Akute Hepatitis von Kindern: Adenovirus-Infektion als Ursache weiterhin unklar
- Andrea Hertlein
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Die Häufung ungeklärter und klinisch schwerer Fälle von akuter Hepatitis bei Kindern sorgt derzeit weltweit für Aufsehen. Zwei neue Studien, die vergangenen Mittwoch im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurden, stärken die Argumente für eine Infektion mit Adenoviren als mögliche Ursache. In beiden Fallserien wurden 90 Prozent der betroffenen Kinder positiv auf das Adenovirus vom Typ 41 getestet. Ein kausaler Zusammenhang konnte jedoch bislang nicht bewiesen werden.
90 Prozent der Kinder positiv auf Adenovirus vom Typ 41
Von neun Kindern im Alter von 1 bis 6 Jahren (Durchschnittsalter 2 Jahre und 11 Monate), die zwischen Oktober 2021 und Februar 2022 wegen einer Hepatitis unbekannter Herkunft im Children’s of Alabama Hospital in Birmingham behandelt wurden, wurden acht positiv auf Adenoviren getestet, berichteten die Wissenschaftler um Helena Gutierrez Sanchez. Zwei der betroffenen Kinder benötigten eine Lebertransplantation, keines der Kinder starb. Während die Immunhistochemie oder die Elektronenmikroskopie keine Hinweise auf humane Adenoviren erbrachten, fiel der PCR-Test von Lebergewebe bei drei Kindern (50 % der Getesteten) positiv aus. Die Adenoviren-Gene könnten allerdings auch mit dem Blutkreislauf in die Leber gelangt sein, eine Infektion der Leberzellen könne somit nicht bewiesen werden, so die US-Wissenschaftler.
Viruslast bei besonders schwer kranken Kindern deutlich höher
Die zweite Studie umfasste 44 Kinder, die die Falldefinition erfüllten und zwischen Januar und April dieses Jahres im Birmingham Children's Hospital in Großbritannien behandelt wurden. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 4 Jahre. Häufige Symptome waren Gelbsucht (93%), Erbrechen (54%) und Durchfall (32%). Wie Chayarani Kelgeri und Mitarbeiter berichteten, benötigten sechs Kinder eine Lebertransplantation, es gab keinen Todesfall. Von den 30 Patienten, die sich einem molekularen Adenovirus-Test unterzogen, waren 27 (90%) positiv auf das Adenovirus 41. Die Leberproben von neun Kindern wurden alle negativ auf Adenovirus-Antikörper getestet. In beiden Studien war jedoch die Adenovirus-Viruslast der Kinder, die eine Transplantation benötigten, deutlich höher als bei Kindern, bei denen die Hepatitis milder ausfiel.
Beide Fallserien liefern keinen endgültigen Beweis
Die Ergebnisse stimmen mit einem Bericht der britischen Gesundheitsbehörde Health Security Agency überein, aus dem hervorging, dass 116 der 179 Fälle positiv auf Adenoviren getestet wurden. „Es gibt noch keine völlig überzeugenden Beweise für einen kausalen Zusammenhang, da zumindest in den Vereinigten Staaten keine Zunahme der gemeldeten Fälle von adenoviraler Hepatitis zu verzeichnen ist", schrieb Saul J. Karpen, von der Emory University School of Medicine in Atlanta und dem Children's Healthcare of Atlanta, in einem begleitenden Leitartikel.
Karpen wies darauf hin, dass mehrere der Patienten eine antivirale Cidofovir-Behandlung erhielten, die sich nicht eindeutig auf die Ergebnisse auswirkte. Darüber hinaus habe keine der histologischen Auswertungen Hinweise auf eine hepatozelluläre Adenovirusinfektion ergeben. "Ohne den Nachweis einer durch Adenoviren verursachten Gewebeschädigung der Leber reichen diese Studien noch nicht aus, um das humane Adenovirus 41 zu einer sicheren Ursache für eine akuten Hepatitis zu erklären, die zu Leberversagen führen kann", lautet sein Fazit.
Mittlerweile über 1000 Fälle gemeldet
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind seit Oktober vergangenen Jahres mindestens 1010 Fälle aus 35 Ländern gemeldet worden. Bei 46 Kindern musste eine Lebertransplantation durchgeführt werden, 22 Kinder starben an Leberversagen (Stand: 8.Juli). Seit dem letzten Update vom 24. Juni 2022 wurde die WHO über 90 neue Verdachtsfälle und vier weitere Todesfälle benachrichtigt. Außerdem haben zwei neue Länder, Luxemburg und Costa Rica, Fälle schwerer, akuter Hepatiden bei Kindern gemeldet.
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