ASCO 2018 Expertenkommentar: Gemischte Ergebnisse bei kleinzelligem Lungenkarzinom

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Dr. David Ross Camidge, MD, PhD ist Vorsitzender des Joyce Zeff Lung Cancer Research und leitet die Abteilung Thorakale Onkologie an der University of Colorado.

 

„Ich würde gerne über das kleinzellige Lungenkarzinom reden, das so eine Art Aschenputtel der Lungenkrebserkrankungen ist. Heute stellt es nur noch ca. 12 % der Lungenkrebsfälle und hängt eng mit dem Rauchen zusammen. Es ist sehr aggressiv. Welche Durchbrüche sehen wir also hier?

 

Nun, die Standard-Chemotherapie ist sehr, sehr effektiv. Hier hat sich in etwa 30 Jahren nicht viel verändert. Aber alle Fälle mit fortgeschrittener Krankheit gehen mit einem Rezidiv einher, daher suchen die Leute verzweifelt nach neuen Therapien.

 

Auf der diesjährigen ASCO hatten wir hier Gewinner und Verlierer. Einer der vielversprechendsten Wirkstoffe, der beworben wurde, war der sogenannte Rova-T. Er ist das, was man ein Antikörper-Drug-Konjugat nennt. Es ist eine richtig potente Chemotherapie, die man normalerweise niemandem geben kann. Aber, wenn man einen Antikörper daran bindet und dieser Antikörper vorzugsweise auf den Krebs losgeht, dann kann man A) dem Krebs eine höhere Dosis verabreichen als normalerweise möglich, und B) hätte man weniger toxische Wirkung auf das Normalgewebe.

 

Rova-T wurde von einem kleinen Unternehmen mit Namen Stemcentrx entwickelt und dann für viel Geld an AbbVie verkauft, und deren Drittlinienstudie, die TRINITY hieß, wurde hier vorgestellt. Das war also eine Monotherapie mit dem Antikörper-Drug-Konjugat Rova-T für Patienten, die bereits eine Standardchemotherapie und dann tatsächlich die ziemlich ineffektive Zweitlinien-Standardchemotherapie für kleinzelliges Lungenkarzinom erhalten hatten.

 

Aber das Ergebnis war ziemlich enttäuschend. Es zeigt schon Aktivität, aber die Ansprechrate lag irgendwo zwischen 14 % und 18 % und das mediane progressionsfreie Überleben lag bei ca. 4 Monaten. Auch, wenn das jetzt okay wäre, kommt da eben noch die signifikante Toxizität hinzu; Es führte zu einer hohen Photosensitivität, zu Ergüssen –im Perikard und in der Lunge – und zu vielen Flüssigkeitsansammlungen, also ganz klar keine leichte Kost.

 

Ich glaube, hier darf man sich die Frage stellen, ob jemand, der sich ohnehin seinem Lebensende nähert, den Rest seiner Tage tatsächlich so verbringen möchte. Ich glaube schon, dass die Antikörper-Drug-Konjugate Potenzial haben, möglicherweise aber nicht genau dieser Wirkstoff mit seinem Wirksamkeits/Toxizitätsverhältnis.

 

Wahrscheinlich waren die besseren Neuigkeiten, dass die Immuntherapie, dieser Tsunami, der über so viele unterschiedliche Krebserkrankungen hinwegfegt, langsam auch bei kleinzelligem Karzinom Wirkung zeigt. Die Expression des Liganden im PD-1-Test tritt bei kleinzelligem Lungenkarzinom tatsächlich ziemlich selten auf. Nur etwa 40 % der kleinen Krebszellen testen positiv auf PD-L1, während es bei nichtkleinzelligem Lungenkarzinom schon eher 70 % sind. Wenn aber dieser Marker exprimiert wird, dann stehen die Chancen, dass der Patient auf Pembrolizumab, dem Arbeitstier der Immuntherapie, anspricht, bei etwa 36 %, und wenn nicht, dann bei ca. 6 %.

 

Also nicht bei 0 %. Und einer der Hoffnungen ist, dass kleinzellige Lungenkarzinome in der Zukunft auch unterteilt werden. Es wird Subpopulationen geben, die auf eine Immuntherapie ansprechen, Subpopulationen, die vielleicht auf Rova-T ansprechen, und vielleicht auch auf einige der anderen Wirkstoffe in der Zukunft. Und die Herausforderung lag nun mal darin, dass es zu viel Heterogenität gab, dass man nicht wusste, wo man hinschauen sollte. Wenn man sich aber die vielen verschiedenen Studien mit den verschiedenen Wirkstoffen ansieht, Bcl-2-Inhibitoren, Zellzyklus-Inhibitoren, MEK-Inhibitoren, Aurorakinase-Inhibitoren – was wurde nicht schon alles ausprobiert – dann sieht man, dass man eine Ansprechrate von 10 % erhält.

 

Und nicht etwa, weil der Wirkstoff nicht wirkt. Die tatsächliche Frage, die wir uns in der Zukunft stellen müssen, ist doch: Wer sind diese 10 %? Wie können wir die 10 % von den anderen 90 % für diesen Wirkstoff differenzieren und für andere Wirkstoffe in ähnlicher Weise mit einer sinnvollen Unterteilung beginnen? Das heißt aber, dass bei kleinen Zellen, bei denen man bislang einfach ein paar Zellen entnommen, diese unter dem Mikroskop betrachtet und dann gesagt hat, es sind kleine Zellen, jetzt größere Biopsien vorgenommen, mehrere unterschiedliche Analysen durchgeführt und die gleiche Art von prädiktiven Biomarkern entwickelt werden müssen, die wir bei nichtkleinzelligem Lungenkarzinom gesehen haben.

 

Das wird natürlich anstrengender, weil man hier nicht die klassischen Punktmutationen wie beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom hat. Aber vielleicht fangen wir erst einmal damit an, die Signalweg-Sensitivitäten zu definieren. Und ich glaube, die Immuntherapie wird die erste sein, die wir hier sehen werden.“