Chronischer Husten in der Primärversorgung

  • Cristina Ferrario
  • Medizinische Nachrichten
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Chronischer Husten stand im Mittelpunkt des Kongresses der European Respiratory Society (ERS) mit dem Titel " Erkrankungen, bei denen wir es in der Primärversorgung nur mit der Spitze des Eisbergs zu tun haben: Häufig falsch behandelte Erkrankungen in der medizinischen Grundversorgung".

"Wenn es um chronischen Husten geht, fühlen sich Hausärzte oft verloren", sagte Miguel Román Rodríguez, Hausarzt und außerordentlicher Professor für Familienmedizin an der University of the Balearic Islands School of Medicine in Palma auf Mallorca, Spanien, und einer der Vorsitzenden der Sitzung, gegenüber Medscape.

"Hausärzte spielen eine zentrale Rolle bei der Diagnose von Krankheiten wie chronischem Husten. Wir bringen etwas mit, was die Spezialisten nicht haben: das Wissen über den Kontext, die Familie und die Vorgeschichte", so die zweite Vorsitzende der Tagung, Hilary Pinnock, Hausärztin und Professorin für Respiratorische Medizin in der Primärversorgung an der Universität von Edinburgh, Schottland.

Die Vielschichtigkeit des chronischen Hustens verstehen

Imran Satia, Assistenzprofessor an der McMaster University in Hamilton, Ontario, Kanada, führte die Teilnehmer der Tagung in Mailand, Italien, durch eine umfassende Betrachtung des chronischen Hustens. Als erstes ging er auf die Definition der Krankheit ein und betonte, dass sie durch ihre Dauer definiert wird, wobei chronischer Husten in der Regel länger als 8 Wochen andauert. Satia wies auf häufige Ursachen für chronischen Husten hin, darunter Asthma, Nasenerkrankungen und Refluxkrankheiten.

Im Hinblick auf die Epidemiologie verwies er auf eine Metaanalyse, die eine weltweite Prävalenz von etwa 10% in der erwachsenen Bevölkerung mit erheblichen regionalen Unterschieden ergab: die Bandbreite reicht von 18,1% in Australien bis 2,3% in Afrika. In der Canadian Longitudinal Study on Aging (CLSA) wurde eine Gesamtprävalenz von 16% bei Studienbeginn festgestellt. "Der häufigste Risikofaktor war das Rauchen, aber auch bei Nichtrauchern lag die Prävalenz bei 10%", fügte Satia hinzu und betonte, dass sie mit dem Alter zunimmt und abhängig vom Ort ist. "Die häufigsten Begleiterkrankungen waren Herzinsuffizienz und Bluthochdruck, aber auch chronische Schmerzen, Stimmungsschwankungen und Angstzustände", erklärte er.

Die psychische Gesundheit wurde als entscheidender Faktor für chronischen Husten identifiziert, wobei sich psychische Belastungen und depressive Symptome als Risikofaktoren für die Entwicklung von chronischem Husten innerhalb der nächsten drei Jahre herausstellten und zu einem um 20% erhöhten Risiko beitrugen.

Wirksame Management-Strategien mit Hilfe von Algorithmen

Satia schlug die Verwendung von Algorithmen vor, um die Behandlung von Patienten mit chronischem Husten in der Primärversorgung zu unterstützen. Er stellte einen kanadischen Algorithmus vor, der spezifische Empfehlungen sowohl für die Primär- als auch für die Sekundärversorgung bietet.

Der erste Schritt des Algorithmus, die Erstuntersuchung, beinhaltet eine umfassende Beurteilung der

  • Hustenanamnese (Dauer, Schwere, Auslöser, Art, Ort),
  • der kardiorespiratorischen, gastrointestinalen und nasalen Symptome sowie
  • der Verwendung von Angiotensin-konvertierenden Enzyminhibitoren und
  • des Raucherstatus.

Schritt 2 des Algorithmus konzentriert sich auf Behandlungsoptionen, die auf bestimmte Diagnosen wie z. B. Asthma oder chronisch obstruktive Lungenerkrankung zugeschnitten sind. Satia mahnte zur Vorsicht und betonte, dass eine Behandlung nur dann eingeleitet werden sollte, wenn es Anzeichen für diese Erkrankungen gibt. Darüber hinaus riet er dazu, frühzeitig an ein Hustenüberempfindlichkeitssyndrom zu denken, wenn Patienten auf geringe mechanische Reize mit Husten reagieren.

Bei der Anamnese das Gesamtbild eines Patienten im Blick haben

Besonders hervorgehoben wurden wichtige diagnostische Tests wie Röntgenaufnahmen des Brustkorbs (zur Überprüfung struktureller Erkrankungen), ein vollständiges Blutbild und eine Spirometrie (mit oder ohne Reversibilität durch Bronchodilatatoren). 

Die Kriterien für eine dringende Überweisung umfassten Symptome wie 

  • Bluthusten,
  • Gewichtsverlust,
  • Fieber oder
  • auffällige Röntgenbefunde der Brust.

"Bei der Überprüfung der Hustenanamnese sollten Hausärzte immer Faktoren wie das Vorhandensein von trockenem oder produktivem Husten, die psychische Gesundheit, chronische Schmerzen, Schlaganfall und Schluckbeschwerden berücksichtigen", sagte Satia. 

Er betonte, wie wichtig es sei, die Auswirkungen des chronischen Hustens auf die Lebensqualität, das Arbeitsleben, das soziale Leben und das Familienleben zu dokumentieren. "Das ist etwas, wonach die Ärzte manchmal nicht fragen. Sie denken vielleicht, dass dies keine großen Probleme sind, aber die Anerkennung ihrer Bedeutung kann den Patienten helfen", fügte er hinzu.

Aktuelle Behandlungen und Zukunftsaussichten 

Satia gab einen Überblick über die bestehenden Behandlungsmethoden für chronischen Husten und erläuterte ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. So ist beispielsweise die Logopädie ein vom Patienten selbst gesteuerter Ansatz, der keine Nebenwirkungen hat, aber Herausforderungen in Bezug auf den Zugang, die Kosten und die Motivation der Patienten mit sich bringt. Andererseits bietet niedrig dosiertes Morphin schnelle Linderung, ist aber mit Problemen wie Übelkeit, Stigmatisierung und Obstipation verbunden.

Mit Blick auf die Zukunft stellte Satia die Ergebnisse der Phase-3-Zulassungsstudien COUGH-1 und COUGH-2 vor, in denen der orale, peripher wirkende P2X3-Rezeptor-Antagonist Gefapixant untersucht wurde. Dieses Medikament, das derzeit in der Schweiz und in Japan zugelassen ist, zeigte im Vergleich zu Placebo eine signifikante Verringerung der Hustenhäufigkeit mit schneller und anhaltender Wirkung. 

"Die geschätzte relative Reduktion für 45 mg betrug 18,45% in COUGH-1 (12 Wochen) und 14,64% in COUGH-2 (24 Wochen). Bemerkenswert ist, dass die Hustenreduktion mit Gefapixant sehr schnell und nachhaltig ist, aber in der Placebo-Gruppe eine Reduktion um 40% beobachtet wird", kommentierte Satia.

Die Experten betonten einstimmig, wie wichtig für Spezialisten und Hausärzte eine wirksame Kommunikation unter Einbeziehung der Patienten und ihrer Familien bei der Behandlung von chronischem Husten ist.

"Als Allgemeinmediziner sind wir wichtig, um die allgemeinen Probleme zu behandeln, aber wir sind auch wichtig, um die Nadel im Heuhaufen zu finden: Das ist extrem schwierig und herausfordernd, und wir brauchen die Unterstützung unserer Kollegen", schloss Pinnock.

Satia erhielt finanzielle Unterstützung von Merck MSD, AstraZeneca und GSK, Beratungshonorare von Merck MSD, Genentech und Respiplus sowie Referentenhonorare von AstraZeneca, GSK und Merck MSD. 

Der Beitrag erschien im Original auf medscape.com