Aspartam: Sind andere künstliche Süßstoffe unbedenklich?
- Gwendolyn Rak
- Medizinische Nachrichten
Kürzlich haben zwei internationale Organisationen gemeinsam ihre Einschätzungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Aspartam veröffentlicht. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) klassifizierte den künstlichen Süßstoff für Menschen als „möglicherweise krebserregend“. Kurz darauf und aufgrund der begrenzten Evidenzlage gab der Gemeinsame FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) jedoch bekannt, dass die tägliche Einnahme von 40 mg/kg Körpergewicht nach wie vor akzeptabel sei.
Aspartam wird als künstlicher Süßstoff in Diätgetränken, Kaugummi, Joghurt und einigen Medikamenten wie Hustentropfen und Vitaminen häufig eingesetzt. Es ist jedoch bei Weitem nicht der einzige Zuckerersatz. Weitere bekannte Süßstoffe sind Sucralose, Saccharin und Acesulfam-Kalium.
Diese Süßstoffe wurden nicht in die Auswertungen der IARC und des JECFA einbezogen. Sucralose war der einzige andere Zuckerersatz, der in die Empfehlungen einer unabhängigen internationalen Beratungsgruppe aus dem Jahr 2019 in Bezug auf Substanzen aufgenommen wurde, die von der IARC beurteilt werden sollten, wurde dabei aber als nicht sehr dringlich eingestuft. Die Beurteilung von Aspartam hingegen wurde als dringlich betrachtet.
Daten aus Frankreich
Es gibt einige Forschungsarbeiten mit Daten zu diesen anderen Süßstoffen, so z. B. zwei Studien mit Daten aus der NutriNet-Santé-Umfrage in Frankreich, wie die leitende Prüfärztin Mathilde Touvier im Gespräch mit Univadis.com verriet. Ihre Forschungsgruppe hat über potenzielle Zusammenhänge mit einem Krebsrisiko (insbesondere Aspartam und Acesulfam-K) und mit kardiovaskulären Erkrankungen (insbesondere Aspartam, Acesulfam-Kalium und Sucralose) berichtet.
Touvier, die auch an den IARC-Empfehlungen mitwirkte, merkte an, dass über beobachtende Kohortenstudien wie NutriNet-Santé hinaus verschiedene weitere Studien erforderlich seien, um die Sicherheit von Verbindungen wie Aspartam angemessen zu beurteilen. Die epidemiologische Forschung liefere zum Beispiel wichtige Informationen über die potenziellen Mechanismen für gesundheitliche Auswirkungen wie das Krebsrisiko.
„Wenn wir all diese Beweise zusammentragen, können wir sagen: ‚Okay, es ist nicht nur eine Korrelation. Es gibt einen plausiblen Kausalzusammenhang“, sagte Touvier.
Für den Zusammenhang zwischen dem Konsum von künstlichen Süßstoffen und anderen gesundheitlichen Problemen, der in der Forschung aufkommt, brauche es laut der IARC-Kommunikationsbeauftragten Veronique Terrasse mehr Beweise. Während eine kürzlich durchgeführte Studie zum Beispiel eine Korrelation zwischen dem Konsum von Aspartam und Typ-2-Diabetes fand, wurden die Daten „vom JECFA nicht als überzeugend angesehen“, sagte sie. Angesichts der Möglichkeit von Störfaktoren und Verzerrungen, die für Kohortenstudien typisch sind, können Experten nicht zu dem Schluss kommen, dass hier ein Kausalzusammenhang besteht.
Weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich, um die verschiedenen potenziellen gesundheitlichen Auswirkungen verschiedener künstlicher Süßstoffe zu verstehen. Dazu gehören auch neuere Produkte wie das zunehmend beliebte Stevia. „Wir brauchen öffentliche Gelder, um diese Forschungsarbeiten wirklich ohne Druck in jegliche Richtung durchführen zu können“, sagte Touvier. Von der Industrie finanzierte Studien unterliegen dem Risiko, dass ihre Ergebnisse verzerrt werden.
Widersprüchliche Ankündigungen
Angesichts widersprüchlicher Ankündigungen und Meinungsverschiedenheiten bei anderen Gesundheitsbehörden wie z. B. der US-amerikanischen Food and Drug Administration kann es bei Patienten und Ärzten zu Unsicherheit bezüglich des weiteren Vorgehens kommen.
Wie Terrasse erklärte, gibt die IARC keine formellen Empfehlungen ab, hält aber an den bestehenden Richtlinien zum Konsum von Zucker und Süßstoffen fest. Die WHO empfiehlt dringend, den Zuckerkonsum bei Kindern und Erwachsenen auf weniger als 10 % der gesamten Energieaufnahme zu reduzieren. Die erlaubte Tagesdosis Aspartam wurde vom JECFA seit ihrer Festlegung im Jahr 1981 nicht gesenkt und beträgt weiterhin 40 mg/kg Körpergewicht, was 9–14 Dosen Light-Getränken pro Tag entspricht.
Im Mai riet die WHO zudem davon ab, künstliche Süßstoffe zur Beeinflussung des Körpergewichts oder zur Vorbeugung von nicht übertragbaren Krankheiten wie Typ-2-Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen einzusetzen – auch das hat sich nicht geändert.
Anstatt Diätprodukte als gesunden Ersatz für zuckerhaltige Getränke und Lebensmittel zu betrachten, schlägt Touvier vor, dass medizinische Fachkräfte zu einem geringeren Konsum von gesüßten Produkten insgesamt anregen sollten. „Wenn wir von der WHO lesen, es gebe keinen Nutzen für die Aufrechterhaltung des Körpergewichts, und von der IARC, dass es möglicherweise krebserregend sei, sollten wir das Prinzip der Vorsicht walten lassen.“
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