Brustkrebs breitet sich laut Schweizer Forscher im Schlaf aggressiver aus
- Diamantopoulou Z & al.
- Nature
- Petra Kittner
- Clinical Summary
Forscher in der Schweiz haben herausgefunden, dass sich Brustkrebs im Schlaf aggressiver ausbreitet. Diese Erkenntnis könnte die Art und Weise, wie Brustkrebs diagnostiziert und behandelt wird, erheblich verändern.
Das Team entnahm Blutproben von 21 Patienten mit Brustkrebs im Frühstadium und 9 Patienten mit Brustkrebs im Spätstadium. Die Proben wurden um 4 Uhr morgens (Ruhephase) und um 10 Uhr morgens entnommen, um die Freisetzung zirkulierender Tumorzellen (CTCs) aus dem Primärtumor zu analysieren. Sie stellten fest, dass mehr als 78% der CTC-positiven Proben in der Ruhephase gewonnen wurden.
Die Ergebnisse der Studie wurden in einem Mausmodell reproduziert. Dabei zeigte sich, dass sowohl bei Brustkrebspatienten als auch bei Mausmodellen die Bildung von CTCs (und folglich die Ausbreitung des Tumors) weitgehend auf die Ruhephase beschränkt war. Außerdem stellten die Forscher fest, dass CTCs in der Ruhephase zu einer wesentlich aggressiveren Ausbreitung fähig waren als solche, die im Wachzustand gebildet wurden. Dies deutet darauf hin, dass wichtige Hormone des zirkadianen Rhythmus eine wesentliche Rolle bei der Metastasierung spielen.
Bei der Veröffentlichung der Studie in Nature bezeichneten die Forscher die Ergebnisse als "erstaunlich und unerwartet". Sie sagten, dass dieses ausgeprägte zeitabhängige Metastasierungsmuster den Bedarf an zeitgesteuerten Konzepten für die Charakterisierung und Behandlung von Brustkrebs unterstreicht, einschließlich Behandlungskonzepten, die auf eine maximale Wirksamkeit im Schlaf abgestimmt sind.
"Wir stellen fest, dass wichtige Hormone des zirkadianen Rhythmus wie Melatonin, Testosteron und Glukokortikoide die Dynamik der CTC-Bildung diktieren und dass Insulin infolgedessen die Tumorzellproliferation in vivo direkt fördert, allerdings zeitabhängig. Die spontane Bildung von CTCs mit einer hohen Neigung zur Metastasierung erfolgt also nicht kontinuierlich, sondern konzentriert sich auf die Ruhephase des betroffenen Individuums. Dies stellt eine neue Grundlage für die zeitgesteuerte Untersuchung und Behandlung von Krebserkrankungen mit Metastasierungsneigung dar", fügten sie hinzu.
Studienleiter Nicola Aceto, Professor für molekulare Onkologie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, fasste die Ergebnisse in einem einfachen Satz zusammen: "Wenn der Betroffene schläft, wacht der Tumor auf."
"Unserer Ansicht nach deuten diese Ergebnisse auf die Notwendigkeit hin, dass Ärzte den Zeitpunkt der Biopsie systematisch aufzeichnen", so Professor Aceto. "Das könnte dazu beitragen, die Daten wirklich vergleichbar zu machen."
In einem nächsten Schritt wollen die Forscher herausfinden, wie diese Erkenntnisse in bestehende Krebsbehandlungen integriert werden können, um die Therapien zu optimieren. Im Rahmen weiterer Studien will das Team von Professor Aceto auch untersuchen, ob sich verschiedene Tumorarten diesbezüglich ähnlich verhalten wie Brustkrebs und ob bestehende Therapien erfolgreicher werden können, wenn Patienten zu unterschiedlichen Zeitpunkten behandelt werden.
In einem Begleitkommentar sagten Harrison Ball und Sunitha Nagrath vom Rogel Cancer Center an der Universität von Michigan, dass die Forschung "bemerkenswerte Auswirkungen auf das Gebiet der CTC-Studien und auf die Krebsbehandlung in der Klinik" habe. Sie fügten hinzu: "Es wird interessant sein zu sehen, ob diese Ergebnisse auch für andere Tumorarten zutreffen."
"Die vorgestellten Erkenntnisse deuten darauf hin, dass ein ganzheitlicherer Ansatz zur Untersuchung von CTCs, einschließlich der Nutzung von Technologien zur kontinuierlichen In-vivo-Überwachung, notwendig sein könnte, um die Dynamik der Tumormetastasierung vollständig zu verstehen. Ein neues Kapitel blutbasierter Biomarker-Studien kann nun beginnen - unter Berücksichtigung der Frage, wie verschiedene Regulatoren, wie z. B. Hormone, die Vermehrung und Ausbreitung von Tumoren beeinflussen", so die Forscher.
"Die zeitabhängige CTC-Dynamik könnte die Art und Weise verändern, wie Ärzte Patienten untersuchen und behandeln. Die Daten, die auf die Vermehrung und Freisetzung von CTCs während der Ruhephase hindeuten, legen nahe, dass Ärzte sich bewusster werden müssen, wann sie bestimmte Behandlungen verabreichen sollten."
"Allerdings", so die Autoren, "wurden die meisten der in dieser Studie durchgeführten Untersuchungen an Mausmodellen validiert. Die Ergebnisse müssen daher in groß angelegten klinischen Studien getestet werden, bevor die Berücksichtigung zirkadianer Rhythmen in die Standardpraxis aufgenommen wird."
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