Chronisch entzündliche Darmkrankheiten: Gute Compliance bei Therapie mit Vedolizumab

  • Becky McCall
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Vedolizumab, ein monoklonaler Antikörper, weist im Vergleich zu zwei Tumornekrosefaktor-Inhibitoren (Anti-TNF, TNFi) sowohl bei Morbus Crohn als auch bei Colitis ulcerosa eine höhere 1- und 2-Jahres-Persistenz auf, so das Ergebnis einer Metaanalyse. Das Ergebnis betrifft hauptsächlich bionaive Patienten; der Vorteil von Vedolizumab gegenüber den beiden TNFis- Infliximab und Adalimumab - war bei Colitis ulcerosa deutlicher als bei Morbus Crohn. "Es hat den Anschein, dass die Patienten die Behandlung mit Vedolizumab eher beibehalten als mit Infliximab oder Adalimumab, insbesondere bei bionaiven Patienten, was entweder auf eine bessere Verträglichkeit der Behandlung oder auf ein besseres Ansprechen hindeuten könnte", so Dr. Tsz Hong Yiu (Universität Sydney) auf dem Jahreskongress der European Crohn's and Colitis Organisation.

Die Daten der 2-Jahres-Nachbeobachtung seien besonders ermutigend, so Yiu, da sowohl bei Colitis ulcerosa als auch bei Morbus Crohn mehr Patienten die Behandlung mit Vedolizumab fortgesetzt hätten als mit beiden Anti-TNF-alpha-Medikamenten zusammen.

In einem direkten Vergleich nahmen bei der 1-Jahres-Nachbeobachtung sowohl bei Colitis ulcerosa als auch bei Morbus Crohn 15 % mehr Patienten weiterhin Vedolizumab ein als Anti-TNF-alpha-Medikamente insgesamt (Risk Ratio 1,15). Bei der Nachbeobachtung nach 2 Jahren führten 12 % mehr Patienten die Therapie mit Vedolizumab fort als mit Anti-TNF-alpha-Medikamenten insgesamt (RR 1,12), wiederum für beide Formen der chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED).

"Dies könnte erste Anhaltspunkte dafür liefern, dass Vedolizumab als biologisches Erstlinientherapeutikum für stationäre Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen geeignet ist", sagte Yiu und wies darauf hin, dass weitere Untersuchungen erforderlich seien, um die Korrelation zwischen Persistenz und klinischer Wirksamkeit zu validieren.

Der Erstautor der Studie, Dr. Rupert Leong, Gastroenterologe am Concord RepatriaKon General Hospital in Sydney, erläuterte die Motivation für die Studie: "Wir wollten das Medikament mit der höchsten Effektivität ermitteln, d. h. den realen Nutzen des Medikaments für die Patienten, und nicht die Wirksamkeit, die sich auf klinische Studiendaten bezieht. Wichtig ist, dass die Daten aus klinischen Studien in der Regel nur ein Jahr umfassen, wohingegen die Daten aus Persistenzstudien oft über mehrere Jahre gesammelt werden. Dies ist bei chronischen Krankheiten, die Patienten über mehrere Jahrzehnte hinweg beeinträchtigen können, von Bedeutung, da der wahre Nutzen eines Arzneimittels nicht aus einer kurzfristigen klinischen Studie abgeleitet werden kann", erklärte Leong.

Die Persistenz wurde als primärer Endpunkt gewählt, weil sie ein Maß für die Wirksamkeit und das Nebenwirkungsprofil eines Medikaments ist, aber auch für die Perspektive des Patienten, fügte Dr. Yiu hinzu. "So kann ein Patient leichte Nebenwirkungen über die Wirksamkeit der Behandlung stellen und beschließen, die Behandlung abzubrechen".

Eine frühere Meta-Analyse, die sich mit dem Verlust des Ansprechens befasste, ergab, dass 33 % der Patienten, die Infliximab einnahmen, und 41 % der Patienten, die Adalimumab einnahmen, nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von einem Jahr gegen die Biologika resistent wurden. "Die häufigste Ursache für den Verlust des Ansprechens auf Anti-TNF-Hemmer ist die Immunogenität", bemerkte Yiu. "Diese Ergebnisse legen nahe, dass alternative Biologika mit hoher Wirksamkeit in Betracht gezogen werden sollten."

Die Daten der VARSITY-Studie aus dem Jahr 2019 bildeten auch die Grundlage für die Entscheidung der Wissenschaftler, eine Real-World-Studie durchzuführen. Die Forscher der VARSITY-Studie stellten fest, dass Vedolizumab bei Colitis ulcerosa eine höhere Wirksamkeit als Adalimumab aufwies; Daten über die reale Effektivität von Vedolizumab im Vergleich zu Adalimumab und Infliximab sowohl bei Colitis ulcerosa als auch bei Morbus Crohn blieben jedoch unbekannt.

Leong wies auf die Schwierigkeit hin, angesichts der zunehmenden Zahl verfügbarer biologischer Wirkstoffe die richtige Behandlung auszuwählen. "Der Mangel an Head-to-Head-Studien bedeutet, dass die Verwendung von Kohortenstudien als relevant und informativ angesehen wird, nicht zuletzt, weil Langzeit-Follow-up-Daten den sekundären Verlust des Ansprechens auf diese monoklonalen Antikörper aufdecken können, während die Zusammenführung von Daten die statistische Power weiter erhöht und die Widerspruchsfreiheit bestimmt."

Daher führten die Wissenschaftler eine systematische Überprüfung und Metaanalyse von sechs Beobachtungsstudien durch, in denen die Persistenz als Surrogatmarker für das klinische Ansprechen von Vedolizumab im Vergleich zu Infliximab und Adalimumab bei Teilnehmern im Alter von über 18 Jahren mit einer Diagnose von Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn von 2017 bis Juli 2022 untersucht wurde.

Insgesamt ergab die Studie, dass die 1-Jahres-Persistenz von Vedolizumab bei Colitis ulcerosa bei 71,2 % und bei Morbus Crohn bei 76 % lag, was deutlich höher war als bei Infliximab (56,4 % bei Colitis ulcerosa, 53,7 % bei Morbus Crohn), und ebenso bei Adalimumab (53,7 % bei Colitis ulcerosa, 55,6 % bei Morbus Crohn).

Die Ergebnisse der 2-Jahres-Persistenz wurden aus vier Studien gepoolt und ergaben, dass Vedolizumab eine 2-Jahres-Persistenz von 66 % bei Colitis ulcerosa und 61 % bei Morbus Crohn aufwies. Zum Vergleich: Infliximab hatte eine Persistenz von 49,7 % bei Colitis ulcerosa und 59,1 % bei Morbus Crohn, und Adalimumab hatte eine Persistenz von 31,4 % bei Colitis ulcerosa und 56 % bei Morbus Crohn. Speziell bei Colitis ulcerosa schnitt Vedolizumab besser ab als Adalimumab und Infliximab. Insbesondere bei Morbus Crohn wies Vedolizumab eine etwas höhere 1-Jahres-Persistenz auf als die Anti-TNF-Inhibitoren zusammen (RR 1,10; 95 % KI 1,02-1,19), aber es lagen nicht genügend Daten für eine individuelle Analyse vor.

In einer Untergruppe bionaiver Patienten wies Vedolizumab eine höhere 1-Jahres-Persistenz auf (RR 1,14; 95 % KI 1,07-1,22), zeigte aber im Vergleich zu Anti-TNF-Inhibitoren keinen statistisch signifikanten Vorteil bei bioerfahrenen Patienten (RR 1,04; 95 % KI 0,80-1,35).

Yiu merkte an, dass sie zum Zeitpunkt ihres systematischen Reviews keine randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) finden konnten, die Infliximab mit Vedolizumab bei CED direkt vergleichen. Er wies jedoch auf einen aktuellen Forschungsartikel hin, in dem die Wirksamkeit, die Persistenz und das Nebenwirkungsprofil von Vedolizumab und Infliximab in einer kleinen Kohorte von Colitis ulcerosa-Patienten verglichen wurden. "In dieser Studie zeigte sich Vedolizumab insgesamt überlegen gegenüber Infliximab, was mit den Ergebnissen unserer Studie übereinstimmt."

Dr. Viraj Kariyawasam, Gastroenterologe und Leiter der CED-Abteilung am Blacktown and Mount Druitt Hospital in Sydney, kommentierte die Studie mit den Worten, die Ergebnisse seien "sehr wichtig, um den Stellenwert von Vedolizumab bei der Behandlung von Colitis ulcerosa und insbesondere bei Morbus Crohn zu definieren." Und: "Obwohl Vedolizumab von den meisten praktizierenden Ärzten bei Morbus Crohn als weniger wirksames Medikament im Vergleich zu Infliximab angesehen wird und Anti-TNFs bei der Behandlung von Morbus Crohn immer noch bevorzugt werden, unterstreicht die Studie die überlegene Persistenz von Vedolizumab. Dies steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Wirksamkeit gegenüber den beiden am häufigsten verwendeten Anti-TNF-Wirkstoffen. Angesichts der Erkenntnisse über die verminderte Wirksamkeit von Vedolizumab nach dem Einsatz von Anti-TNFs oder als Zweit- oder Drittlinien-Wirkstoff und der überlegenen Persistenz von Vedolizumab als Erstlinien-Biologikum mit bereits veröffentlichten Sicherheitsdaten sollte Vedolizumab als Erstlinien-Wirkstoff bei der Behandlung von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn in Betracht gezogen und bevorzugt werden."

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf MDedge.com, Teil des Medscape Professional Network. Er wurde von Dr. Petra Kittner übersetzt.