Auch bei Herzrhythmusstörungen sind Frauen und Männer nicht gleich
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Bei Herzrhythmusstörungen gibt es deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Sie sollten bei der Diagnose und Therapie von Herzrhythmusstörungen bekannt sein und berücksichtigt werden, empfehlen Cornelia Scheurlen und ihre Kollegen der Universitätsklinik von Köln in einem aktuellen Zeitschriftenbeitrag.
Längere QTc-Zeit
So hätten Frauen mit einem Grenzwert von > 460 ms (Männer > 450 ms) grundsätzlich eine verlängerte QTc-Zeit. Die Folge: Frauen haben dadurch sowohl beim angeborenen als auch erworbenen Long-QT-Syndrom ein erhöhtes Risiko für Arrhythmien.
Ein weiterer Unterschied betrifft das Brugada-Syndrom, die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie und die hypertrophe Kardiomyopathie: Sie treten nach Angaben von Scheurlen und ihren Kollegen seltener auf als bei Männern.
AV-abhängige Tachykardien
Häufiger als Männer seien Frauen - infolge einer kürzeren effektiven Refraktärzeit des AV-Knotens - vom AVNRT (AV-Knoten-Reentry-Tachykardie) betroffen; außerdem hätten sie mehr Symptome (Palpitationen und Herzrasen). Denn werde die Diagnose bei Frauen häufig später gestellt als bei Männern. Ein Grund ist den Autoren zufolge, dass bei Frauen häufiger eine psychische Ursache der Beschwerden vermutet. Darüber hinaus gebe es Zusammenhänge zwischen der AVNRT und dem weiblichen Zyklus: So träten Tachkardien vermehrt in der frühen Phase des Menstruationszyklus bei niedrigen Östrogenspiegel auf. Dies erkläre laut Scheurlen und ihren Kollegen auch, dass in der perimenopausalen Phase bei sinkendem Östrogenspiegel AVNR-Tachykardien häufiger vorkämen und die meisten Frauen bei entsprechenden Ablationen 50 Jahre oder älter seien. Eine AVRT (AV-Reentry-Tachykardie) sei hingegen bei Männern etwa doppelt so häufig wie bei Frauen.
Häufiger zuerst Medikamente, Ablation später
Unterschiede gebe es zudem bei der Behandlung: Studien hätten gezeigt, dass Frauen bei AV-abhängigen Tachykardien häufiger zunächst eine medikamentöse Therapie erhielten und erst später einer Ablationstherapie; bei den Erfolgs- oder Komplikationsraten der Ablationstherapie gebe es dagegen keine relevanten Unterschiede zwischen Männern und Frauen.
Ähnlich ist es beim Vorhofflimmern: Frauen seien zwar seltener als Männer betroffen, hätten jedoch stärkere Symptome. Vor allem das Symptom Angst werde durch Frauen intensiver wahrgenommen. Trotzdem werde eine katheter-gestützte Therapie bei ihnen häufig später eingeleitet als bei Männern. Frauen seien daher bei einer Ablationstherapie älter, hätten häufiger Rezidive und Komorbiditäten wie Bluthochdruck, Klappenerkrankungen oder Herzinsuffizienz.
Als Alternative zur Ablation könnte zwar eine antiarrhythmische Medikation erwogen werden. Antiarrhythmische Medikamente mit der Nebenwirkung ‚Verlängerung des QT-Intervalls hätten jedoch bei Frauen ein erhöhtes Risiko für ein erworbenes Long-QT-Syndrom zur Folge, womit die Gefahr von Torsade-de-pointes-Tachykardien stiege.
Seltener KHK und plötzlicher Herztod
Seltener als bei Männern sei bei Frauen auch ein plötzlicher Herztod. So habe in der Framingham-Studie das Lebenszeitrisiko für einen plötzlichen Herztod ab dem 45. Lebensjahr bei Frauen 2,8 Prozent betragen, bei Männern fast elf Prozent. Eine Erklärung für diesen Unterschied ist, dass die KHK - die häufigste Ursache für einen plötzlichen Herztod - bei Frauen seltener ist. Allerdings hätten Frauen auch nach Adjustierung für eine KHK ein niedrigeres Risiko für einen plötzlichen Herztod als Männer, berichten die Kölner Kardiologen.
Ventrikuläre Arrhythmien
Bei den ventrikulären Arrhythmien und deren Ablationserfolg müsse zwischen idiopathischen Arrhythmien und Arrhythmien infolge einer strukturellen Herzerkrankung unterschieden werden, erklären die Autoren weiter. Eine durch ventrikuläre Extrasystolen (VES)-induzierte Kardiomyopathie trete bei Frauen seltener auf. Die Katheterablation hingegen sei bei beiden Geschlechtern gleich effektiv; es gebe auch keine Unterschiede bei den Komplikationsraten.
Laut randomisierten Studien zu ventrikulären Tachykardien bei struktureller Herzerkrankung haben Frauen häufiger eine nicht-ischämische Kardiomyopathie, häufig eine bessere linksventrikuläre Ejektionsfraktion und ein Jahr nach Ablation häufiger Rezidive. Allerdings seien Frauen in diesen Studien deutlich unterrepräsentiert; die Aussagekraft dieser Beobachtungen sei daher eingeschränkt.
Fazit von Scheurlen und ihren Kollegen: Zusammengefasst über alle Herzrhythmusstörungen könne man sagen, dass Frauen häufig später eine Ablation erhielten. Warum dies so sei, werde kontrovers diskutiert; mögliche Erklärungen: eine größere Zurückhaltung der Frauen gegenüber invasiven Maßnahmen aber auch eine Zurückhaltung der zuweisenden und behandelnden Ärzte.
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