Atemalkohol-Messung: Verfälschen Mund-Nase-Schutzmasken die Werte?

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Wird man als Auto-Fahrer mit zu viel Alkohol im Blut ertappt, lohnt es sich offenbar nicht, das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes vor der Atemalkohol-Messung als Ursache der erhöhten Alkohol-Werte anzuführen. Die Ergebnisse eines Experiments von Rechtsmedizinern der TU Dresden sprechen gegen eine systematische Verfälschung der Messwerte durch solche Masken.

Vom Mundwasser über die Haftcreme bis zur Schutzmaske

Auto-Fahrer, die mit zu viel Alkohol am Steuer erwischt werden, sind manchmal recht kreativ im Erfinden von Erklärungen für das strafbewehrte Tun, in diesem Fall das angebliche Fahren unter Alkoholeinfluss. Manche Fahrer und Fahrerinnen  behaupten, ein alkoholhaltiges Mundwässerchen sei der wahre Schuldige, ältere Verkehrsteilnehmer beschuldigen auch gerne ihre alkoholhaltige Zahnprothesenhaftcreme und Raucher ihre geliebten Menthol-Zigaretten. Mit Beginn der Corona-Pandemie ist noch eine Erklärung für zu hohe Alkohol-Pegel auf den Schreibtischen der zuständigen Behörden aufgetaucht: das Tragen einer Mund-Nase-Schutzmaske (MNS). 

Die Behauptung, dass dadurch fehlerhafte Werte gemessen werden könnten, ist nicht völlig abwegig, wie die Rechtsmedizinerin Dr. Jasmin Seibt von der TU Dresden erklärt. Denn das korrekte Tragen einer MNS führe zu einer spürbaren Erwärmung und Befeuchtung der Luft hinter der Maske und könne eine erhöhte Atemanstrengung mit Anstieg der Atem- und Herzfrequenz zur Folge haben. Im Zusammenhang mit der Atemalkohol-Messung könnten insbesondere Änderungen der Atemtemperatur (etwa durch Modulation der Atemtechnik) zu Messabweichungen führen, welche durch das Atemalkohol-Messgerät nur bedingt erkannt werden könnten. In einer kleineren experimentellen Testreihe sei zudem bereits 2004 der Nachweis einer gewissen Akkumulation von CO2 unter OP-Masken durch Rückatmung erbracht worden, was zu einer messbaren, aber klinisch nicht-relevanten Erhöhung des CO2-Partialdrucks im Blut geführt habe. Ob jedoch das Tragen von MNS auch zu einer Verfälschung von Atemalkohol-Messwerten führen könne, sei bislang nicht untersucht worden.

Experiment mit sechs Probanden und Probandinnen

Anlässlich eines richterlichen Gutachtenauftrages zur Frage, ob das Tragen von Mund-Nase-Schutzmasken Atemalkoholmess-Werte zuungunsten eines Angeklagten führen kann, haben die Rechtsmedizinerin und ihre Kollegen ein Experiment mit vier gesunden Männern (28 bis 37 Jahre) und zwei gesunden Frauen (31 und 34 Jahre) durchgeführt. Pro Untersuchungstag wurde jeweils ein Maskentyp (Op.-Maske, Textilmaske, FFP2-Maske) untersucht. Nach Aufnahme einer individuell berechneten Alkohol-Menge und einer 30-minütigen Resorptionsphase erfolgten in halbstündigen Abständen sechs Atemalkohol-Messungen, wobei zwischen den Messungen jeweils im Wechsel eine der Masken oder keine Maske getragen wurde. Anschließend wurden Wertepaare für Zeiträume mit und ohne Maske gebildet und die Atemalkohol-Abbauraten berechnet. 

Die aufgenommene Alkoholmenge lag nach Angaben der Autoren zwischen 122 und 210 ml Gin oder Rum, wurde jedoch wegen zu niedriger Ausgangswerte bei allen Probanden ab dem zweiten Untersuchungstag auf 160–260 ml erhöht. Die maximale Alkoholbelastung habe dadurch 0,78 bis 0,96 g Ethanol/kgKG und h betragen. Die Ausgangs-AAK-Werte zu Beginn aller Mess-Serien hätten bei 0,149–0,533 mg/l gelegen. Der Atemalkohol-Abbau habe bei allen sechs Probanden durchschnittlich 0,073 mg/l und h (Spannweite 0,041–0,125mg/l und h) betragen; die individuellen mittleren Abbauraten der einzelnen Probanden hätten sich an den drei Untersuchungstagen um bis zu 0,04 mg/l und h unterschieden. 

Maske keine zielführende "Entschuldigung"

Das Tragen einer Maske habe auf die Abbauraten keinen relevanten Einfluss gehabt, berichten die Rechtsmedizinerin und ihre Kollegen. Die Masken hätten vor der Atemalkohol-Messung mit dem Atemalkoholanalysegerät Dräger Alcotest 9510 DE weder zur Fehlermeldung noch zum Abbruch der Messung geführt. Insgesamt sprechen die Studienresultate nach Angaben der Autoren gegen eine systematische Verfälschung der AAK- Messwerte durch das Tragen einer Mund- Nase-Schutzmaske vor der Atemalkohol-Messung.