Chefarzt stellt falsche Zeugnisse aus: Verlust der Weiterbildungsbefugnis plus Kündigung
Von Alexa Frey
Beschwerde, Klage, Kündigung, so endete die Zusammenarbeit zwischen einem Mediziner und dem Klinikum, an dem er als Chefarzt angestellt gewesen war. Gegen den Chefarzt einer Paderborner Klinik wurde ein Beschwerdeverfahren bei der zuständigen Landesärztekammer eingeleitet. Begründet wurde das mit der Verletzung von Weiterbildungspflichten. Konkret habe er ein Zeugnis mit falschen Angaben ausgestellt, so der Vorwurf.
Der Chefarzt hatte die Weiterbildungsbefugnis für die Weiterbildungsstätte Krankenhausabteilung für Orthopädie inne:
- für die Basisweiterbildung Chirurgie, Facharztkompetenz Orthopädie und Unfallchirurgie,
- für die Zusatzweiterbildung Kinder-Orthopädie,
- für die Zusatzweiterbildung Physikalische Therapie und Balneologie,
- für die Zusatzweiterbildung Spezielle Orthopädische Chirurgie.
Das Beschwerdeverfahren wurde zunächst eingestellt. Zugleich wurde der Chefarzt durch die Aufsichtsbehörde, die zuständige Landesärztekammer, ausdrücklich auf seine Berufspflicht hingewiesen.
Denn Ärztinnen und Ärzte haben bei der Ausstellung von Zeugnissen mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen die ärztliche Überzeugung auszusprechen.
Trotz dieses ausdrücklichen Hinweises der Landesärztekammer auf die berufsrechtlichen Pflichten zur korrekten Ausstellung von Zeugnissen, kam es jedoch zu weiteren Versäumnissen.
Wiederholungstat: Weiteres Zeugnis bei libyschem Arzt fehlerhaft
Bei den neuerlichen Vorwürfen ging es um einen Arzt, der Teile seiner Ausbildung bereits in Libyen abgeleistet hatte. Der Chefarzt stellte ihm mehrere Zwischenzeugnisse und einen OP-Katalog aus. Darin bestätigte er mit seiner Unterschrift, dass der libysche Kollege in einem vorgegebenen Zeitraum bestimmte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie unter seiner Leitung eigenständig durchgeführt habe.
Zu einem späteren Zeitpunkt stellte er demselben Arzt ein „Zeugnis für die Weiterbildung zum Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie“ aus. Darin wurde auch die Durchführung von unfallchirurgischen Untersuchungstechniken bestätigt.
Tatsächlich hatte der Arzt jedoch die unfallchirurgischen Techniken schon in seiner ärztlichen Tätigkeit in Libyen erlernt und nicht – wie in der Urkunde angegeben – in der Krankenhausabteilung, in der die beiden gemeinsam tätig gewesen waren. Auch hatte der Kollege diese nicht in einer anderen Abteilung des Krankenhauses abgeleistet.
Doch damit nicht genug: Er hatte zudem fälschlicherweise im Zeugnis aufgeführt, dass der libysche Arzt ununterbrochen unter der Aufsicht des Chefarztes in der Klinik für Orthopädie und orthopädische Chirurgie in Teilzeit gearbeitet habe. Dabei war der Zeugnisaussteller dort erst zu einem späteren Zeitpunkt angestellt worden.
Entzug der Weiterbildungserlaubnis: Chefarzt zieht vor Verwaltungsgericht
Nach Einleitung einer weiteren Beschwerde, widerrief die Landesärztekammer die Weiterbildungserlaubnis des Chefarztes. Sie begründete dieses Vorgehen mit dem wiederholten Verstoß der Berufspflicht. Hiergegen wehrte sich der Chefarzt mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht. Er gab an, der libysche Arzt habe ihm gegenüber versichert, die Weiterbildung abgeleistet zu haben. Zudem habe die Ärztekammer den Eindruck erweckt, man habe die Weiterbildung in Libyen anerkannt.
Urteil bestätigt: Verwaltungsgericht sieht grob fahrlässigen Pflichtverstoß
Das Verwaltungsgericht Minden sah die Klage des Chefarztes als unbegründet an (07.12.2021 Az. 7 K 1887/20), es hielt also an dem Widerruf der Weiterbildungsbefugnis fest und begründete dies so:
- Das Gericht ging von einem zumindest grob fahrlässigen Verstoß gegen die Berufspflichten des Chefarztes aus und begründete dies mit dem zuvor ausdrücklich erfolgten Hinweis im Beschwerdeverfahren, dass die Zeugnisse mit der entsprechenden Sorgfalt zu erstellen seien.
- Es sei daher davon auszugehen, dass der Arzt auch künftig gegen Weiterbildungspflichten insbesondere mit Blick auf die Pflicht zur ordnungsgemäßen Ausstellung von Weiterbildungszeugnissen verstoßen wird.
- Das Gericht ging nicht davon aus, dass das Klageverfahren den Arzt von künftigen Pflichtverletzungen abhalten werde.
- Dafür spreche, dass er weder im vorangegangenen Verwaltungs- noch im Klageverfahren Einsicht gezeigt und seine Fehler anerkannt hat. Stattdessen hatte er die Verantwortung stets auf andere Personen geschoben. Es blieb daher beim Widerruf der Weiterbildungsordnung.
Das Ergebnis: Klinikum und Chefarzt gehen getrennte Wege
Das Krankenhaus in dem der Mediziner als Chefarzt tätig war, hat in der Folge des gerichtlichen Verfahrens, die Zusammenarbeit beendet, wie sich aus Presseberichten ergibt. "Wir können Ihnen bestätigen, dass der Chefarzt nicht mehr in unserem Haus tätig ist", hatte eine Sprecherin des betroffenen Hauses der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage im Nachgang des Urteils mitgeteilt.
Die Ausstellung von Weiterbildungszeugnissen sollte daher mit der entsprechenden Sorgfalt erfolgen und stets nur Angaben enthalten, die überprüfbar und korrekt sind. Bei Fragen zu diesem Thema, wenden Sie sich am besten an die zuständige Landesärztekammer. Dort finden Sie ausführliche Informationen zum Thema Weiterbildung und Berufspflicht als weiterbildende Ärztin oder weiterbildender Arzt.
Alexa Frey ist selbständige Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht und Fachanwältin für IT-Recht. Sie berät Leistungserbringer im Gesundheitswesen in Fragen des Arzthaftungsrechts, IT-Rechts, Datenschutzes, Vertrags- und Gesellschaftsrechts, Vergütungsrechts und Medizinstrafrechts.
Kontakt: frey@wws-ulm.de
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Coliquio.de.
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