Bewegungsarme Lebensweise mit erhöhtem Demenzrisiko verknüpft

  • Kelli Whitlock Burton
  • Medizinische Nachrichten
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Eine neue Studie deutet darauf hin, dass Bewegungsmangel an mehr als zehn Stunden pro Tag das Demenzrisiko bei älteren Erwachsenen signifikant erhöht.

Die Studie mit fast 50.000 Erwachsenen aus der britischen Biobank zeigt, dass das Demenzrisiko bei 10 Stunden im Sitzen verbrachter Zeit um 8 % und bei 12 Stunden um 63 % anstieg. Das ist besonders besorgniserregend, weil Amerikaner durchschnittlich 9,5 Stunden pro Tag sitzend verbringen.

Schlaf wurde nicht in die sitzend verbrachte Zeit einbezogen, und wie sich die zehn Stunden anhäuften – ob durchgehend in einem Mal oder über den Tag verteilt –, war irrelevant.

„Unsere Analyse kann nicht bestimmen, ob es einen kausalen Zusammenhang gibt, daher sind präskriptive Schlussfolgerungen nicht wirklich möglich, aber ich denke, dass es ganz vernünftig ist, daraus zu schließen, dass man etwas zur Reduktion des eigenen Demenzrisikos beitragen könnte, wenn man weniger sitzt und sich mehr bewegt“, sagte der leitende Prüfarzt, Dr. David Raichlen, Professor für Biowissenschaften und Anthropologie an der University of Southern California in Los Angeles, gegenüber Medscape Medical News.

Die Ergebnisse wurden am 12. September online in JAMA veröffentlicht.

Ein überraschendes Ergebnis?

Bei der Studie handelt es sich um eine retrospektive Analyse prospektiv erfasster Daten aus der britischen Biobank von 49.841 Erwachsenen im Alter von mindestens 60 Jahren, die eine Woche lang rund um die Uhr einen Beschleunigungsmesser am Handgelenk trugen. Die Teilnehmenden hatten keine Demenz in der Vorgeschichte, als sie das Bewegungsüberwachungsgerät trugen.

Die Prüfärzte verwendeten maschinelles Lernen, um anhand der Messwerte der Beschleunigungsmesser die sitzend verbrachte Zeit zu bestimmen. Schlaf wurde nicht als bewegungsarmes Verhalten gezählt.

Während einer mittleren Nachbeobachtung von 6,72 Jahren wurde bei 414 Teilnehmenden eine Demenz diagnostiziert.

Die Prüfärzte stellten fest, dass das Demenzrisiko im Vergleich zu 9,27 sitzend verbrachten Stunden pro Tag bei 10 Stunden um 8 % (aHR: 1,08; p < 0,001) und bei 12 Stunden um 63 % (aHR: 1,63; p < 0,001) ansteigt. Diejenigen, bei denen 15 Stunden bewegungsarmes Verhalten pro Tag aufgezeichnet wurde, hatten ein mehr als dreimal höheres Demenzrisiko (aHR: 3,21; p < 0,001).

Obwohl in früheren Studien festgestellt wurde, dass die negativen gesundheitlichen Auswirkungen des Sitzens durch das Unterbrechen der bewegungsarmen Zeiträume mit kurzen Aktivitätsepisoden ausgeglichen werden konnten, war dies hier nicht der Fall. Das Demenzrisiko war unabhängig davon erhöht, ob die Teilnehmenden zehn Stunden lang ununterbrochen oder insgesamt zehn Stunden über mehrere Zeiträume während des ganzen Tages verteilt sitzend verbrachten.

„Das war überraschend“, sagte Raichlen. „Wir haben erwartet, dass es beim Demenzrisiko eine Rolle spielt, wie sich das sitzende Verhalten zusammensetzt, aber wenn man die Zeitmenge berücksichtigt, die jemand täglich im Sitzen verbringt, scheint es nicht so wichtig zu sein, wie man diesen Wert erreicht.“

In der Studie wurde nicht untersucht, wie die Teilnehmenden ihre Zeit im Sitzen verbrachten, aber eine frühere Studie von Raichlen, von der Medscape Medical News berichtet hatte, ergab, dass Fernsehen bei älteren Erwachsenen im Vergleich zur Arbeit an einem Computer mit einem höheren Demenzrisiko assoziiert war.

Weitere Forschungsarbeiten erwünscht

Raichlen merkte an, dass die Anzahl der Demenzfälle in der Studie gering sei und dass die Betrachtung der bewegungsarmen Lebensweise auf Messwerten von Beschleunigungsmessern über eine Woche hinweg beruhe. Eine Längsschnittstudie ist nun erforderlich, um festzustellen, ob die Ergebnisse auch über einen längeren Zeitraum hinweg Bestand haben.

Dr. Claire Sexton, Abteilungsleiterin für wissenschaftliche Programme und Öffentlichkeitsarbeit bei der Alzheimer’s Association, sagte in ihrem Kommentar zu den Ergebnissen gegenüber Medscape Medical News, dass bereits frühere Studien über einen Zusammenhang zwischen sitzend verbrachter Zeit und Demenz berichteten, sodass diese Ergebnisse nicht „besonders überraschend“ seien.

„Es wurden jedoch auch Berichte veröffentlicht, die keinen Zusammenhang gefunden haben, daher sind zusätzliche Forschungsarbeiten zu möglichen Zusammenhängen erwünscht“, sagte sie.

Es sei auch wichtig zu beachten, dass diese Beobachtungsstudie keinen kausalen Zusammenhang zwischen Inaktivität und kognitiver Funktion nachgewiesen hat, was laut Sexton bedeutet, dass der Einfluss anderer Risikofaktoren für Demenz, die ebenfalls durch Bewegungsmangel verschärft werden, nicht ausgeschlossen werden kann.

„Obwohl die Ergebnisse nach Bereinigung um mehrere dieser Faktoren signifikant blieben, sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um die verschiedenen Elemente, welche die beobachtete Beziehung beeinflussen könnten, besser zu verstehen“, bemerkte Sexton, die nicht Teil der Studie war. „Eine umgekehrte Kausalität, also dass Veränderungen im Gehirn im Zusammenhang mit Demenz das bewegungsarme Verhalten verursachen, kann nicht ausgeschlossen werden.“

Die Studie wurde von den National Institutes of Health, dem Staat Arizona, dem Arizona Department of Health Services und der McKnight Brain Research Foundation finanziert. Raichlen und Sexton haben keine relevanten finanziellen Beziehungen angegeben.

 

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Medscape.