Alzheimer Demenz: Hohe Spermidinwerte im Plasma könnten Frühindikator sein

  • Dr. Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Höhere Spermidin-Plasmaspiegel sind mit MRT-basierten Markern für eine fortgeschrittene Hirnalterung assoziiert. Das ist das Ergebnis einer größeren, populationsbasierten Studie mit klinisch gesunden Teilnehmern aus Deutschland. Spermidin ist also möglicherweise an der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen wie M. Alzheimer beteiligt und könnte sich als Frühindikator für eine präklinische Demenz eignen.

Hintergrund
Spermidin ist ein Polyamin, das in allen Zellen vorkommt. Es kann aus Vorstufen gebildet und über die Nahrung aufgenommen werden. Es hilft den Zellen, Abfälle zu beseitigen (Autophagie). Es wird angenommen, dass Spermidin den Alterungsprozess durch Autophagie auf Zellebene verlangsamen kann. Darüber hinaus ist bekannt, dass eine erhöhte Spermidin-Aufnahme mit der Nahrung Immunabwehr und Gedächtnisleistungen bei älteren Tieren und Menschen begünstigt. Andererseits belegen unter anderem Daten aus post-mortem-Untersuchungen, dass erhöhte Polyaminkonzentrationen (Putreskin, Spermidin, Spermin) im Gehirn mit Alzheimer-Demenz assoziiert sind. In einer großen populationsbasierten Studie aus dem Nordosten Deutschlands (Study of Health in Pomeriana; SHIP) sind die Beziehungen zwischen Spermidin-Plasmaspiegeln und Hirn-MRT-basierten Merkmalen, die eine Hirnalterung und Alzheimer-Demenz anzeigen, untersucht worden (1).

Design

  • Studienform: Populationsbasierte Studie (SHIP-START) mit dem Ziel, die Prävalenz von Gesundheitsrisiken in der Allgemeinbevölkerung zu ermitteln (4420 Teilnehmer)
  • Substudie SHIP-TREND unter Einschluss von neurologisch-klinisch gesunden 659 Teilnehmern mit Daten zu Spermidin-Plasmakonzentrationen, Hirn-MRT-Aufnahmen sowie Daten zur Berücksichtigung von Kovariablen wie Alter, Geschlecht und anderen potenziellen Einflussfaktoren wie psychische Erkrankungen

Hauptergebnisse

  • Das Durchschnittsalter der Subpopulation in SHIP-TREND betrug 51,0 Jahre, 58 % waren Frauen.
  • Höhere Spermidinkonzentrationen im Blutplasma waren mit stärkeren Ausprägungen von Markern assoziiert, die eine Hirnalterung anzeigen, nämlich
    • geringerem Hippocampus-Volumen,
    • geringerer Dicke der Hirnrinde,
    • höheren Werten für eine demenzspezifische Hirnatrophie und
    • höheren Werten für die Ausdehnung von so genannten White Matter Hyperintensities (WMH), sehr helle Bereiche im T2-gewichteten MRT. Sie werden bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen wie Demenz und/oder zerebrovaskulären Erkrankungen gefunden.

Klinische Bedeutung

Vergleichsweise hohe Spermidin-Plasmakonzentrationen sind mit einer Alterung des Gehirns in kortikalen und subkortikalen Regionen assoziiert. Spermidin könnte also relevant sein für die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen wie M. Alzheimer und künftig als Frühindikator für eine präklinische Demenz verwendet werden. Die aktuellen Befunde müssten durch weitere Untersuchungen inklusive Längsschnittstudien bestätigt werden.

Derzeit leben in Deutschland circa 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenz, die meisten von ihnen haben M. Alzheimer, so die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (2). Circa 100.000 Menschen sind bereits zwischen dem 40. und 64. Lebensjahr an Demenz erkrankt. Als Folge der demografischen Veränderungen kommt es zu weitaus mehr Neuerkrankungen als zu Sterbefällen unter den bereits Erkrankten. Aus diesem Grund nimmt die Zahl der Demenzerkrankten kontinuierlich zu. Bis zum Jahr 2050 könne sich die Zahl der Demenzkranken in Deutschland auf 2,4 bis 2,8 Millionen erhöhen.

Finanzierung: öffentliche Mittel