Aktualisierte S3-Leitlinie Lungenkarzinom: Was ist neu?
- Andrea Hertlein
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Über 600 Seiten lang ist das zweite Update der S3-Leitlinie „Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms“, die jüngst im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie erschienen ist. Zahlreiche Kapitel wurden in der neuen Fassung überarbeitet oder erweitert. Damit ist sie wesentlich umfassender als noch die Version von 2018.
„Mit den neuen Erkenntnissen wird es möglich sein, die Behandlungen zu verbessern und die Überlebenschancen von Patienten zu steigern. Ein wichtiger Meilenstein für die Krebstherapie“, betonte Torsten Bauer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Die Fachgesellschaft hat die Leitlinie federführend vorangetrieben.
CT-Screening für asymptomatische Risikopersonen
Neu hinzugekommen ist die Empfehlung für eine Computertomographie (CT) des Thorax bei asymptomatischen Risikopersonen für ein Lungenkarzinom. Dabei ist ein erhöhtes Risiko definiert durch ein Alter zwischen 50 und höchstens 75 Jahren, eine Raucheranamnese von ≥ 15 Zigaretten pro Tag für mindestens 25 Jahre oder ≥ 10 Zigaretten pro Tag für mindestens 20 Jahre sowie eine fehlende bzw. weniger als 10-jährige Nikotinkarenz.
Vorgehen bei zufallsbefundlich diagnostizierten Lungenrundherden
Die Leitlinienautoren haben ebenfalls das Vorgehen bei Zufallsbefunden außerhalb des risikoadaptierten Screenings beschrieben. Neu ist hierbei, dass zur Abschätzung der Malignität eines neu aufgetretenen Lungenrundherdes auf ein validiertes Online-Wahrscheinlichkeits-Rechenmodell (z.B Mayo-Clinic, Herder, Brock) zurückgegriffen werden kann.
Bei Patienten ohne maligne (Vor-)Erkrankung und geringem Risiko für ein Lungenkarzinom mit einem Lungenrundherd <5 mm (oder <80 mm³) oder bei Patienten, deren Allgemeinzustand keine weitere Abklärung oder Therapie zulässt, sollte keine CT-Verlaufskontrolle durchgeführt werden, heißt es in der aktualisieren Fassung.
Neue oder aber modifizierte Empfehlungen liegen außerdem für die molekulare Testung aller nicht-kleinzelligen Lungenkarzinome (NSCLC) unabhängig vom Subtyp, für die Testung in frühen Stadien auf EGFR-Mutationen sowie für die molekulare Testung in der Rezidivsituation vor.
Immunchemotherapie in der Erstlinientherapie
Die Erweiterung des therapeutischen Spektrums hat ebenfalls zu zahlreichen Neuerungen in der Leitlinie geführt. Das betrifft auch die Immunchemotherapie als Erstlinientherapie bei Patienten mit fernmetastasiertem kleinzelligen Lungenkarzinom. Sofern keine Kontraindikationen bestehen, solle laut Leitlinie primär eine Chemo-Immuntherapie mit Platin/Etoposid und einem PD-L1-Antikörper (Atezolizumab oder Durvalumab) angeboten werden. Für Patienten mit Hirnmetastasen könne, so die Empfehlung, die Hinzunahme eines PD-L1 Antikörpers zur Chemotherapie angeboten werden.
„Mit der Überarbeitung der Leitlinie haben wir den aktuellsten Therapiestandard abgebildet, der in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht hat“, sagte Wolfgang Schütte, Gesamtkoordinator der Leitlinie. Aufgrund der Vielfalt der Therapiemöglichkeiten komme es zu einer immer stärkeren Individualisierung in der Therapie des Lungenkarzinoms.
Die Autoren der Leitlinie schlagen vor, dass jeder Patient mit neu diagnostiziertem Lungenkarzinom in einem Thorax-Onkologischen Tumorboard vorgestellt werden soll, wo sich die Entscheidungen an den aktuell gültigen Leitlinien orientieren. Unter gewissen Bedingungen könne aber auch eine abweichende Therapieentscheidung getroffen werden, so Schütte.
Bereits im kommenden Jahr soll es weitere Überarbeitungen geben und die Lungenkarzinom-Leitlinie als Living Guideline weitergeführt werden.
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