Antikörper-Therapie bei SARS-CoV-2-Infektion: auch in Hausarzt-Praxen nicht unmöglich
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Die Antikörper-Therapie von Patienten mit Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf ist auch in der Hausarzt-Praxis möglich. Dies zeige eine kleine Fallserie mit sieben Patienten, berichten der Allgemeinmediziner Dr. Markus Böbel sowie Professor Stefanie Joop und Dr. Christian Förster vom Universitätsklinikum Tübingen in der „Deutschen Medizinischen Wochenschrift“. Zwei der Patienten waren den Autoren zufolge ungeimpft, fünf erhielten eine medikamentöse Immunsuppression, ein Patient hatte ein erhöhtes Risiko durch Trisomie-21. Alle Patientinnen und Patienten seien im Januar/Februar 2022 ambulant erfolgreich mit dem mAK Sotrovimab behandelt, zwei von ihnen bei Hausbesuchen. KeinPatien t habe hospitalisiert werden müssen. Bei allen symptomatischen Patienten sei innerhalb kurzer Zeit eine deutliche Symptomlinderung eingetreten. Spätestens ab dem dritten Tag nach Therapie-Beginn seien alle „weitestgehend symptomfrei“ gewesen.
Wer zu spät behandelt, den „bestraft das Virus"
Neutralisierende monoklonale Antikörper (mAK) gegen SARS-CoV-2 reduzieren, wie Böbel und seine Mitautoren erklären, bei Patienten mit Risikofaktoren die Schwere des Verlaufs von COVID-19. Damit die Antikörper wirksam seien, müssten sie frühzeitig zu Infektionsbeginn verabreicht werden. Im Stadium der viralen Erkrankung seien Hausärzte oder Hausärztinnen die ersten Ansprechpartner der Patienten. Antikörper gegen SARS-CoV-2 seien bislang jedoch nur selten in Hausarzt-Praxen eingesetzt worden.
Indikationsstellung für Antikörper gegen SARS-CoV-2
In den aktuellen Leitlinien werde für COVID-19-Patienten mit besonderer Risikokonstellation der Einsatz von antiviralen Therapeutika in der Frühphase der Erkrankung empfohlen, erklären die Autorin weiter. Die Leitlinien sprächen sich zudem klar für eine ambulante Gabe dieser Therapeutika aus. Empfohlen werde, bei Risiko-Patienten mit vollständiger Impfserie und ohne zu erwartende Einschränkungen der Impfreaktion vor der mAK-Therapie den Impf-Titer zu bestimmen. Dies sei im ambulanten Bereich oft wegen langer Laborlaufzeiten schwierig umsetzbar. Bei den sieben Patienten der aktuellen Fallserie sei die Frage nach dem Impf-Titer allerdings nur einmal relevant gewesen: Der 3-fach mRNA-geimpfte Trisomie-21-Patient hätte nach den Empfehlungen der RKI-Fachgruppe COVRIIN formal eine Antikörper-Bestimmung benötigt. Im Beratungsgespräch mit dem Beratungsnetzwerk STAKOB/DGI sei entschieden worden, hierauf zu verzichten, um nicht das Zeitintervall für die Antikörper-Therapie zu überschreiten.
Antikörper bei verschiedenen Virusvarianten
Bei der Wahl der mAK für die Therapie oder Prophylaxe sind den Autoren zufolge die aktuelle epidemiologische Lage und die Wirksamkeit gegen die einzelnen Virusvarianten zu berücksichtigen. Zum Zeitpunkt der Fallserie im Januar/Februar 2022 sei in Deutschland die Virusvariante Omikron BA.1 vorherrschend gewesen, gegen die Sotrovimab gut wirksam zu seien scheint. Gegen die sich inzwischen ausbreitende Omikron-Variante BA.2 könnte der Antikörper jedoch schwächer wirksam sein.
Praktische Aspekte in der Hausarztpraxis
Für ein zeitnahe und effektive Behandlung von gefährdeten COVID-19-Patienten sei eine Gabe der Antikörper durch Hausärzte unabdingbar, so Böbel und seine Mitautoren. Um die ambulante Antikörper-Therapie realisieren zu können, seinen allerdings Vorbereitungen zu treffen und Auflagen zu beachten: „Da die Patienten, die zur Infusion von mAK in die Praxis kommen, immer an COVID-19 erkrankt sind und immer infektiös sind, ist die Einhaltung entsprechender Schutzmaßnahmen sicherzustellen.“ So dürften keine anderen Pa- tienten zum Zeitpunkt der Therapie in der Praxis sein. Die Praxisräume sollten für die Antikörper-Therapie geeignet sein. Wichtig sei hier insbesondere die Möglichkeit einer guten Belüftung. Außerdem seien nicht benötigte Gegenstände aus dem Behandlungsraum zu entfernen. Darüber hinaus habe das Team, das die Infusion betreue, konsequent geeignete Schutzbekleidung zu tragen. Alle Hygienemaßnahmen müssten in einem Hygieneplan festgehalten werden.
Bei der Praxis des Autors Markus Böbel handelt es sich dem Beitrag zufolge um eine „durchschnittliche Hausarztpraxis (1 Facharzt für Allgemeinmedizin, 1 angestellte Fachärztin für Allgemeinmedizin, 6 MFA, 1 Auszubildende) mit breitem Versorgungsprofil“. Die Räumlichkeiten hätten eine Grundfläche von 140 m2. Seit April 2020 sei die Praxis eine Corona-Schwerpunkt-Praxis. Dadurch sei das gesamte Team den Umgang mit infektiösen Patienten, das An- und Ablegen der Schutzkleidung und die Arbeit unter Schutzkleidung bereits gewohnt. Im Vorfeld der ersten Infusion habe das Praxisteam außerdem an einem Simulationstraining mit einem Patientensimulator (CAE Healthcare®) teilgenommen, um die Abläufe, Prozesse, Schutzmaßnahmen und mögliche Zwischenfälle zu trainieren. Dieses Training habe wesentlich dazu beigetragen, Ängste im Team abzubauen und sichere Abläufe zu schaffen.
Ein Fazit der Autoren: „Unter Erfüllung der hygienischen, apparativen und personellen Voraussetzungen ist die Gabe von mAK in der Praxis sicher und gut durchführbar.“
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