Auch Patienten mit Post-Covid-Syndrom profitieren von der Rehabilitation
- Dr. med.Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Mehr als 80 Prozent der Betroffenen, die unter einem Post-Covid-Syndrom leiden, profitieren körperlich oder seelisch deutlich von einer stationären Rehabilitation. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Pilotstudie. „Insgesamt schlug die Reha bei Post-Covid-Betroffenen sogar etwas besser an als bei psychokardiologischen oder psychosomatischen Patienten“, erläutert Studienleiter Professor Dr. med. Volker Köllner. Es würden nun auch niedrigschwellig erreichbare ambulante Programme benötigt, betont der Experte der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM).
In der Studie wurden die Effekte einer fünfwöchigen, stationären Reha auf 50 psychokardiologische Patienten, 49 psychosomatische Patienten und 52 Post-Covid-Patienten verglichen. Die Post-Covid-Betroffenen litten seit ihrer Infektion länger als drei Monate unter Beschwerden wie Fatigue, Luftnot, Konzentrationsstörungen, diffusen Schmerzen, Schwindel und Kopfschmerzen. Ihr Durchschnittsalter betrug 51 Jahre, 76 Prozent waren Frauen, knapp 50 Prozent hatten einen höheren Bildungsabschluss. Die Hälfte gab an, schon vor der Covid-Infektion angeschlagen gewesen zu sein; die andere Hälfte fühlte sich vor der Covid-Erkrankung topfit.
Die Mehrzahl ist nicht arbeitsfähig
„Es handelte sich insgesamt um typische Post-Covid-Betroffene mittleren Schweregrads, von denen es einige Hunderttausend geben dürfte“, erläutert Köllner in einer Mitteilung der DGPM. Die Betroffenen können sich zwar selbst anziehen und frühstücken. „Aber sie sind schnell erschöpft, und zwei Drittel litten unter starken Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen“, fügt der Leiter der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation an der Charité hinzu. Die Mehrzahl der Post-Covid-Patient*innen war arbeitsunfähig, 43 Prozent sogar länger als sechs Monate.
Die Post-Covid-Reha fand zum Jahreswechsel 2021/2022 statt und basierte auf einem neuen, multimodalen Konzept, dessen Bestandteile auch in der Leitlinie zur Behandlung von Long-Covid enthalten sind. Zu den Modulen gehörte ein individuell angepasstes Bewegungstraining, Atemtherapie, Information und Aufklärung, Achtsamkeitsübungen, kognitives Training, Yoga oder Qi Gong sowie psychotherapeutische Einzel- und Gruppen-Gespräche.
Über alle Parameter hinweg betrachtet, erwies sich das multimodale Rehabilitationskonzept bei Post-Covid-Patienten als ähnlich wirksam wie bei psychosomatischen und psychokardiologischen Patienten; die Effektstärken lagen nach Angaben der Autoren durchweg im mittleren bis hohen Bereich. Post-Covid-Patienten profitierten vor allem in Bezug auf Aktivität und Partizipation. Hinweise auf ein Unwohlsein nach der Belastung im Verlauf der Rehabilitation habe es nicht gegeben, so das Team um Köllner, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Abteilung Psychosomatik am Reha-Zentrum Seehof.
Gehstrecke nahm im Schnitt um 20 Prozent zu
Besonders stark waren die positiven Effekte bei der Depression. „Bei der Entlassung lag sie knapp unter der Schwelle zur leichten Depression“, berichtet Köllner. Zudem waren die Effektstärken in Hinsicht auf Bewegungsaktivität und Teilhabe sehr hoch: Beim Test, wieviel Laufstrecke die Patient*innen innerhalb von sechs Minuten zurücklegen können, steigerten sich die Post-Covid-Betroffenen von durchschnittlich 420 auf 500 Meter. „Das entspricht am Ende einer nahezu normalen körperlichen Belastbarkeit“, resümiert Köllner. Demensprechend konnten 47 Prozent direkt nach der Rehabilitation an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, teilweise mit Hilfe einer stufenweisen Wiedereingliederung. Bei der Aufnahme betrug der Anteil 45,1 Prozent. Auch bei psychosomatischen Patienten und psychokardiologischen Patienten war der Anteil der arbeitsfähigen Patienten bei der Entlassung höher als bei der Aufnahme. Bei den psychosomatischen Patienten stieg er von knapp 35 Prozent auf fast 41 Prozent, bei den psychokardiologischen von 38 auf 40 Prozent. Die in der Rehabilitation erzielten Veränderungen reichen nach Angaben der Autoren allerdings nicht aus; Nachsorgeleistungen seien insbesondere für Post-Covid-Patienten dringend erforderlich.
Dass eine Reha für Post-Covid-Patienten zu anstrengend sein könnte, diese These sieht der Reha-Spezialist der Mitteilung zufolge entkräftet. „Etwa 80 Prozent haben sich verbessert, einige haben nicht profitiert, aber niemand hat sich verschlechtert“, so Köllner. Wichtig sei, das Bewegungsprogramm individuell zuzuschneiden – und der Gruppeneffekt: „Die Betroffenen tauschen sich gemeinsam fünf Wochen zu dem Thema aus: Wie bewältige ich Post-Covid“, berichtet Köllner. „Das setzt Effekte wie in einer Selbsthilfegruppe frei.“ Bis August sollen mehr als 1000 Post-Covid-Betroffene in einer Multicenter-Folgestudie (PoCoRe) eingeschlossen sein, mit einer Nachverfolgung der Ergebnisse über zwei Jahre.
Langfristige berufliche Wiedereingliederung wird benötigt
„Jetzt werden ambulante Angebote zur Nachsorge benötigt, um die positiven Effekte zu verstetigen”, betont Köllner. Ebenso notwendig seien längerfristig angelegte Programme zur beruflichen Wiedereingliederung. „Hier sind auch die Arbeitgeber gefragt“, merkt der Reha-Spezialist an. Insgesamt sei die Prognose beim Post-Covid-Syndrom positiv, oft benötige die Erholung jedoch mehr Zeit als bei anderen Erkrankungen.
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