ASCO 2022 – Screening auf kolorektales Karzinom: Auswirkungen von Alter und Instrumenten

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Kernaussagen

  • Beim Screening auf ein kolorektales Karzinom sollten Ärzte an der Entwicklung personalisierter Screening-Strategien als Teamkollegen zusammenarbeiten, wobei sowohl genetische als auch Umweltfaktoren berücksichtigt werden sollten.
  • Bei hohem Risiko sollte immer eine Kolonoskopie verordnet werden.
  • Bei einem Stuhl-Screening-Test sollten die Ärzte darauf hinweisen, dass im Falle eines positiven Ergebnisses als zweiter Schritt eine Kolonoskopie zu erwarten ist.
  • Neue Daten sprechen für den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) bei der Kolonoskopie, um die Sensitivität hinsichtlich der Adenom-Nachweisrate zu erhöhen.

 

Insgesamt sind die Inzidenz und die Mortalitätsraten des kolorektalen Karzinoms (KRK) in den USA in den letzten Jahrzehnten gesunken, bei Patienten unter 50 Jahren sind die KRK-Inzidenz und die KRK-bedingte Mortalität jedoch gestiegen. Im Jahr 2020 wurde geschätzt, dass 11 % aller Kolonkarzinome und 15 % aller Rektalkarzinome bei Personen unter 50 Jahren auftraten.

Im Mai 2022 aktualisierte die US Preventive Screening Task Force (USPSTF) ihre Empfehlungen für Patienten mit durchschnittlichem Risiko und senkte das Alter für das Screening auf 45 Jahre. Die empfohlenen Intervalle betragen für einen hochsensitiven Test auf okkultes Blut im Stuhl (gFOBT) oder fäkalen immunchemischen Test (FIT) jedes Jahr, alle 3 Jahre für einen sDNA-FIT (kombiniert eine Stuhl-DNA-Analyse mit einem fäkalen immunchemischen Test) und alle 10 Jahre für eine Kolonoskopie.

 

Je früher, desto besser?

„Wie können wir eine für alle passende Einheitsstrategie anwenden, wenn wir wissen, dass wir auf individueller Ebene unterschiedliche Risikoraten haben?“, fragte Nathan A. Merriman, ärztlicher Direktor für Gastroenterologie bei Intermountain Healthcare.

Aus epidemiologischen Studien kann eine Lektion gelernt werden, erklärt Eduardo Vilar-Sanchez, Privatdozent am Department of Cancer Prevention an der University of Texas. „Wir stehen vor einer Epidemie des früh einsetzenden kolorektalen Karzinoms (FEKRK)“, erklärte er unter Berufung auf die von Patel und Kollegen kürzlich veröffentlichten Daten. „Es gibt spezifische klinische Merkmale, die das FEKRK charakterisieren, insbesondere die Prädominanz der rektalen Lokalisation, die fehlende Differenzierung und das verlängerte Andauern der Symptome.“

Vilas-Sanchez sagte, dass wir von hereditären Krebsarten und insbesondere vom Lynch-Syndrom eine Lektion lernen können. Die Prävalenz des Lynch-Syndroms liegt in der Allgemeinbevölkerung bei etwa 5 %, mehr als ein Drittel tritt jedoch bei denjenigen unter 35 Jahren auf. „Wir haben aus genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) gelernt, dass wir für hereditäre Krebserkrankungen ein polygenes Risikodiagramm erstellen können, das unsere Entscheidungen hinsichtlich des Screenings und der Prävention anleiten kann. Die Zukunft allgemeiner Screening-Strategien besteht darin, individuelle polygene Risikobewertungen mit Umwelt- und Lebensstil-Risikofaktoren zu kombinieren, um maßgeschneiderte Screening-Empfehlungen zu geben.“

 

Eine persönliche Wahl

Um dies umzusetzen, müssen Ärzte mit den Patienten als Partner zusammenarbeiten. „Empfehlen Sie bei Hochrisikopatienten eine Kolonoskopie“, erklärte Merriman. „Aber bei Patienten mit durchschnittlichem Risiko besprechen Sie die Vor- und Nachteile jeder Möglichkeit und die allgemeine Strategie (einschließlich der Ängste und Ziele der Patienten, Vorbereitung auf die Kolonoskopie, Zeit der Arbeitsunfähigkeit sowie Kosten und Risiken des Verfahrens).“

Jedes Instrument sollte für den richtigen Zweck eingesetzt werden. Die Kolonoskopie wurde für Patienten mit durchschnittlichem und hohem Risiko entwickelt, um präkanzeröse Läsionen zu erkennen und zu entfernen, während Stuhl-Screening-Tests immer als zweistufige Strategie angesehen werden müssen, da für die endgültige Diagnose eine Kolonoskopie erforderlich ist. Die von der USPSTF bereitgestellten Evidenzen zeigen, dass die Sensitivität pro Person für eine Kolonoskopie zwischen 0,18 und 1 lag, die Empfindlichkeit für präkanzeröse Adenome 0,89 bis 0,95 betrug und die Spezifität bei 0,89 lag. Für nicht fortgeschrittene Adenome betrug die Sensitivität 0,75 bis 0,93 und die Spezifität lag bei 0,94.

Stuhl-Screening-Tests weisen eine Sensitivität von 0,50 bis 0,75 für den KRK-Nachweis mittels gFOBT auf, verglichen mit der Kolonoskopie als Goldstandard, und die Spezifität beträgt 0,96 bis 0,98. FIT-Tests weisen eine geringere Leistung auf, mit einer Sensitivität von 0,74 und einer Spezifität von 0,94, für ein fortgeschrittenes Adenom sinkt die Empfindlichkeit eines FIT jedoch auf 0,23.

Studien zur Leistungsbeurteilung des FIT-Stuhltests ergaben keine Unterschiede in der Testleistung bei Personen unter 50 Jahren. Der sDNA-FIT-Test kann die Sensitivität für ein fortgeschrittenes Adenom auf bis zu 0,43 erhöhen.

„sDNA-FIT oder FIT plus Stuhltest stellen solange unvollständige Screening-Tests dar, bis eine Kolonoskopie durchgeführt wird, insbesondere bei präkanzerösen Läsionen“, merkte Merrimot an. „In einer Studie von Zorzi et al. sehen wir eindeutig, dass die kumulative Mortalitätsrate für KRK 6,8 pro 1.000 Patienten mit Kolonoskopie und 16 pro 1.000 ohne Kolonoskopie betrug. Das Sterberisiko für Patienten war ohne Kolonoskopie 103 % höher als für Patienten, die eine FIT plus eine Kolonoskopie erhielten.“

Können wir bezüglich der Rate unentdeckter präkanzeröser Polypen mit der Kolonoskopie besser abschneiden? Laut Experten lautet die Antwort „Ja“: Viele Studien zur KI-Unterstützung während der Kolonoskopie zeigen, dass sie helfen kann, die Adenom-Nachweisrate zu erhöhen.