Depressionen und Angststörungen bei höheren Sterberaten durch COVID-19.
Klinische Bedeutung
Die telefonische Befragung von US-Bürgern deutet darauf hin, dass die Häufigkeit von Depressionen und Angststörungen während der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 weniger stark zugenommen hat, als dies aus Online-Umfragen hervorgeht. Die Autoren weisen aber darauf hin, dass möglicherweise manche Bevölkerungsgruppen besonders stark betroffen sind, und dass die Zunahme der psychischen Störungen in den Jahren 2021 und 2022 größer geworden sein könnte.
Finanzierung: Keine.
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