Australien: Durchwachsene Bilanz für Telefontherapie bei Alkoholproblemen

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

In einer australischen Studie mit Personen, die trotz problematischem Alkoholkonsum typischerweise keine Hilfe suchten, vermochte eine telefonisch in 4 – 6 Sitzungen verabreichte kognitive- und Verhaltenstherapie die Symptomatik gegenüber aktiven Kontrollen (unspezifische Telefonate plus Aufklärungsbroschüre) nicht stärker zu lindern. Statistisch signifikant besser war die Maßnahme allerdings nach 3 Monaten beim gefährlichen Konsum.

Hintergrund

Übermäßiger Alkoholkonsum und -missbrauch sind weltweit extrem häufige psychiatrische Probleme, wobei die Betroffenen sich allerdings meist nicht in Behandlung begeben. Die Autoren der aktuellen Studie vertreten die Hypothese, dass telefonische Interventionen das Potenzial haben, viele strukturelle und individuelle Hürden zu überwinden, die der Suche nach Hilfe im Weg stehen. Allerdings wurde die Wirksamkeit einer Telefonintervention als Einzelmaßnahme gegen problematischen Alkoholgebrauch bislang nicht etabliert.

Design

Doppel-blinde, randomisierte klinische Studie mit 344 Teilnehmern (Durchschnittsalter 39,9 Jahre, 51,5 % Männer) in Australien, die in einem Test zur Identifikation von Alkoholproblemen (Alcohol Use Disorders Identification Test, AUDIT) Werte > 6 für Frauen bzw. > 7 für Männer erreichten. Die Therapie bestand aus einer telefonisch durch einen Psychologen in 4 bis 6 Sitzungen verabreichten kognitiven- und Verhaltensintervention. Die Kontrollgruppe erhielt 5 Anrufe von einem Forscher und zusätzlich Broschüren zum Umgang mit Alkohol und Stress. Primäres Studienziel war die telefonische erhobene Differenz beim AUDIT-Wert über 3 Monate. Die Rücklaufquote betrug 84,9 %.

Ergebnisse

  • Trotz eines hohen anfänglichen Durchschnittswertes von 21,5 beim AUDIT und einem Anteil der Teilnehmer von 63,4 % im Bereich „wahrscheinlich abhängig“ hatte weniger als ein Drittel der Teilnehmer (29,4 %) zuvor Hilfe gesucht.
  • Der AUDIT-Gesamtwert nahm in beiden Gruppen statistisch signifikant (P < 0,001) ab, und zwar um 8,22 Punkte in der Interventionsgruppe und um 7,13 Punkte in der Kontrollgruppe. Die Differenz von 1,08 Punkten zwischen den beiden Gruppen war allerdings nicht signifikant (P = 0,16).
  • In weiterführenden Analysen fand sich unter der Intervention eine signifikant (P = 0,04) größere Reduktion in der AUDIT-Domäne „gefährlicher Konsum“. Die erste Gruppe war außerdem im Vorteil (um 3,40 Punkte im Gesamtwert), wenn lediglich Teilnehmer mit 2 oder mehr Sitzungen berücksichtigt wurden (P = 0,03).

Klinische Bedeutung

Eine kognitive und Verhaltensintervention über das Telefon war in dieser Studie unspezifischen Telefonaten und bereitgestellten Broschüren nicht überlegen, um problematischen Alkoholkonsum zu verringern. Beim gefährlichen Gebrauch war die Intervention zwar statistisch signifikant besser, ob dieser Erfolg aber längerfristig anhält, ist unklar.

Finanzierung: National Health and Medical Research Council (Australien).