Chinesische Studie: Ginkgo-Extrakt reduziert Behinderungen nach Schlaganfall

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

In einer chinesischen Studie mit mehr als 3400 Patienten, die mit überwiegend leichten ischämischen Schlaganfällen in Kliniken ohne Lysetherapie bzw. Thrombektomie behandelt wurden, resultierte die intervenöse Gabe eines Ginkgo-Extraktes über 14 Tage im Vergleich zu Placebo in weniger schweren bleibenden Behinderungen. Während 50,8 % unter dem Ginko-Extrakt einen modifizierten Rankin-Wert von 0 oder 1 erreichten, waren es unter Placebo nur 44,1 %.

Hintergrund

Nach Schätzungen der WHO gab es im Jahr 2020 weltweit etwa 13,7 Millionen neue Schlaganfälle. Mit etwa 200 Fällen pro 100.000 Einwohnern und Jahr ist er Schlaganfall in den Industrieländern eine der häufigsten Ursachen für bleibende Behinderungen. Zu Behandlung ischämischer Schlaganfälle wird in China der Ginkgo-Extrakt Ginkgo diterpen lacton meglumin (GDLM) häufig eingesetzt, klinische Studien dazu waren jedoch wegen geringer Probandenzahl, fehlender Placebo-Kontrollen und anderer Mängel nicht sonderlich aussagekräftig.

Design

Randomisierte, doppel-blinde, Placebo-kontrollierte Studie im Parallelgruppen-Design mit 3448 Patienten an 100 chinesischen Zentren. Sie waren zwischen 18 und 80 Jahren alt (median 63), zu 64,3 % männlich, und hatten binnen 48 Stunden nach Einsetzen der Symptome die Diagnose eines akuten ischämischen Schlaganfalls erhalten. Dieser hatte gemäß der Skala der National Institutes of Health (NIHSS) einen Schweregrad zwischen 4 und 24 (median 7), was in etwa dem Bereich entspricht, bei dem eine Lysetherapie indiziert ist (6 – 22). Der Schweregrad der Behinderung wurde mit der modifizierten Rankin-Skala (mRS) erfasst und betrug vor dem Insult 0 oder 1.

Die Behandlung bestand in der einmal täglichen, intravenösen Gabe von GDLM oder Placebo, beginnend innerhalb 48 Stunden nach Einsetzen der Symptome bis zum Tag 14. Ansonsten erhielten die Patienten während dieser Behandlung weder eine Thrombolyse noch eine Thrombektomie. Primäres Studienziel war der Anteil der Patienten mit einem mRS von 0 oder 1 am Tag 90 nach der Randomisierung.

Ergebnisse

  • Einen mRS von 0 oder 1 erreichten 877 Patienten (50,8 %) in der GDLM-Gruppe gegenüber 759 Patienten (44,1 %) unter Placebo. Die Gruppendifferenz von 6,79 Prozentpunkten hatte ein 95%-Konfidenzintervall von 3,46 – 10,10; das Chancenverhältnis OR zugunsten GDLM betrug 1,31 (95%-KI 1,15 – 1,50; P < 0,001).
  • Zu den sekundären Studienzielen zählte der Anteil von Patienten mit einem mRS von 0-2. Dies waren 83,8 % unter der Studienarznei gegenüber 69,5 % unter Placebo. Eine Verbesserung beim NIHSS von mindestens 4 Punkten bis Tag 14 erreichten 61,3 gegenüber 50,2 %.
  • Nebenwirkungen wurden in beiden Gruppen mit 17,6 bzw. 17,3 % fast gleich häufig verzeichnet.

Klinische Bedeutung / Kommentar

Das in China bereits seit dem Jahr 2012 beim ischämischen Schlaganfall zugelassene Ginkgo-Extrakt GDLM konnte in dieser großen und rigorosen Studie einen signifikanten Beitrag zu Reduktion bleibender Behinderungen leisten. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Patienten weder eine Lysetherapie noch eine Thrombektomie erhielten. Auch wenn es sich überwiegend um leichte Schlaganfälle handelte, würde solch ein Studiendesign in Deutschland vermutlich als unethisch betrachtet und nicht genehmigt werden. Ob der chinesische Hersteller von GDLM bereit ist, den Zusatznutzen des Ginko-Extraktes bei einer leitliniengerechten Therapie zu prüfen, bleibt abzuwarten.

Finanzierung: Die Arznei und das Placebo wurden bereitgestellt von der Jiangsu Kangyuan Pharmaceutical Co.