Calcineurin-Inhibitor eine kommende Option bei Stress-Kardiomyopathie?

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Medizinische Nachrichten
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Heidelberger Wissenschaftler haben in Tierversuchen weitere Erkenntnisse zur Pathogenese der Stress-Kardiomyopathie gefunden. Zudem haben sie in einem neuen Tiermodell mit immunsupprimierenden Medikamenten kardioprotektive Effekte erzielt und das Überleben der Versuchstiere verlängert. Die experimentelle Therapie soll nun bei Menschen getestet werden. Über ihre Forschungsbefunde berichten die Forscher um Erstautor Dr. Bastian Bruns (Universität Heidelberg, Institut für experimentelle Kardiologie) im Fachmagazin „Nature Cardiovascular Research“.


Die Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) haben im Tiermodell des Takotsubo-Syndroms (TTS, Stress-Kardiomyopathie) die schädigenden Auswirkungen von Stresshormonen auf das Herz und die zugrundeliegenden Mechanismen untersucht. Dabei haben sie laut einer Mitteilung der Heidelberger Universität einen Signalweg identifiziert, der Entzündungen im Herzen fördert. Die beiden Calcineurin-Inhibitoren Cyclosporin und Tacrolimus, die diesen Signalweg hemmen, zeigten in Experimenten eine schützende Wirkung auf das Mäuse-Myokard. Da der Signalweg auch in menschlichen Herzmuskelzellen vorhanden ist, soll der Mitteilung zufolge nun eine vom DZHK geförderte klinische Studie prüfen, ob das Medikament Cyclosporin A sich für die Behandlung von Patienten mir TTS eignet.

Psychische und physische Trigger

Das TTT-Syndrom ist, wie Professor Stefan Möhlenkamp vom Bethanienkrankenhaus Moers und Kollegen erläutern, eine meist passagere Form der akuten Herzinsuffizienz mit initial allen klinischen, elektrokardiografischen und biochemischen Charakteristika eines akuten Koronarsyndroms (ACS). Stress spiele als Auslöser in der klassischen bzw. typischen Variante eine zentrale Rolle. Trigger seien nicht nur negative emotionale Erlebnisse, sondern  auch positive, also erfreuliche Ereignisse („Happy-Heart-Ereignisse“); zudem gebe es physische Trigger, etwa ein Schlaganfall, ein Krampfanfall und außer Medikamenten auch eine Tumor-Erkrankung - sowie Therapie). 

Das Syndrom sei in der Regel gekennzeichnet durch eine apikale Ballonierung mit basaler Normo- oder Hyperkontraktilität; die Koronargefäße seien meist unaufällig. Ätiologie und exakte Pathogenese seien weiterhin nicht geklärt. 

Männer häufiger von schweren Verläufen betroffen

Nach aktuellen Zahlen werde die Inzidenz des TTS auf 1–3% aller STEMI-Präsentationen und auf 5–6 % der STEMI-Präsentationen bei Frauen geschätzt. In 80 bis 90 Prozent der Fälle seien Frauen in der 7. Lebensdekade betroffen. Frauen >55 Jahre hätten ein ca. 5-fach erhöhtes Risiko als Frauen <55 Jahre und ein 10-fach erhöhtes Risiko als Männer. „Betroffene Männer haben allerdings oft einen schwereren Verlauf als Frauen“, sagt Bastian Bruns. Auch Kinder könnten von dem Syndrom betroffen sein. 

Die 30-Tage-Mortalität liegt laut Möhlenkamp bei etwa vier Prozent, die Rezidivrate betrage etwa 5–10%, die Inzidenz etwa 10/100.000 pro Jahr. In etwa 17 Prozent der Fälle gebe es eine Anamnese einer malignen Erkrankung. Die Autoren empfehlen daher, ansonsten fehlenden Auslösern an die Möglichkeit einer bislang subklinischen Tumorerkrankung zu denken.

Symptome wie beim akuten Koronarsyndrom

Meist manifestiere sich ein TTS mit Thoraxschmerzen und Dyspnoe oder Synkopen und sei klinisch kaum vom akuten Koronarsyndrom zu unterscheiden. Nicht selten seien aber auch die Zeichen einer akuten Herzinsuffizienz mit Lungenödem, kardiogenem Schock, Schlaganfall, Tachyarrhythmien, atrioventrikuläre Blockierungen oder Herzstillstand.

Initial sei das TTS bis zur Diagnosesicherung wie ein ACS zu behandeln. Bei Hinweisen auf einen kardiogenen Schock seien eine Intensivüberwachung und -therapie indiziert. Evidenz für eine TTS-spezifische Therapie liege noch nicht vor. Positiv-inotrope Medikamente sollten vermieden werden. ACE-Hemmer und Sartane könnten die LV-Funktionserholung positiv beeinflussen. Betablocker sollten bei Bradykardie, QTc-Zeit-Verlängerung >500 ms und schwerer LV-Dysfunktion initial mit Zurückhaltung gegeben werden.  ACE-Hemmer und AT1-Blocker verbessern nach weiteren Angaben der Autoren zudem die Langzeitmortalität und die Rezidivrate. 

Da sich die LV-Dysfunktion und Arrhythmiegefahr in der Regel recht rasch zumindest teilweise erholten und abnähmen, gebe es keine Indikation für Defibrillatoren oder tragbare Defibrillatoren bzw. Defibrillatorwesen. Bei einem Teil der Patienten mit Takotsubo-Syndrom tritt die Stress-Kardiomyopathie wiederholt auf, wie eine US-Studie ergeben hat.